NBA

Gitarrensolo hinterm eisernen Vorhang

Hawks-Star Dominique Wilkins wurde beim Auswärtstrip am Flughafen vergessen
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Platz 5

London, 2011: New Jersey Nets - Toronto Raptors 137:136 (3OT)

Nachdem die Nets und Raptors ein starkes viertes Viertel genutzt hatten, um das erste Regular Season Game auf europäischem Boden für sich zu entscheiden, war das zweite Spiel eine richtig enge Kiste.

Ein Spin-Layup von DeMar DeRozan bescherte Toronto den späten Ausgleich, neun Sekunden vor dem Ende der ersten Verlängerung war es Sasha Vujecic, der sein Team von Downtown im Spiel hielt und das Londoner Publikum in Ekstase versetze.

Sie sollten noch mehr geboten bekommen, denn auch die zweite Overtime brachte keinen Sieger hervor, da Deron Williams nach einem Offensivrebound per Midrange-Jumper zum erneuten Ausgleich traf.

In der dritten Verlängerung übernahm dann Travis Outlaw für die Nets. Ja, richtig. Der Travis Outlaw. Trout erzielte die letzten acht Punkte für sein Team und behielt auch von der Linie die Nerven. Endlich, nach 63 Minuten, war der Sieg eingetütet - und auf beiden Seiten wurden die Punkte gezählt.

Andrea Bargnani kam auf 35 Punkte und 12 Rebounds, DeRozan erzielte für die Verlierer 30 Zähler. Brook Lopez war Topscorer der Sieger (34 Punkte, 14 Rebounds) und verbuchte zudem 8 Blocks. Deron Williams überzeugte mit 21 Punkten und 18 Assists, während Vujecic 6 seiner 9 Dreier traf und auf 25 Punkte kam.

Platz 4

Rio De Janeiro, 2014: Cleveland Cavaliers - Miami Heat 122:119 (OT)

Es hatte viele Tränen gegeben - und viele Jubelschreie. Nach vier Jahren am South Beach hatte LeBron James im Sommer 2014 seine Rückkehr nach Cleveland angekündigt. Das erste Spiel gegen seine alten Teamkameraden und Best Buddy Dwyane Wade fand ausgerechnet in Brasilien statt.

Am Fuße des Corcovado trug auch Kevin Love als Teil der neuen Big Three das Cavs-Trikot - und er war es auch, der mit 25 und 7 Rebounds auffälligster Akteur bei Cleveland war. Nicht LeBron James. Der Rückkehrer traf nur 3 seiner 8 Feldwürfe und schwache 4 von 7 Freebies.

Dank Love erspielten sich die Cavs einen 20-Punkte-Vorsprung, doch Miami hatte hier noch eine offene Rechnung. Die Reservisten von Coach Erik Spoelstra brachten die Heat mit einem sensationellen Run zurück und zwei Freiwürfe von Rookie Shabazz Napier (schöne Ironie, oder?) sorgten für den späten Ausgleich.

In der Verlängerung hatte Miami den Sieg fast in der Tasche, doch mit 40 Sekunden auf der Uhr nagelte Rookie Joe Harris eiskalt einen Longball durch die Reuse, ließ noch kälter zwei Freiwürfe folgen und bescherte Cleveland so den Prestige-Erfolg über die Miami Heat.

Platz 3

Saitama, 2003: Seattle SuperSonics - Los Angeles Clippers 124:105

41. Das war die bisherige Scoring-Bestmarke bei den Global Games, aufgestellt von einem gewissen Clyde Drexler. 1994 fing The Glide Feuer, als seine Houston Rockets ebenfalls in Japan die Clippers (man könnte sie auch die 76ers der 90er nennen) besiegten.

Dieser Höchstwert sollte keine zehn Jahre Bestand haben, bevor die SuperSonics und ihr Star Ray Allen nach Japan reisten, um sich dort mit L.A. zu duellieren. Doch RayRay fiel die ersten zwei Saisonmonate mit einer Knieverletzung aus - also mussten die Punkte woanders herkommen. Sie kamen. Und zwar von Rashard Lewis. Seattles zweite Option blühte in Saitama auf und legte in Japan das beste Spiel seiner Karriere hin.

50 Punkte bei 18 von 25 Versuchen aus dem Feld, dazu 8 Rebounds und 4 Assists standen am Ende auf dem Konto von Lewis - das reichte, um Los Angeles beinahe im Alleingang aus der Halle zu fegen. Mehr Punkte als an diesem Abend gelangen Sweet Lew nie wieder. Der Rekord für die Global Games steht ebenfalls bis heute.

Platz 2

Berlin, 2014: Alba Berlin - San Antonio Spurs 94:93

Beim ersten Spiel gegen ein NBA-Team war Alba Berlin 2011 noch knapp gescheitert. Die Rückkehr von Dirk Nowitzki nach Deutschland hätte beinahe eine Pleite gegen Berlin beinhaltet, doch ein Dreier von Delonte West und zwei Freiwürfe in der Schlussphase von Dirk himself retteten die Mavs.

