NBA

"Clippers? Ein legitimer Titelanwärter"

Von Philipp Dornhegge, Haruka Gruber und Florian Regelmann
Die Rockets und Clippers als Contender? Wall ein MVP? Das und mehr in der Triangle Offense
© getty

Steht der Coach of the Year schon fest, sind die New York Knicks nicht mehr zu retten? Wie gut ist eigentlich John Wall, und was muss man den L.A. Clippers und Houston Rockets zutrauen? Außerdem: Braucht die NBA den 4-Pointer? Die SPOX-Redakteure Philipp Dornhegge, Florian Regelmann und Haruka Gruber diskutieren diese Fragen in der aktuellen Triangle Offense mit "BASKET"-Redakteur Timo Böckenhüser.

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These: Nur ein neuer Besitzer kann die Knicks retten.

Timo Böckenhüser: Wenn man sich dieser Tage Spiele der Knickerbockers anschaut, stellt sich einem recht schnell die Frage, ob überhaupt irgendwer oder irgendwas diese Truppe retten kann! Nein, Scherz beiseite. Natürlich ist die Lage des Meisters von 1970 und 1973 äußerst traurig und frustrierend, zumal die Salary-Cap-Situation und der Mangel an Draft Picks auch keinen Anlass zur Hoffnung gibt. Doch zu retten ist die Traditionsfranchise auf jeden Fall. Es wird nur ein paar Jahre dauern - und ein neuer Owner wäre extrem hilfreich. Denn was James Dolan seit einer gefühlten Ewigkeit Jahr für Jahr den treuen Fans im Big Apple antut, geht gar nicht. Das beste Beispiel ist der Sommer 2013: Mit Andrea Bargnani einen Flop-Forward mit Reboundallergie verpflichtet, Troublemaker J.R. Smith einen dicken Vertrag gegeben, kurz vor Saisonbeginn GM Glen Grunwald durch Steve Mills ersetzt - viel schlimmer geht's nicht in Anbetracht der Ambitionen der Knicks. Zur Erinnerung: Der Kollege Mills verpflichtete einst Isiah Thomas als Coach, in dessen siebjähriger Amtszeit die Knicks sechs Mal die Playoffs verpassten! Kurzum: Ja, die Knicks brauchen einen neuen Owner oder zumindest ein massives Umdenken von James Dolan, um endlich wieder auf die Erfolgsspur zu finden.

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Florian Regelmann: Nennt mir bitte im ganzen US-Sport einen inkompetenteren Besitzer als James Dolan. Okay, es gibt noch Dan Snyder bei den Redskins, das ist ein ähnlicher Fall. Was Dolan in seiner Ära seit 1999 veranstaltet hat, spottet einfach jeder Beschreibung. Die Knicks haben in den letzten 13 Jahren jetzt fast 600 Spiele verloren, zwischen 2001 und 2010 haben sie über eine Milliarde für Spieler ausgegeben und hatten in der Zeit die mieseste Bilanz in der NBA, das muss man sich mal vorstellen. Was Dolan für Verträge zu verantworten hat, das ging mit dem seltsamen 100-Millionen-Deal für Allan Houston los, 60 Millionen für Eddy Curry oder Coach Larry Brown, der am Ende ein Jahr da war und dafür fast 30 Millionen einkassiert hat. Oder die vergeigten Draft Picks a la Michael Sweetney und Frederic Weis. Und wenn mal gute Spieler gezogen wurden, wurden sie alle wieder weggejagt, man denke an David Lee oder Channing Frye. Oder auch Jeremy Lin. Klar hat Lin einen zu hoch dotierten Vertrag von den Rockets bekommen, aber im Vergleich zu dem Schwachsinn, der sonst in NY gemacht wurde, wäre das aus Linsanity-Gründen noch vertretbar gewesen. Aber eben typisch Dolan. Eigentlich hat Dolan jetzt genau den Kader zusammen, der zu ihm als Besitzer passt. Zweithöchste Payroll, aber keinerlei Herz, Charakter und Identität. Nichts in dieser Mannschaft passt zusammen. Dolan war es angeblich ja auch, der den Kyle-Lowry-Trade geblockt hat. Warum auch immer. Smith oder jetzt Raymond Felton aka der schlechteste Starting-Point-Guard der NBA dürfen sich zu allem Überfluss auch alles erlauben, ohne dass jemand eingreift. Und Dolan hat vor der Saison tatsächlich von einer Championship geredet. Unfassbar. Es ist traurig, was bei den Knicks los ist. Die einzige Chance ist ein neuer Besitzer. Ein Owner, der weiß, wie man gewinnt. Dolan hat davon keinen Schimmer.

