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Der personifizierte Napoleon-Komplex

"You know what time it is" - Isaiah Thomas liebt das vierte Viertel
© getty
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Kein MVP-Kandidat

Denn wo Thomas seine geringe Größe in der Offense bestens kaschieren kann, ist sie defensiv ein umso größeres Manko. Ein echter MVP-Kandidat sollte defensiv zumindest seinen Mann stehen, wie der häufig belächelte Verteidiger Stephen Curry in der Vorsaison. Thomas ist kilometerweit von dem Impact entfernt, den Curry defensiv hat.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, dies zu veranschaulichen, die effektivste ist jedoch das Defensiv Real Plus Minus von ESPN, das den geschätzten Einfluss eines Spielers auf die Defense seines Teams pro 100 Ballbesitze berechnet. Thomas hat hier von 445 (!) Spielern in der NBA mit -4,48 den mit großem Abstand schlechtesten Wert. Curry liegt bei 0,04...

Negatives Net-Rating im vierten Viertel

Bei aller offensiven Klasse ist das einfach ein Makel, der sich schwer wegdiskutieren lässt. Zumal es auch nicht der einzige ist. Denn auch wenn das angesichts seiner Heldentaten völlig absurd klingt: Boston hat im letzten Viertel ein besseres Net-Rating, wenn Thomas nicht auf dem Court steht. Und der Unterschied ist nicht gering. Mit Isaiah auf dem Court verlieren die C's pro 100 Ballbesitze mit 2,4 Punkten. Ohne ihn stehen sie in der gleichen Statistik bei +19,7. Wie kann das sein?!

Natürlich liegt die Ursache auch hier in der Defensive. Der Unterschied beim Defensiv-Rating ist enorm: Ohne Isaiah sind es überragende 96,3 zugelassene Punkte pro 100 Ballbesitze, mit ihm sind es 122 - ein Wert, den selbst das schlechteste Defensiv-Team der Liga aus Denver (110,2) belächeln würde.

Indes wäre es falsch, dies ausschließlich an Thomas festzumachen, wie es Matt Moore von CBS Sports kürzlich ausführlich darlegte. Denn während die Celtics in den letzten Jahren einen Ruf als starkes Defensiv-Team hatten, verdienen sie den in dieser Saison nicht. Ihr Defensiv-Rating von 106,1 ist absolut mittelmäßig und ein Resultat mehrerer Faktoren.

Enorme Rebound-Schwächen

Die Celtics haben individuell große Defensivqualitäten, auch wenn Avery Bradley nun schon deutlich länger ausfällt als ursprünglich angenommen. Auch können sie durchaus im Team verteidigen, sie haben nur unglaubliche Schwierigkeiten damit, ihre Defensiv-Ballbesitze zu Ende zu bringen, denn kein Team der Liga ist schlechter beim Defensiv-Rebound. Im letzten Viertel verstärkt sich dies noch.

Eins vorweg: Die Celtics haben in dieser Saison bisher jedes Spiel gewonnen, wenn sie mit einer Führung ins letzte Viertel gingen. Sie haben dabei jedoch eine Tendenz dazu offenbart, ihre Führungen zu verzocken und den Gegner wieder ins Spiel zu holen. Nicht selten war dies überhaupt erst der Grund für Thomas' verrückte Scoring-Runs.

Coach Brad Stevens vertraut im letzten Viertel sehr gerne extrem kleinen Lineups mit den drei Guards Thomas, Marcus Smart und Bradley, wenn dieser fit ist. Keiner von ihnen ist über 1,94 m groß. Damit lässt es sich ordentlich verteidigen, wenn man auf den anderen beiden Positionen gute Länge hat. Aber weder Jae Crowder, noch Jonas Jerebko oder Al Horford erfüllen dieses Kriterium.

Die Celtics versuchen Thomas in der Defense zu beschützen, aber natürlich haben sich seine Defizite herumgesprochen und natürlich versucht jedes Team, ihn in möglichst viele Possessions direkt zu involvieren, selbst wenn er ihren vermeintlich schlechtesten Offensivspieler verteidigt. Da Boston keinen echten Ringbeschützer hat, ist das Gift - ebenso wie jedes Pick'n'Roll, das Thomas und Horford involviert und damit für noch mehr schwierige Cross-Matches sorgt.

Kommt der Rim-Protector noch?

Genau deshalb wird man in den nächsten Wochen noch viele Gerüchte hören, wenn es um mögliche Trades geht. Der Rim-Protector kann für Boston tatsächlich einen riesigen Unterschied ausmachen, weshalb man sie verständlicherweise immer wieder mit Andrew Bogut, Nerlens Noel und Co. in Verbindung bringt. Sie haben ausreichend Assets, um mindestens einen signifikanten Deal einzufädeln.

Zumal sie dabei nicht mehr den Druck der vergangenen Jahre haben. GM Danny Ainge sprach schon 2015 gegenüber SPOX davon, dass ihnen der eine "transzendente" Spieler abgehen würde, der Superstar, der in engen Situationen das Spiel entscheiden und sein Team tragen kann. Dabei stand derjenige, der diese Rolle heute füllt, schon damals im Kader.

Isaiah Thomas ist einer der besten und kreativsten Scorer der Liga geworden. Seine Probleme in der Defense sind real, müssen aber nicht fatal sein, wenn man ihn etwas besser beschützt. Die Celtics sollten so schnell wie möglich herausfinden, ob sie dazu in der Lage sind - denn 2018 wird er mit einem Gehalt von 6,6 Millionen Dollar eher nicht mehr zu halten sein.

Auch wenn er kein legitimer MVP-Kandidat ist - unter dem Radar fliegt der "King in the Fourth" längst nicht mehr.

Isaiah Thomas im Steckbrief

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