SPOX: Im Rückblick scheint es manchmal, als hätten die Lakers damals wirklich nur aus Shaq und Kobe bestanden, weil sie - und ihre Konflikte - gewissermaßen alles überstrahlten. Fühlen Sie sich als einer der wichtigen Rollenspieler der Titeljahre manchmal unterbewertet?
Shaw: Medial vielleicht ein wenig, aber für mich zählt eigentlich mehr, was die Fans denken und was wir Spieler untereinander wissen. Shaq und Kobe waren natürlich die wichtigsten Figuren bei uns, Phil Jackson war ebenfalls entscheidend. Aber wir hatten viele wichtige Spieler, die in unterschiedlichen Momenten Verantwortung übernahmen. Ich habe beispielsweise damals in den Conference Finals gegen Portland zwei späte Dreier getroffen, die unser Comeback eingeleitet haben, Horry hatte natürlich etliche Momente. Und an Dereks Dreier mit 0,4 Sekunden auf der Uhr erinnert sich sicherlich auch noch jeder Lakers-Fan. Wir als Spieler wissen das alle, und den Fans der Lakers geht es genauso: Selbst wenn ich jetzt nach Los Angeles komme, sprechen mich Leute auf das Spiel gegen Portland an oder danken mir für das, was ich für die Lakers getan habe. Ich denke, das geht Rick, Robert oder Derek ebenfalls so - die Lakers-Fans verstehen den Sport. (lacht)
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SPOX: War die Zeit bei den Lakers eigentlich manchmal auch lästig? Aufgrund der Persönlichkeiten, der Erfolge und der Fehden gab es abgesehen von LeBron James' Heat und Jordans Bulls ja vermutlich kaum ein Team, das jemals mehr im Rampenlicht stand...
Shaw: Es war schon speziell. (lacht) Teilweise wirkte es, als wären wir ein Wanderzirkus. Egal in welche Stadt wir kamen, es standen vor jedem Hotel und an jedem Flughafen Hunderte von Leuten, die auf uns warteten. In fast jeder Halle sah man mehr Leute in Lakers-Trikots als in der Kleidung des Heim-Teams. Aber das ist ja irgendwie auch verständlich: Wie oft kommt es schon vor, dass zwei Spieler von diesem Schlag in einem Team sind? Shaq war damals der beste Inside-Spieler, Kobe war der beste Flügel der gesamten Liga. Und natürlich hatten sie auch die Persönlichkeiten für das Rampenlicht. Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Ich fand die Zeit anstrengend aber nicht lästig. Rückblickend finde ich es schade, dass sie nicht länger angedauert hat. Wie viele Titel hätten wir holen können, wenn sie sich besser verstanden hätten? Andererseits war das Feuer, das die beiden regelmäßig anfachten, vermutlich auch hilfreich für uns.
SPOX: Wie meinen Sie das?
Shaw: Es verschaffte uns und vor allem ihnen Extra-Motivation. Heute erzählen sie etwas anderes und können drüber lachen, aber damals konnten sich die beiden wirklich nicht leiden. Und als das immer offensichtlicher wurde, wurden auch die Zweifel immer lauter: Wenn sich die beiden Stars nicht ausstehen können, wie sollen sie dann zusammen gewinnen? Es klingt merkwürdig, aber beide waren so gepolt, dass diese Zweifel sie zusammenschweißten. Sie waren keine Freunde, aber auf dem Court konnten sie sich einem gemeinsamen Ziel unterordnen, wenn es wirklich wichtig war.
SPOX: Sie gewannen später dann ja noch zwei Titel als Assistant Coach mit Kobe - können Sie ein wenig beschreiben, inwiefern sich seine Persönlichkeit zu diesem Zeitpunkt gewandelt hatte?
Shaw: Nun, in erster Linie ist er natürlich deutlich erwachsener geworden. Man vergisst das leicht, wie jung er war, als er in der Liga kam: 17. Das kann man sich kaum vorstellen: Als Teenager spielst du auf einmal unter Erwachsenen, kannst aber vieles von dem nicht tun, was zu ihrem Alltag gehört. Kobe durfte nach Spielen beispielsweise kein Bier bestellen, er war ja zu jung. Das führte dazu, dass er sich ein Stück weit isolierte und mehr für sich blieb. Dafür hatte ich jedoch vollstes Verständnis, es war ja wie gesagt eine ziemlich einzigartige Situation.
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SPOX: Und später war er nicht mehr dieser einsame Wolf?
Shaw: Dieses Denken war schon auch später noch ein Teil seiner Persönlichkeit, aber er entwickelte sich nach und nach weg davon. Nachdem Shaq nicht mehr da war, waren die Lakers offensichtlich sein Team, in diese Rolle wuchs er mit der Zeit rein. Er wurde offener, vertraute seinen Mitspielern mehr - das tat er als Teenie überhaupt nicht. (lacht) Er hat mit der Zeit eingesehen, dass er sein Team unbedingt brauchte, wenn er noch weitere Titel gewinnen wollte - und dieses Ziel stand für Kobe natürlich immer über allen anderen.