Nicht nur Dirk Nowitzki wechselte einst direkt von der BBL in die NBA. Auch andere Profis sammelten wertvolle Erfahrungen in Deutschlands höchster Spielklasse, bevor sie sich den Traum von der NBA erfüllten. Nicht alle konnten dauerhaft Fuß fassen, doch einige verdienen jetzt Millionen - und spielen sehr erfolgreich. SPOX wirft einen Blick auf einige Paradebeispiele dieser Zunft.
Marcin Gortat - In Köln gereift
Als unbedarfter 19-Jähriger kommt Marcin Gortat in die BBL und spielte für die Köln 99ers. In den ersten Jahren ist sein Spiel mit "roh" noch wohlwollend beschrieben. Doch unter Coach Sasa Obradovic reift er zunehmend. Weit genug jedenfalls, um von den Phoenix Suns an 57. Stelle im 2005er NBA-Draft gezogen zu werden. Die Suns geben die Rechte an dem 2,11-Meter-Mann direkt weiter an die Orlando Magic, die ihn weiter in Köln parken. Es ist eine lohnende Sache für beide Seiten. Mit den 99ers wird der Pole 2004, 2005 und 2007 Pokalsieger. 2006 folgt mit der Meisterschaft der Höhepunkt für Gortat und den Kölner Basketball.
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Gortat entwickelt sich in der Euroleague im hochkarätig besetzten Köln-Kader mit Demond Mallet, Ronnie Burell und Immanuel McElroy zu einer verlässlichen Scoring-Option. Er startet alle 14 Partien, macht 10,4 Punkte im Schnitt und sammelt dazu 5,6 Rebounds ein. Das unvergesslichste Ereignis aus seiner Zeit in Köln dürfte aber sein missglückter Dunk von der Freiwurflinie über eine Reihe Maskottchen sein.
Der beste Backup-Center der NBA
Die Magic holen den "Polish Hammer" über den Atlantik. Die anschließenden Jahre hinter Dwight Howard bringen ihm den inoffiziellen Titel des "Besten Backup-Centers der Liga" ein. In dem Trade, der Vince Carter nach Phoenix bringt, ist auch Gortat involviert. In Phoenix reift er zum Starter und legt 2012 dank unzähliger Pick&Rolls mit Steve Nash über 15 Punkte im Schnitt auf.
Kurz vor Beginn der Saison 2013/14 wird er für Emeka Okafor nach Washington getradet und ist ein wichtiger Teil des Playoff-Runs der Wizards. Es folgt der Zahltag im Sommer. Er kommt als Teenager ohne nennenswerte Offensivskills nach Köln. Jetzt verdient er in den kommenden fünf Jahren 60 Millionen Dollar in der NBA und ist eine der schillerndsten Figuren der Liga.
Beispiele? Während eines Spiels zerreißt Gortat vor laufender Kamera aus Verärgerung ein Handtuch, in der Offseason wird er auf einem polnischen Panzer gesichtet und zudem äußert er sich öffentlich zu einer Regeländerung: Kurze Faustkämpfe sollten im Spiel erlaubt sein, um Differenzen zu begleichen. Mit Aktionen wie diesen und einer beeindruckenden Social-Media-Aktivität ist der "Polish Hammer" - sein favorisierter Rufname - in Washington längst Publikumsliebling.
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P.J. Tucker - Vom Wandervogel zum NBA-Spieler
Der Weg von P.J. Tucker in die NBA führt über verschlungenere Wege als bei Marcin Gortat. Zudem ist dieser Weg eher ein Kreis als eine gerade Linie. Nach dem College wird er an 35. Stelle von den Toronto Raptors gezogen und mit einem Vertrag ausgestattet. Die NBA kommt im Jahr 2006 aber noch deutlich zu früh für Tucker. 17 Spiele macht er für die Raptors, spielt keine fünf Minuten im Schnitt und ist im Frühjahr schon wieder raus aus der Liga. Für Tucker beginnt eine fünf Jahre lange Reise durch Europa, die mit individuellen Erfolgen gepflastert ist.
Zunächst wird er MVP in Israel und schockiert die europäische Basketballwelt, in dem er mit seinem Team Hapoel Holon die Siegesserie von Maccabi Tel Aviv nach 14 Jahren durchbricht und Meister wird. Nächster Stopp: die Ukraine, auch dort wird er All-Star und nur eine Knieverletzung verhindert wohl einen weiteren MVP-Award. Sein Verein BC Donetsk geht im Jahr 2010 bankrott, und so kommt er über einen weiteren Aufenthalt in Israel über Griechenland, Italien und Puerto Rico nach Deutschland.
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Bei den Brose Baskets Bamberg führt er das möglicherweise "beste Team in der Geschichte der BBL" (laut Per Günther) zum Meistertitel und wird Finals-MVP. Er liefert somit für seinen folgenden Summer-League-Aufenthalt eine beeindruckende Bewerbungsmappe ab: 16 Punkte und 7 Rebounds, und das in einem Team mit Brian Roberts (NBA), Marcus Slaughter (Real Madrid) und Tibor Pleiß (FC Barcelona), den Bamberg-Legenden Goldsberry, Gavel, Jacobsen und Suput. Diesem Team gelangen in den Playoffs neun Siege in Folge.
