Die Dominanz der Warriors trügt
Martin Klotz: Ja, ein bisschen schon. Denn 73 der 82 Saisonspiele bestreitet Golden State eben nicht gegen die Spurs, Cavs oder Thunder. Und das - seien wir ehrlich - sind die einzigen Teams, die in einer Playoff-Serie mehr als zwei Spiele gegen die Dubs gewinnen können. Die Jagd nach dem Rekord und die allabendliche Souveränität ist schon bemerkenswert. Aber Gregg Popovich wäre nicht Gregg Popovich, wenn er nicht seit dem ersten Tag der Saison an einer Lösung für das Warriors-Problem arbeiten würde. Und da San Antonio noch dreimal gegen das Team von Steve Kerr antritt, wird seine Stichprobe nur größer und besser. Der Coaching-Fuchs wird sich für die Postseason so einiges einfallen lassen. Und zwar dann, wenn es drauf ankommt. Genau dann werden auch Kevin Durant und Russell Westbrook in Höchstform sein. Genau wie die "Two and a half man" mit LeBron James, Kyrie Irving und Kevin Love. Und so schön es auch wäre: Eine 73-Siege-Saison wäre am Ende ohne Titel nichts wert.
Mike Taylor: 48-4! Wenn man also die blanken Zahlen zugrunde legt, trügt die Dominanz sicher nicht. Es macht so unglaublich viel Spaß, ihnen zuzusehen. Ich war beim Spiel gegen die Wizards im Verizon Center als Stephen Curry 51 Punkte erzielte. Aber was bei der ganzen Offensivshow immer untergeht, ist ihre starke Defense. Sie sind so stark im Passen und im Shooting, haben ein unglaublich vielseitigen Kader, der ihnen alle Möglichkeiten gibt, aber sie können eben auch richtig gut verteidigen. Ich halte sie aber nicht für unbesiegbar. Es gibt so Phasen im Spiel der Warriors, da sieht einfach alles so unfassbar leicht aus und da liegt ein bisschen die Gefahr. Sie neigen dann gerne zu einer Bruder-Leichtfuß-Mentalität und leisten sich unnötige Ballverluste. Und man darf nicht vergessen, dass die Spurs ebenfalls eine unglaubliche Saison spielen und zuhause einfach unbesiegbar sind. Wenn es also in den Playoffs zum Aufeinandertreffen kommt und es San Antonio gelingt ein Spiel im Oracle Center zu stehlen, ist alles möglich.Martin hat schon angesprochen, alle anderen Teams arbeiten gerade an einer Möglichkeit, die Warriors zu stoppen. Und wie Martin sehe ich die Spurs nicht so weit hinter Golden State, wie es im Moment vielleicht den Anschein macht.
Mike Taylor im Interview: "Wollten, dass er der nächste Dirk wird"
Marc-Oliver Robbers: Ich frage mich ja, ob diese Rekordjagd förderlich auf dem Weg zum Repeat ist. Wo Popovich alle Nase lang seine Starter komplett schont, sind die Warriors immer unter Strom, immer mit dem Bulls-Rekord im Hinterkopf. Natürlich führt das auch zu vielen Blowouts, in denen es sich Curry nach drei Vierteln auf der Bank gemütlich machen kann und die Garbage Time reinziehen kann, aber dennoch sollten sie aufpassen, dass sie den eigentlichen Fokus nicht verlieren.
Mike Taylor: Da muss ich einhaken. Das ist sicher ein guter Punkt, aber das glaube ich nicht. Vielmehr brauchen sie bei ihrer Dominanz in so einer langen Saison ein Ziel, dass sie weiter motiviert und den Fokus nicht verlieren lässt. Das Lustige bei dieser Rekordjagd ist ja, dass Steve Kerr damals Teil des Bulls-Teams war und es sicherlich intern so einige Sprüche von ihm geben wird. Einfacher kann er sein Team nicht motivieren. Also ich glaube vielmehr, dass diese Jagd perfekt ist, um sich bei ihrer Dominanz weiter zu motivieren.
Stefan Petri: Herrschaften, ich bin all in! Da trügt überhaupt nichts, dieses Warriors-Team ist schon jetzt eines der besten Teams aller Zeiten. Klar, vielleicht schaffen sie die 72-Siege-Marke nicht (ich denke schon!), und vielleicht gewinnen sie aus irgendeinem Grund den Titel nicht (ich denke doch!), aber wo 48-4 draufsteht, da ist auch 48-4 drin. Ihr habt es bereits angesprochen, die Dubs haben Spaß und haben manchmal nicht die militärische Disziplin, ihr Level über 48 Minuten zu halten. Deshalb holen Gegner immer mal wieder zweistellige Rückstände auf, und deshalb ist das Point Differential der Spurs auch noch eine Ecke besser. Aber, sorry: Das liegt eben nur daran, dass ihnen ob ihrer Dominanz manchmal fast schon langweilig zu sein scheint - da wird mit dem Gegner gespielt! Könnte sich das rächen? Ja, vielleicht gehen in der Regular Season so noch ein oder zwei unnötige Spiele flöten, aber in der Postseason wird die Konzentration voll da sein. Heimvorteil sowieso, und wenn dann alle gesund sind, dann hat niemand über sieben Spiele eine Chance.
San Antonio Spurs: Besser als die Besten
Marc-Oliver Robbers: Grundsätzlich sehe ich es genauso und ich traue ihnen auch den Rekord zu, aber es schon geil, dass mal wieder die Spurs völlig unter dem Radar laufen. Jahr für Jahr wurden sie abgeschrieben. Nach der unglaublich erfolgreichen Free Agency vor der aktuellen Saison galten sie dann plötzlich als großer Titelkandidat, nur um Wochen später wieder im Schatten der alles überstrahlenden Warriors zu verschwinden. Pop lacht sich doch ins Fäustchen und auch der Blowout im direkten Duell spielt ihm in die Karten. Das war sicher nicht geplant, aber ein Nachteil für die restliche Saison ist es auch nicht. Stefan, ich muss dich korrigieren. 28 Teams haben über sieben Spiele keine Chance gegen die Warriors, San Antonio aber schon. Ich bin schon so heiß auf diese möglichen Conference Finals. Das könnte eine der besten Serien aller Zeiten werden. Bitte lasst es so kommen.