SPOX: Ich komme auf das Thema zu sprechen, da aktuell niemand in der Lage zu sein scheint, die Warriors konstant zu bestrafen, wenn sie Small-Ball mit Draymond Green auf der Fünf spielen. Hätte dieser Stil in Ihrer Zeit, in der auch beispielsweise Patrick Ewing und David Robinson aktiv waren, ebenfalls funktionieren können?
Olajuwon: Das ist schwer, so allgemein zu beantworten. Ich denke, dass Golden State jedes Team der Geschichte schlagen könnte, wenn der Dreier fällt. Ich wäre mir aber nicht so sicher, wenn sie einfach einen "normalen" Shooting-Tag hätten. Es war damals so, und wird auch immer so bleiben: Wenn ein Team konstant die Rebounds kontrolliert, hat es die besten Aussichten. Wenn du in der Lage bist, jeden gegnerischen Fehlwurf einzusammeln und deine Größenvorteile auch in der Offense einzusetzen, wirst du das Spiel in der Regel gewinnen. Ich bezweifle daher, dass diese kleinen Aufstellungen der Warriors auch zu meiner Zeit derart effektiv gewesen wären.
SPOX: Rebounds holen, Größenvorteile einsetzen - das klingt so einfach. Wie kommt es dann, dass aktuell fast niemand gegen Golden State versucht, den Small-Ball mit mehr Länge zu kontern?
Olajuwon: Die Liga hat sich einfach sehr gewandelt. Inside-Game ist wie gesagt häufig kein Fokus mehr. Viele Teams machen den Fehler, mit den Warriors um die Wette werfen zu wollen, und konzentrieren sich dann eben auch fast nur auf den Jumper. Nur hat eben kein anderes Team Stephen Curry und Klay Thompson. Die Big Men werden heutzutage häufig nur als Blocksteller eingesetzt, damit die Flügelspieler für einen Wurf frei werden. Sie rollen auch selten zum Korb ab, sondern bewegen sich selbst eher nach draußen. Fast niemand versucht noch, im Post Double- oder Triple-Teams auf sich zu ziehen und von dieser Position aus Offense zu kreieren.
SPOX: Stirbt diese Art des Spiels denn Ihrer Meinung nach aus?
Olajuwon: Nein, zumindest bisher nicht. Das Post-Game ist nicht tot. Es gibt immer noch eine Handvoll Spieler, die damit sehr effektiv sind. Und man sieht es jedes Mal: Ein Spieler mit guten Lowpost-Skills kann auch heute noch jede Defense auseinandernehmen.
SPOX: Die Spurs gehören derzeit zu den ganz wenigen Teams, die zumeist mit zwei echten Big Men spielen. Denken Sie, das könnte in einer Playoffserie zum Schlüssel gegen die Warriors werden?
Olajuwon: Schwer zu sagen. Golden State und San Antonio sind jeweils Teams, die ihren Stärken entsprechend agieren. Die Spurs spielen langsamer und können ihre Gegner methodisch ausspielen, während die Warriors den schnellen Stil und das Chaos lieben - viele ihrer Würfe kommen am Anfang der Shotclock, gegen eine unsortierte Defense. Es dürfte am Ende entscheidend sein, wer dem anderen Team konstanter sein Spieltempo aufzwingen kann. Das kann eine richtig gute Serie werden.
SPOX: Gibt es derzeit einen jungen Center, der in den nächsten Jahren Ihrer Meinung nach das "Gegengift" zum Small-Ball-Trend werden könnte?
Olajuwon: Die besten Chancen hat wohl DeMarcus Cousins. Wenn er fit ist, ist er fantastisch - denn er hat das komplette Paket. Er ist unglaublich kräftig und trotzdem schnell, hat einen guten Touch am Korb und einen guten Jumper. Er kann passen, und was ihn momentan vielleicht am meisten abhebt: Cousins kann dribbeln! Er gehört zu den wenigen Big Men, die einen Fastbreak selbst laufen können. In der Hinsicht erinnert er mich ein wenig an meine Zeit, denn damals gab es einige Center oder Power Forwards, die tatsächlich jeden Part der Offense übernehmen konnten. Natürlich macht auch er noch Fehler, er müsste meiner Meinung nach auch nicht so viele Dreier werfen. Trotzdem bin ich ein großer Fan.
SPOX: Und wie denken Sie aktuell über Ihren langjährigen "Schützling" Dwight Howard?
Olajuwon: Bei ihm ist es ein bisschen schwierig, weil er in den letzten Jahren so viele Verletzungen hatte. Das wirkt sich natürlich auch auf die Leistungen aus, er hatte nicht diese Konstanz wie noch in Orlando. Aber ich bleibe trotzdem der Meinung, dass er vom Talent her ein idealer Big Man für diese Liga ist.
Hakeem Olajuwon: More than a Dream
SPOX: Apropos Konstanz - die lassen die Rockets in dieser Saison ebenfalls vermissen. Was ist bei Ihrem früheren Team nach den Conference Finals im Vorjahr schief gelaufen?
Olajuwon: Zunächst mal fand ich es persönlich sehr schade, dass Kevin McHale so früh gefeuert wurde - denn die Probleme am Anfang waren nicht seine Schuld. Das Team kam etwas zu satt aus der Offseason, obwohl es dafür eigentlich keinen Grund gab. Sie waren zwar im Jahr zuvor erfolgreich, sind aber nicht Meister geworden - danach hätten sie eigentlich erst recht hungrig sein müssen, doch das war zunächst nicht der Fall. Körpersprache und Einsatz waren nicht gut, ich denke auch, dass Josh Smith dem Team zum Saisonstart mehr gefehlt hat, als man es vielleicht hätte erwarten können. Aber ich denke, dass die Rockets seitdem wieder Fortschritte gemacht haben. Und glauben Sie mir: Es ist besser, früh Spiele zu verlieren, weil man danach immer noch die Möglichkeit hat, auf Probleme zu reagieren. Das wichtigste ist, dass man zur richtigen Zeit seinen besten Basketball spielt.
SPOX: Da sprechen Sie aus eigener Erfahrung. 1995 wurden Sie als 6-Seed noch Meister.
Olajuwon (lacht): Richtig. Damals haben wir als amtierender Meister auch keine besonders gute Regular Season gespielt, aber zu den Playoffs hin griffen dann alle Teile wieder ineinander. Ich weiß nicht, ob die Rockets dieses Jahr einen ähnlichen Run hinlegen können, aber zumindest das Talent dafür haben sie. Das haben wir vor nicht einmal zwölf Monaten schon gesehen. Ich würde sie zumindest nicht abschreiben.