Teil III: Reinkarnation der Twin Towers
Seit über einer Dekade wiederholt sich die immer gleiche Debatte, wenn die All-Star-Teams gewählt werden sollen: Ist Tim Duncan ein Center oder ein Power Forward? In den ersten Jahren bildete er als Power Forward an der Seite von Center David Robinson die berüchtigten Twin Towers, nach dessen Rücktritt allerdings verschwammen die Grenzen zusehends. Zumal in dieser Saison eine Kategorisierung weiter erschwert wird - durch die Reinkarnation der Zwillingstürme.
Etwas überraschend kehrte Popovich von der Grundformation "Vier außen, einer innen" aus dem Vorjahr ab und bietet nun bevorzugt zwei klassische Brettspieler auf: Duncan - und Tiago Splitter, zwar seit drei Spielzeiten in San Antonio, aber erst jetzt unabkömmlich. Der Brasilianer versteht sich wie Duncan als ein Big-Man-Hybrid, der sich je nach Spielsituation und Aufstellung gleich wohl fühlt auf der Center- oder Power-Forward-Position. (siehe Diashow)
"Es ist sehr interessant, was Popovich macht. Tiago fiel die Umstellung vom europäischen Basketball auf die NBA schwer. Er macht den Eindruck, als ob er das unbedingte Vertrauen spüren muss. Das hat er jetzt und er entwickelt sich hervorragend", sagt Bauermann.
Splitter sei wie geschaffen als Partner für Duncan, weil der 28-Jährige für den bald 37-jährigen die strapaziösen Aufgaben übernehmen könne: "Splitter macht mehr die Drecksarbeit. Mit seiner Athletik und Mobilität kann er offensiv und defensiv die Pick'N'Roll-Situationen für Duncan übernehmen. Offensiv, weil er nach dem Block-Stellen sich schnell abrollen kann und so Duncan Platz verschafft. Defensiv, weil er den ersten Schritt mitbringt, um nicht bei jedem Switch entblößt zu werden." (siehe Diashow)
Außerdem habe Splitter sich deutlich verbessert: Im körperlichen Bereich ("Er hat eindeutig zugelegt und ist durchsetzungsfähiger") und im taktischen Verständnis: "Ich erinnere mich noch an ein Euroleague-Spiel zwischen Bamberg und Tau Ceramica. Ich konnte Tiago drei Mann an den Hals hetzen und er gab den Ball dennoch nur unwillig weiter. Er spielte damals sehr eindimensional. Heutzutage hat er die Wichtigkeit von Ball Movement verstanden. Das kann besonders bei großen Spielern manchmal etwas dauern", sagt Bauermann. (siehe Diashow)
Zuletzt verbesserte Splitter seinen Assistschnitt von 1,1 (Februar) auf 2,6 (April) - und das bei fast gleicher Spielzeit. Splitters Bedeutung ist trotz moderater Statistiken bei Punkten (10,5) und Rebounds (6,2) immens. Eine Zahl drückt dies aus: Wenn Splitter auf dem Court steht, erzielt San Antonio in dieser Saison 415 Punkte mehr als der Gegner. Duncan liegt hinter ihm (+398), nur Parker (+417) weist eine bessere Bilanz auf.
"Das könnte damit zusammenhängen, dass Splitter besonders effektiv ist, wenn Duncan auf die Bank geht und für ihn ein klassischer Stretch Four wie Matt Bonner reinkommt. Dann spielt Splitter als einziger am Brett und die Spurs formieren sich nach dem 'Vier außen, einer innen'-Muster. Mit seinen Qualitäten beim Pick'N'Roll und den Passfähigkeiten ist Splitter die perfekte Lösung als Center", sagt Bauermann.
Eine perfekte Lösung, die jedoch ihren Preis haben wird. Nach Saisonende könnte Splitter ein Restricted Free Agent werden - und die Spurs müssen das Gehalt von aktuell 4 Millionen Dollar ordentlich erhöhen, wollen sie die eine Hälfte der Twin Towers nicht verlieren.
Teil I: Tony Parker - der meist unterschätzte Superstar
Teil II: Das Geheimnis der Spurs-Defense