SPOX: Zurück zu Ihrer Karriere: Wenn man eine Station sucht, bei der es nicht so rund lief, war es Ihre Zeit in Madrid.
Messina: Zu meiner Zeit in Madrid möchte ich wirklich gerne etwas sagen. Als wir in meinem zweiten Jahr im Finale der Copa del Rey gegen Barca gespielt haben, hießen meine fünf wichtigsten Spieler, die die meisten Minuten gespielt haben: Sergio Rodriguez, Sergio Llull, Carlos Suarez, Nikola Mirotic und Ante Tomic. Ich bin sehr glücklich, wenn ich jetzt sehe, welchen Weg diese Jungs gemacht haben und auf welch hohem Niveau sie spielen.
SPOX: Nach der Zeit in Madrid haben Sie ein Jahr als Assistent von Mike Brown bei den Los Angeles Lakers verbracht. Was haben Sie aus dieser Zeit mitgenommen?
Messina: Ich bin Mike Brown und den Lakers sehr dankbar, dass ich diese Erfahrung machen durfte. Bei den Lakers zu arbeiten, zusammen mit Kobe Bryant oder Pau Gasol, ist eine einmalige Chance im Leben. Auch wenn es aufgrund des Lockouts kein ganzes Jahr war, habe ich es genossen, Insider-Einblicke bei den Lakers zu bekommen. Es war extrem interessant für mich und hat mir in mancher Hinsicht die Augen geöffnet. Ich konnte einige Vorurteile, die ich selbst als europäischer Coach hatte, abbauen und habe gelernt zu verstehen, wie die Uhren in der NBA ticken.
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SPOX: Als jetzt Ihre Verpflichtung als Popovich-Assistant feststand, gab es sofort Spekulationen, ob Sie nicht dann in einigen Jahren der perfekte Nachfolger als Head Coach wären.
Messina: Darüber denke ich überhaupt nicht nach. Ich bin der Meinung, dass es ziemlich arrogant und dumm von mir wäre, wenn ich das tun würde. Ich bin gerade erst in San Antonio angekommen. Ich bin noch dabei, mich in dieser großartigen Franchise einzuarbeiten und werde es hoffentlich schaffen, mir den Respekt der Leute bei den Spurs zu erarbeiten. Das ist im Moment mein einziges Ziel.
SPOX: Sollten Sie aber eines Tages Head Coach der Spurs werden, könnten Sie der erste europäische Cheftrainer in der NBA sein. Warum traut sich kein NBA-Klub, einen Europäer als Trainer zu holen?
Messina: Zum einen gibt es sicher Bedenken bei den Klubs, die logisch nachzuvollziehen sind. Das fängt bei der Sprachbarriere. Es ist ja zudem völlig klar, dass in Europa ein anderer Basketball gespielt wird als in der NBA. Das 48-Minuten-Spiel in der NBA ist komplett anders als das 40-Minuten-Spiel in Europa. Ein Coach braucht Zeit, um sich daran anzupassen. Auch um die Spieler kennenzulernen, die Regeln, die Referees. Dann gibt es aber auch völlig unlogische Bedenken, die in der NBA noch vorherrschen. Klischees wie europäische Coaches wären zu tough, wären an mehr Trainingseinheiten gewöhnt, könnten nicht mit den Stars umgehen. Dabei sind gerade die europäischen Trainer extrem flexibel und aufgeschlossen. Ich weiß es nicht, vielleicht ist es ähnlich wie bei den europäischen Spielern. Da gab es vor 20 Jahren auch Barrieren, die dann mit der Zeit gefallen sind.
SPOX: Mit David Blatt als US-israelischer Trainer ist jetzt zumindest ein Coach mit Europa-Background der neue Chef der Cleveland Cavaliers um LeBron James. Ist er ein Sonderfall?
Messina: Bei David Blatt ist die Situation ähnlich wie bei Mike D'Antoni. Natürlich ist es gut zu sehen für alle internationalen Trainer, dass David sich jetzt durch seine Arbeit in Europa diese Chance ermöglichen konnte. Vielleicht öffnet es wieder ein paar Türen. Aber lasst uns eines nicht vergessen: David ist in den USA aufs College gegangen, so wie Mike auch, für die Amerikaner ist er ein Amerikaner.
SPOX: Sie haben vorhin Ihre besondere Beziehung zu Manu Ginobili angesprochen. Was bedeutet Manu für Sie?
Messina: Ich kenne Manu seit Beginn seiner Karriere, für mich ist es etwas sehr sehr Besonderes zu sehen, was er für eine Karriere hingelegt hat. Aber noch viel wichtiger: Manu ist nicht nur ein fantastischer Basketballer, er ist in erster Linie ein wundervoller Mensch. Ein wundervoller Mensch, den der ganze Erfolg und Ruhm überhaupt nicht verändert hat. Ich bin glücklich, dass ich ihn getroffen habe und ihn als meinen Freund bezeichnen darf.
SPOX: Wen Sie wahrscheinlich auch als Freund bezeichnen würden, ist Dirk Bauermann.
Messina: Oh ja, Dirk war jetzt auch in der Preseason eine Woche bei uns in San Antonio. Ich kenne Dirk seit 20 Jahren und schätze ihn sehr. Er ist ein toller Mensch mit unglaublichem Basketball-Sachverstand.
SPOX: Wie beurteilen Sie denn aktuell den deutschen Basketball?
Messina: Ich habe den deutschen Basketball in den letzten Jahren intensiv verfolgt, weil wir mit ZSKA gegen Bayern und Bamberg, früher auch gegen Alba, gespielt haben. Ich finde es großartig, wie exzellent sich die BBL entwickelt hat, für mich gehört die BBL insgesamt definitiv zu den besten Ligen Europas. Es gibt viel Enthusiasmus für Basketball in Deutschland. Ich weiß natürlich auch, dass die Nationalmannschaft gerade im Umbruch ist und eine etwas schwierige Phase durchmacht, aber das ist ganz normal. In Italien haben wir momentan die gleichen Probleme. Es gibt einfach nicht genügend Spieler, um so eine Phase des Umbruchs locker zu bewältigen. Selbst Spanien wird das aber auch nicht anders ergehen.
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