Das zweite Gastspiel der NBA in Berlin gegen den amtierenden Meister aus San Antonio konnten die Albatrosse lange offen halten und mit fünf Sekunden auf der Uhr netzte Reggie Redding einen Eckendreier ein, der den Rückstand auf einen Punkt schrumpfen ließ.

Nach einer Popovich-Auszeit klaute Redding den Einwurf von Tim Duncan und leitete den Fastbreak ein. Jamel McLeans Floater mit dem Buzzer entschied sich, nach dem Brettkontakt in den Korb zu fallen und verwandelte die O2 Arena in Berlin in ein Tollhaus. What a game!

Platz 1

UdSSR, 1988: Atlanta Hawks - Soviet National Team (3 Spiele)

Es war ein besonderes Zeichen des Friedens in Zeiten des abklingenden Kalten Krieges. Als erstes NBA-Team landeten die Atlanta Hawks auf sowjetischem Boden und traten Ende Juli 1988 gleich drei Mal gegen die Auswahl der UdSSR an, die auf ihren verletzten Star Arvydas Sabonis verzichten musste.

Im heruntergekommenen Trainingsstützpunkt Sukhumi am Schwarzen Meer erlebten die beiden Teams unvergessliche Momente, als ein Strommast ausfiel und sie eineinhalb Tage ohne Elektrizität auskommen mussten. Da das Wasser in der Region aufgrund eines Parasitenbefalls nicht getrunken werden konnte und das sowjetische Versorgungssystem nahezu zusammengebrochen war, aßen die Spieler vorrangig Gurken und Tomaten, um nicht zu dehydrieren. Abends zündete man Kerzen an und sang gemeinsam Lieder zur Gitarre von Sarunas Marciulionis.

Gleich das erste Spiel im georgischen Tiflis hing am seidenen Faden. Das geschwächte Hawks-Team, für das unter anderem Spud Webb und Doc Rivers erst kurz vor Tip-Off eintrafen, hatte sichtlich Probleme mit der Mannschaft von Coaching-Ikone Alexander Gomelsky. UdSSR-Kapitän Sergei Tarakanov verwandelte Sekunden vor dem Ende ein Vierpunktspiel zur Führung für die Gastgeber, doch mit dem Buzzer schickte John "Cricket" Battle einen Floater durch die Reuse und bescherte Atlanta den Sieg.

Zum zweiten Spiel in Wilna, Litauen stieß Hawks-Star Dominique Wilkins zum Team, der die erste Partie aufgrund einer Verpflichtung in den USA verpasst hatte. Nach einer 26-Stunden-Reise - inklusive eines zwölfstündigen Aufenthalts am Moskauer Flughafen ohne Lebensmittel, einheimische Währung oder Kenntnis der kyrillischen Sprache - war "The Human Highlight Reel" noch immer in der Lage, 29 Punkte zu erzielen und Atlanta nach Verlängerung zum Sieg zu führen.

Zu verdanken ist der Erfolg aber eigentlich Mike Fratello. Nachdem die reguläre Spielzeit Unentschieden endete, musste der Hawks-Coach die sowjetischen Referees überreden, eine Overtime spielen zu lassen. Sein Ausspruch ist auch heute noch legendär: "Nur damit ich das richtig verstehe: Wir fliegen um die halbe Welt, dann von Moskau nach Sukhumi, weiter nach Tiflis und über Moskau nach Wilna - und das alles, um Unentschieden zu spielen!?"

Mit dem Essen in Russland kamen die US-Stars überhaupt nicht klar, daher ließen sie vor dem dritten Spiel kurzerhand Spaghetti und Tomatensoße nach Moskau importieren. "Chef" Fratello und Küchenjunge David Stern kochten in der Hotelküche für die gesamte Gruppe Abendessen. Stilecht. Mit Kochmützen.

In der letzten Partie drehten Marciulionis und Aleksandr Volkov auf. Im Lenin-Sportpalast von Moskau erzielte der Gruppengitarrist 23 Punkte in 26 Minuten, Volkov sammelte 35 Zähler und trug wesentlich zum 132:123-Erfolg der sowjetischen Auswahl bei. Der Power Forward gefiel den Hawks-Verantwortlichen so gut, dass sie ihn ein Jahr später nach Atlanta holten, während Marciulionis anschließend acht Jahre bei den Warriors, Sonics, Kings und Nuggets spielte. Auch Sabonis konnte nach Verhandlungen während des Aufenthalts endlich in die USA wechseln. Es war - nicht nur für die Hawks-Spieler - der Aufbruch in eine neue Welt.

Arvydas Sabonis: Opfer, Mysterium, Revoluzzer

Übrigens: Zweieinhalb Monate nach der Tour brachten die Russen der Auswahl der USA dank eines wieder genesenen Sabonis eine empfindliche Niederlage im olympischen Halbfinale von Seoul bei und krönten sich anschließend mit einem Erfolg über Jugoslawien zum Turniersieger.

Übrigens, Teil 2: Aleksandr Volkov ging nach seiner Karriere in die Politik und wurde Sportminister in der Ukraine. Als Headcoach des Basketball-Teams stellte er - richtig - Pasta-Chefkoch Mike Fratello ein, unter dessen Führung sich die Ukraine 2014 erstmals für eine WM qualifizieren konnte.

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