Teil IV: Der Bench Mob
Es war eine Ode an die Gemeinschaft und an Gregg Popovich. Wer verstehen will, wie es dem Spurs-Coach gelungen ist, in der 16. Saison in Folge in die Playoffs einzuziehen und in der Ära 4 NBA-Titel und im Schnitt über 70 Prozent aller Regular-Season-Spiele zu gewinnen, muss nur die Leistungen in der ersten März-Hälfte betrachten. Parker pausierte wegen einer Knöchelverletzung für 8 Spiele, doch selbst ohne ihren wichtigsten Mann gewann San Antonio 6 dieser Partien.
Was noch mehr beeindruckte: Obwohl die Gegner teils hochkarätig waren und eben Parker fehlte, fiel San Antonio in der Spanne bei den Quoten aus dem Feld (50 Prozent) und von der Dreierlinie (37 Prozent) nicht vom Saisonschnitt (48,6 FG und 38,3 3P) ab.
Bauermann: "Das ist absolut erstaunlich, aber es zeigt die Fähigkeit von Gregg Popovich, jedem Ergänzungsspieler die nötige Sicherheit zu geben. Amerikanische Trainer sagen oft: 'You have to be a star in your role.' Heißt: Man muss vor allem ein Star sein in der Rolle, die einem zugedacht ist. Das ist bei den Spurs der Fall."
Hilfreich: Die angedachten Rollen sind tatsächlich so ausdifferenziert, dass sich nicht nur die Starting Five sowie Sixth Man Manu Ginobili über die Wertigkeit bewusst sind, sondern jeder Ergänzungsspieler. Bei den Big Men gibt es die verschiedensten Typen: Matt Bonner trifft den offenen Dreier (43,1 Prozent), DeJuan Blair ist der klassische Brett-Arbeiter und Boris Diaw paart seinen zuverlässigen Distanzwurf (39,7 Prozent) mit Spielintelligenz (2,4 Assists) und neu entdeckter Lust am Verteidigen (3,3 Rebounds). (siehe Diashow)
"Bei den Spurs ist es kein Zufall, wie viele unterschiedliche Typen von der Bank kommen. Die Variabilität ist extrem wichtig, um neue Impulse zu setzen und auf jede Wendung reagieren zu können. Bei anderen NBA-Teams gibt es teilweise vier, fünf Spieler mit den gleichen Stärken und Schwächen", sagt Bauermann.
Augenscheinlich: Während die Key-Reserves auf den großen Positionen vermeintlich abgehalfterte NBA-Veteranen wie eben Bonner und Diaw sind, kommen auf den kleinen Positionen Backups ins Spiel, denen eine Karriere in der besten Liga der Welt nicht zugetraut wurde: Nando De Colo wurde 2009 erst als 53. gezogen und in Europa und kurz der D-League geparkt. (siehe Diashow) Cory Joseph, später Erstrunden-Pick von 2011, musste ebenfalls in die D-League. Patty Mills nahm wie De Colo am Draft 2009 teil, hörte seinen Namen ebenfalls spät (als 55.) und musste sich in Australien und China andienen. Und Gary Neal wartete 2007 beim Draft gar vergeblich auf Beachtung und wurde von Popovich in Europa entdeckt.
"Dass zeigt, wie gut sich Popovich im internationalen Basketball auskennt. Ich hatte in der Vergangenheit vor allem mit De Colo und Mills zu tun. Sie bekommen derzeit die Aufgaben, die ihnen angemessen ist. De Colo hat mit Frankreich gegen unsere Nationalmannschaft nie Bäume ausgerissen, jedoch ist er ein hoch veranlagter Combo Guard. Nach einer weiteren Eingewöhnungszeit wird man viel von ihm hören, er kann den gleichen Weg wie Splitter gehen", sagt Bauermann.
"Mills ist ebenfalls klasse. Was mir gefällt: In jeder Auszeit steht er als erster auf und klatscht jeden ab. Solche Bankspieler können eine Mannschaft positiv beeinflußen. Natürlich ist die NBA ein anderes Kaliber, aber auch ihm traue ich den Durchbruch zu. Im europäischen Basketball würde er den Laden aufmischen, so talentiert ist er."
Teil I: Tony Parker - der meist unterschätzte Superstar
Teil II: Das Geheimnis der Spurs-Defense