NBA

"Das wäre für LeBron der Horror"

Von Marc-Oliver Robbers, Max Marbeiter und Ole Frerks
LeBron James steht zum fünften Mal in Folge in den Finals
© getty
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Kerr hat keinen Coaching-Vorteil

Frerks: Den einzigen Vorteil, den Kerr hat, ist die größere Rotation. Er hat einen vielseitigen Kader, der ihm etliche Lineup-Möglichkeiten bietet und in dieser Saison noch auf jeden Gegner eine Antwort gefunden hat. Und Blatt? Dessen Rotation besteht aus einer starken Starting Five, Delly, Shumpert und mit Abstrichen James Jones. Oder wollt Ihr Perk spielen sehen? Delly kommt auch nur dann von der Bank, wenn Kyrie wirklich wieder mitspielen kann. Von daher gibt es da Lineup-technisch einfach kaum Spielraum für die Cavs. Ansonsten sehe ich Kerr aber nicht im Vorteil. Blatt ist wesentlich erfahrener als Trainer und hat erst letztes Jahr die Euroleague gewonnen. Generell kommt er mir zu schlecht weg - Zach Lowe bezeichnete ihn ja neulich treffenderweise als "Coaching-Pinata", weil jedes Problem direkt nur ihm zugeschrieben, er aber nie für irgendwas gelobt wird. Dass er es in seinem ersten NBA-Jahr in die Finals geschafft hat, wird mir viel zu wenig gewürdigt. Natürlich hat er es nicht allein geschafft, aber welcher Trainer hat das denn? Der Mann hat ganz klar gezeigt, dass er Coachen kann, allen Schwierigkeiten zum Trotz.

Robbers: Ich hake da gleich mal ein, Ole. Ich bin der Meinung, dass man Coachen in der Euroleague nicht wirklich mit dem Coachen in der NBA vergleichen kann. Durch die vielen Timeouts unterscheidet es sich schon gewaltig. Die Einflussmöglichkeiten sind nun einmal ganz andere. Blatt ist da immer noch in der Lernphase. Das hat er mit seinem Fauxpas in Spiel 4 gegen die Chicago Bulls noch einmal bewiesen. Es sind solche Dinge, die seine Reputation in Frage stellen. Kommen dann noch zweifelhafte Aussagen von seinem Starspieler dazu, ist doch klar, dass er nicht das beste Ansehen genießt. Dass er trotz alle dem, die Ruhe bewahrt und völlig frei von Eitelkeiten ist, ist die Kunst. Er hat es immerhin geschafft, dieses Starteam in Windeseile zu einem Contender zu formen. Daran sind schon ganz andere Trainer gescheitert. Kerr hat in dieser Saison wenig falsch gemacht und aus einem guten Team das beste gemacht. Einen Vorteil sehe ich aber auch nicht. Und sind wir mal ehrlich, bei beiden Teams sind es überragende Individualisten, die ihr Team in die Finals getragen haben und nicht herausragende Trainerkniffe.

Marbeiter: Was heißt Coaching-Vorteil? Geht es um Ingame-Adjustments, Anpassungen zwischen den Spielen oder das System grundsätzlich? All das ist für mich schwer zu beurteilen. Wie in den USA teilweise über David Blatt berichtet wird, finde ich allerdings sehr grenzwertig. Beinahe bekommt man das Gefühl, als säße bei den Cavs ein völlig unbeschriebener Frischling auf der Bank. Natürlich unterscheiden sich der Basketball in der NBA und Europa deutlich. Natürlich bedeutet Erfolg in der Euroleague nicht gleichzeitig Erfolg in den USA. Eines bleibt dennoch: Blatt ist ein mehr als fähiger Coach. Deshalb finde ich es auch fragwürdig, dass die Leistungen eines Dellavedova, Thompson oder Smith einzig LeBron angerechnet werden. Nicht falsch verstehen: James macht seine Mitspieler besser, allerdings hat in meinen Augen auch Blatt seinen Anteil am Erfolg der Cavs. Auch wenn das Timeoutmanagement nicht immer sitzt, hat er sich über die Saison weiterentwickelt, das Team mitgeformt. Andererseits spielen die Cavs sicherlich nicht den Basketball, den Blatt sich vorstellt. Wer das Euroleague-Final-Four vergangene Saison gesehen hat, weiß, was ich meine. Blatt ist eigentlich kein Isolation-Freund. Das wiederum geht tatsächlich von LeBron aus. Nur hat Blatt eben auch verstanden, dass es wenig sinnvoll ist, gegen James' Willen sein System durchzubringen. Andererseits hat Blatt Maccabi vergangenes Jahr sowohl im Halbfinale gegen ZSKA als auch im Finale gegen Real perfekt eingestellt. Und es würde mich nicht überraschen, wenn ihm das auch in den Finals gelänge.

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Kraus: Erstmal sind beides Rookie-Coaches. Wenn man sieht, wie LeBron Einfluss nimmt, macht es das für David Blatt vielleicht aber ein wenig einfacher. James' unglaubliche Erfahrung hilft sicherlich. Auch seinem Coach. Andererseits haben die Warriors einen unglaublichen Fluss, das Team hat viel Selbstbewusstsein, Coach Kerr ebenfalls. Dazu besitzen die Warriors gerade defensiv mehr Optionen. Wenn die Cavs Klay Thompson kontrollieren, wird es dennoch problematisch für Golden State. Dazu kommt die zusätzliche Motivation in den Finals. Es spielen so viele unterschiedliche Faktoren mit rein, die in die eine oder andere Richtung ausschlagen. Am Ende denke ich deshalb nicht, dass einer der beiden Coaches auch nur irgendeinen Vorteil hat.

These 1: LeBron sollte nicht Golden States Hauptsorge sein

These 2: Kerr hat keinen Coaching-Vorteil

These 3: Klay Thompson muss explodieren

These 4: Der Titel des besten Spielers der Liga steht auf dem Spiel

These 5: ...holt den Titel, weil...

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