Haruka Gruber: Flo, Du hast bei den Verträgen einige vergessen: Amar'e Stoudemire natürlich, wobei die 100 Millionen für 5 Jahre fast noch verständlich sind im Vergleich zu den Rollenspielern: Jerome James mit 30 Millionen Dollar für 5 Jahre ist die Krönung, aber ähnlich grandios war es, Jared Jeffries 17 Millionen für drei Jahre und Malik Rose zum Karriereende hin 28 Millionen für 4 Jahre anzubieten. Jedes Team trifft Fehlentscheidungen, aber in New York ist der Wahnsinn Programm. Damals unter Isiah Thomas hatte man noch gedacht, dass es vielleicht doch an ihm liegt und Dolan sich einfach den falschen Ratgeber ausgesucht hat. Aber nach all den Trainer- und GM-Wechseln kann nur Dolan das Übel sein. Die "Newsweek" titelt passend: "Dolan ist der Einstein der Inkompetenz." Und am 18. März wollen Knicks-Fans gegen ihn öffentlich vor dem Madison Square Garden protestieren. Wie oft kommt so etwas im US-Sport vor? In der Politikwissenschaft gibt es den Begriff "politische Kultur": Eine Nation ist so zersetzt von der eigenen Tradition und Geschichte, dass es egal ist, welche Entscheidungen getroffen werden oder wer eine Wahl gewinnt - am Ende bleibt die Kultur. Und bei den Knicks ist es die Kultur des Verlierens. Die Kultur der Klüngelei und Intrigen. Eben die Kultur des James Dolan. Was viele vergessen: In der Vorsaison (!) zog NY als zweitbestes Ost-Team in die Playoffs ein mit einer Bilanz von 54-28. Ich dachte wirklich, dass Mike Woodson ein guter Coach ist. Aber innerhalb von wenigen Monaten scheint er all seine Qualitäten komplett verloren zu haben und sich runterziehen zu lassen. Ich fand es seltsam, wie Jeff van Gundy letztens die Krise der Knicks versucht hat zu erklären: Stoudemires Verletzungen waren tragisch, Tyson Chandlers Verletzung bedeutete einen Rückschlag, mit Felton, Iman Shumpert und Smith wären die drei wichtigsten Guards in der Formkrise und generell sollten die Spieler mehr Einsatz zeigen. Das sollen die Gründe sein? Vielleicht bringt sich van Gundy mit der schmeichelhaft-oberflächlichen Analyse bei Dolan nur in Stellung, sollte Woodson in Bälde gefeuert werden. Aber mit New York kann es nur aufwärts gehen, wenn endlich ein Verantwortlicher aus dem sportlichen Bereich Dolan die Stirn bietet.

Philipp Dornhegge: Was Timo mit Steve Mills angesprochen hat und was auch bei einem Nicht-Engagement von Jeff van Gundy zum Tragen kommen wird ist, dass Dolan nicht nur inkompetent ist, sondern sich darüber hinaus noch in alles einmischt und nur Leute um sich versammelt, die keine Widerworte geben! Damit ist die Misere der Knicks eigentlich auch schon ausreichend geklärt. Nur: Es wird nie, nie, nie dazu kommen, dass Dolan sein Team verkauft. Die New York Knickerbockers sind schließlich eine Goldgrube, egal wie mies sie sind. In dieser Stadt und mit dieser Historie und dem ganzen Drumherum kann man so viel Geld scheffeln, da wäre es absolut töricht zu verkaufen. Als Basketball-Fan würde man sich einen neuen Knicks-Besitzer wünschen, aber seien wir ehrlich: Es wäre die dümmste Entscheidung, die Dolan je getroffen hat oder treffen könnte. Und das heißt schon eine ganze Menge bei all den vorgefallenen Dingen, die Ihr hier so schön aufgezählt habt. Die Knicks sind mit diesem Mann auf absehbare Zeit gestraft. Man kann also nichts anderes tun, als aus der Situation das Bestmögliche herauszuholen. Und wir können nicht viel mehr tun, als uns zu überlegen, was sportlich sinnvoll wäre. Und da kommt natürlich nichts außer einem kompletten Neuanfang ab Sommer 2015 in Frage, wenn die riesigen Verträge von Stoudemire, Chandler und Bargnani auslaufen. Mit Felton und Smith ist man vermutlich noch ein weiteres Jahr gestraft, aber zumindest gibt's dann wieder finanziellen Spielraum. Carmelo Anthony könnte man dabei ruhig gehen lassen, er ist - trotz unbestrittener Klasse - keine 23 Mio. Dollar wert. Im Prinzip müsste außer Tim Hardaway Jr. und mit Abstrichen ein Schnäppchen wie Jeremy Tyler entbehrlich sein. Theoretisch. Aber selbstverständlich werden es die Knicks wieder in den Sand setzen.

These 1: Nur ein neuer Besitzer kann die Knicks retten

These 2: Die NBA braucht den 4-Pointer

These 3: Die Rockets und Clippers sind Finals-Kandidaten

These 4: Tom Thibodeau ist der Coach of the Year

These 5: John Wall ist ein MVP-Kandidat

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