Die zweite Chance bei den Suns
Die Phoenix Suns greifen zu und statten den Flügelspieler mit einem Zweijahresvertrag aus. Die Zeit in Bamberg hilft dem Flügelspieler ungemein auf seinem Weg zurück in die NBA, wie er im SPOX-Interview bestätigt: "Für mich war die Zeit absolut entscheidend. Ob die Coaching-Staff um Head Coach Chris Fleming und seinen Assistenten Arne Woltmann oder auch die gesamte Organisation drum herum - sie alle haben entscheidend dazu beigetragen, dass ich jetzt wieder die Möglichkeit habe, in der NBA zu spielen."
Im Gegensatz zu seinen Auftritten als Führungsspieler in Europa macht Tucker bei den Suns in erster Linie die kleinen Dinge: Rebounden, verteidigen, kämpfen. Damit kämpft er sich in die Starting Five, wird in seiner zweiten Saison mit den Suns der erste Spieler nach Charles Barkley, der mit weniger als zwei Metern Körpergröße mindestens 15 Rebounds in einem Spiel einsammelt.
In diesem Sommer gerät er allerdings mehrfach in die Schlagzeilen. Erst verlängert er seinen Vertrag und wird in den kommenden drei Jahren 16 Millionen Dollar einstreichen, dann fährt er mit über zwei Promille Auto, muss drei Tage ins Gefängnis und wird für die ersten drei Saisonspiele gesperrt. Kurz darauf verpasst er einen Flug des Teams und wird suspendiert. Trotzdem: P.J. Tucker ist in der Liga im zweiten Versuch endgültig angekommen.
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Brian Roberts - In Bamberg Siegen gelernt
Brian Roberts ist am College ein Star. Drei Jahre in Serie führt er die Dayton Flyers in Sachen Scoring an, wird zweimal in A-10-First Teams berufen. Dennoch gehört er nach vier College-Jahren am Draft Day nicht zu den Auserwählten, dessen Name von Comissioner David Stern genannt wird. Es verschlägt ihn nach Israel zu Halil Gilboa. Dort legt er amtliche 15 Punkte im Schnitt auf und landet direkt in den Scouting Reports der Brose Baskets Bamberg. Der damalige Trainer Chris Fleming schaut gerne nach US-Talenten in Israel. Hauptproblem zu seiner Anfangszeit in Bamberg: Zu schmächtig für die Zwei, nicht genug Übersicht für die Eins. Roberts kommt daher als Combo Guard von der Bank und macht seine Sache hervorragend.
Er ist vom ersten Tag an der Mann für die wichtigen Würfe, sein Eiswasser in den Adern wird in der BBL fast schon sprichwörtlich. Mit Bamberg gewinnt Roberts dreimal das Double. Nach zwei Jahren hat er die Koffer eigentlich schon gepackt, um zu Asvel Villeurbanne nach Frankreich zu wechseln. Doch der eigentliche Aufbauspieler John Goldsberry fällt die gesamte Saison wegen einer Knieverletzung aus, Roberts bleibt und wird zum Starter auf der Eins "befördert".
Ein Full-Time-Job als Pont Guard
Die Umstellung gelingt nicht reibungslos, am Ende steht dennoch die dritte Meisterschaft in Serie. Nach drei Jahren in Oberfranken versucht sich Roberts im Summer-League-Kader der Hornets. Er überzeugt und erhält einen Zweijahresvertrag im Big Easy. Hinter Greivis Vasquez gibt er den Backup auf der Eins und erzielt sieben Punkte im Schnitt.
In seiner zweiten Saison wird er unfreiwillig zum Starter der - inzwischen umbenannten - Pelicans. Jrue Holiday verletzt sich zur Saisonmitte, Roberts springt ein und füllt die Lücke des All-Stars anständig aus. 12 Punkte und 4 Assists stehen in 42 Spielen als Starter zu Buche. Gut genug, um im Sommer wiederum zu den Hornets zu wechseln. So heißt allerdings inzwischen die Franchise in Charlotte, wo Roberts als Backup für Kemba Walker fungiert und in 16 Minuten pro Partie fünf Punkte auflegt.
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Aron Baynes - Erst Oldenburg, dann Euroleague, jetzt NBA-Champ
Aron Baynes versucht zunächst, den Weg über die US-Colleges zu gehen, um sich den Jugend-Traum von der NBA zu verwirklichen. Dafür geht er an die Washington State University, wird nach vier Jahren allerdings von keinem NBA-Team gedraftet. Es verschlägt ihn nach Litauen zu Lietuvos Rytas, wo er erste Euroleague-Erfahrung sammelt und startet in acht Spielen für die Balten.
Im Jahr darauf folgt der Wechsel nach Deutschland zu den EWE Baskets Oldenburg. Die Donnervögel spielen nur Eurocup, dennoch ist der Center für Oldenburg ein guter Fang. Seine Defense wird eine große Hilfe für die Niedersachsen, dazu liefert er sieben Punkte im Schnitt. Allerdings hat er das ganze Jahr mit Foulproblemen zu kämpfen, fast vier sind es im Schnitt. Die Baskets scheitern im Viertelfinale an Ligakonkurrent Alba Berlin.
Die Euroleague als Bewerbung für die NBA
Für den Australier bleibt es das einzige Jahr in der BBL, sein Weg führt ihn zurück in die Euroleague. Diesmal zu Union Olimpia in Slowenien. Zuvor verdient er seine Brötchen ein Jahr in Griechenland. In der Königsklasse zeigt Baynes 2012 seine ganze Klasse. 14 Punkte und zehn Rebounds legt er im Schnittauf, nur noch drei Fouls pro Spiel bedeuten eine deutlich längere Spielzeit. Im Januar klopfen die Spurs an und der Center lässt sich nicht zweimal bitten.
In Coach Popovichs Vorstellungen spielt er in den folgenden anderthalb Jahren eine untergeordnete Rolle. Allerdings bekommt er gerade in den Playoffs "Spezialaufgaben" zugeteilt. Dwight Howard zu verteidigen zum Beispiel. Und so findet sich der sporadisch eingesetzte Bankdrücker in der ersten Runde der Playoffs plötzlich in der Startformation wieder. 2014 erreicht er als erster Ex-BBL-Profi, der nicht den Vornamen Dirk trägt, den Olymp: Meister mit den Spurs. In den Finals spielt er insgesamt sieben Minuten. Doch in diesem Jahr ist seine Rolle bereits jetzt größer. Pop weiß, was er am Australier hat.
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Chris Copeland - Vom Topscorer zum Topscorer?
Chris Copeland kommt erst mit 29 Jahren in die NBA und ist damit der Älteste in dieser Liste. Sein Weg in die beste Liga der Welt ist mit entsprechend vielen Hindernissen gepflastert. Auch er wird nicht gedraftet, verdingt sich zunächst in Fort Worth in der D-League und anschließend in Europa. Nach einem Aufenthalt in der spanischen ACB geht es in die Niederlanden zu einem Team mit dem besten Namen der Welt: Magixx Matrixx in Nijmengen.
Es folgt der Wechsel in die BBL zur TBB Trier. In seinem zweiten Jahr dort wird er mit durchschnittlich 17 Punkten pro Spiel Topscorer der BBL. Damit verhilft er dem Team beinahe im Alleingang zu zehn Siegen und damit zum Klassenerhalt. Sein Talent bleibt nicht verborgen. Es folgt der Wechsel zu Okapi Aalstar. Ein Karriereschritt nach oben, denn dort spielt er Eurochallenge und erzielt gut zwanzig Punkte im Schnitt.
In der Summer League 2012 überzeugt er in Diensten der New York Knicks, die ihn anschließend einen Platz im Roster geben. Als starker Scorer belebt er die Bank der Knicks, erhält bei der Wahl zum Rookie des Jahres sogar einige Stimmen und wird Sechster. Inzwischen spielt er bei den Pacers, wo er in dieser Saison helfen soll, die Lücke durch den Ausfall von Paul George zu schließen. Tatsächlich ist Copeland mit knapp 13 Punkten pro Partie drittbester Scorer des Teams, allerdings trifft er weniger als 40 Prozent seiner Würfe und ist defensiv noch immer keine große Hilfe.
Anthony Tolliver (Phoenix Suns)
Der Power Forward kommt nach dem College zu den Eisbären Bremerhaven. Im Draft 2007 hört seinen Namen nicht, nach einem kurzen Aufenthalt in der D-League geht es nach Deutschland. Hoch im Norden überzeugt er mit gut 14 Punkten und 7 Rebounds im Schnitt. Die San Antonio Spurs verpflichten Tolliver, der daraufhin zwischen D-League und Spurs-Roster pendelt. Nach einem Abstecher zu Galatasaray setzt er sich schließlich in den USA durch. Seinen besten Auftritt hat er 2010 mit Golden State. Dort liefert er 12 Punkte und 7 Rebounds im Schnitt. Aktuell spielt der 29-Jährige mit P.J. Tucker bei den Phoenix Suns.
Jon Leuer (Memphis Grizzlies)
Jon Leuer verirrt sich während des Lockouts 2011 für einige Monate in die Main-Metropole und spielt für die Frankfurt Skyliners. Der Weg in die NBA ist da aber bereits klar. An 40. Stelle sichern sich die Milwaukee Bucks die Rechte an ihm. Im Januar wechselt folgerichtig über den großen Teich. Richtig durchsetzen kann er sich nicht, wandert zu den Cavs und von dort zu den Memphis Grizzlies. Dort kommt er vergangene Saison in 49 Spielen immerhin 13 Minuten im Schnitt zum Einsatz. Diese Saison ist die Einsatzzeit ein wenig gesunken, dafür sind die Grizzlies eines der besten Teams der Liga.
Dennis Schröder (Atlanta Hawks)
...aber davon wurde an anderer Stelle schon genug berichtet.
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