NBA

Die Serie der großen Egos

Von Jan Menzner
Russell Westbrook und James Harden liefern sich in den Playoffs ein intensives Duell
© getty

Rockets gegen Thunder. Triple-Double-Monster Russell Westbrook gegen "Points Guard" James Harden. Pure Energie gegen Dreierregen. Nutzen die Thunder das Momentum um vor heimischem Publikum, um die Serie auszugleichen? Oder schlagen die Rockets (ab 21.30 Uhr im LIVESTREAM FOR FREE) zurück? Es ist nicht nur der Kampf gegen den Gegner, sondern auch gegen die Egos der eigenen Superstars.

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Werfen wir einen Blick zurück: Nachdem Houston die Thunder in Spiel 1 mit 118:87 aus der Halle geschossen hatte, sagte ein ernüchterter Russell Westbrook im Postgame-Interview, die Aufarbeitung der Niederlage fange bei ihm an. Es sei sein Job "den Jungs den Ball zu geben". Tatsächlich sorgte seine unterirdische Wurfquote von 26 Prozent (6/23 FG) dafür, dass das erste MVP-Anwärter-Duell ganz klar an Gegenüber Harden ging (37 Punkte, 13/28 FG).

Weiter zu Spiel 2: Lange Zeit sah es so aus, als ob Russ seinen eigenen Rat beherzigt hätte. Die Thunder dominierten über weite Strecken, sie führten sogar mit bis zu 15 Punkten Vorsprung. Sie hätten den Rockets den Heimvorteil stehlen können. Doch im letzten Viertel explodierte Westbrooks Ego und er lieferte eine der ineffektivsten Hero-Ball-Performances, die dieser Sport bisher gesehen hat.

Westbrook "macht was er will"

Vor dem Spiel tönte Westbrook noch, es sei ihm egal, wer ihn verteidigt, denn er könne "so ziemlich alles machen" was er will. Das versuchte er mit aller Macht zu beweisen. Von 33 OKC-Angriffen im letzten Viertel schloss Russ 22 selbst ab - traf dabei aber schwache vier Würfe und zog vier Fouls. Die Kollegen degradierte er zu Statisten.

Zum Vergleich: Keiner der sieben OKC-Bankspieler nahm - beziehungsweise bekam - mehr als fünf Würfe. Eric Gordon und Lou Williams, die Kompagnons von Harden, warfen dagegen jeweils 14 Mal den Ball in Richtung Korb. Durch Russells Eigensinnigkeit verspielten die Thunder ihre 8-Punkte-Führung zu Beginn des vierten Viertels. 2-0 Rockets.

Andere Halle, anderes Problem

Doch als die Serie zum ersten Mal in die Chesapeake Energy Arena nach Oklahoma kam, schlug ein anderes Ego über die Stränge. Während die Thunder vor heimischem Publikum besser zusammenspielten (24 Assists) und insgesamt 55,4 Prozent ihrer Würfe trafen, taten sich die Rockets deutlich schwerer. Hauptproblem: Ihre größte Waffe, der Dreier, fiel einfach nicht.

Trotz bescheidener Quote von 28,6 Prozent feuerten sie weiter von Downtown. Es ist ihre Identität - sie können nicht anders. Dabei verteidigte OKC besonders die Dreierlinie gut. Ihrerseits kamen die Thunder, die nicht gerade für ihre Scharfschützen bekannt sind, auf 47,4 Prozent vom Perimeter.

Obwohl Superstar Harden 44 Punkte erzielte, trägt er eine Mitschuld an der miserablen Wurfquote. Im System von D'Antoni steht und fällt nicht nur alles mit dem Dreier - es steht und fällt auch alles mit Harden. Der Bart traf nur vier seiner eigenen zwölf Longballs und fütterte auch die Rollenspieler der Rockets verhältnismäßig wenig - sechs Assists standen am Ende im Boxscore. "Ego-Russell" hatte elf.

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Passend dazu auch die letzte Possession, bei der ein einfacher Zwei-Punkte-Wurf die Rockets in die Overtime gerettet hätte. In der Zone war Harden zuvor erfolgreich, doch anstatt den Ausgleich am Korb zu suchen, ging er in die Isolation und voll auf Sieg. Aber der Wurf war zu kurz und die Thunder können nun im zweiten Heimspiel auf 2-2 stellen.

Vertrauen ist der Schlüssel

Hätte vor Beginn der Serie jemand gedacht, dass Houston eine schlechtere Dreierquote haben würde als OKC? 32 Prozent sind für die Rockets, die so stark vom Longball abhängig sind, nicht genug. Trevor Ariza hat bislang keinen einzigen Dreier getroffen, Ryan Anderson steht bei 2/18 Treffern.

Auf der Gegenseite überrascht vor allem Andre Roberson. Im Westbrooks Kreise einzuschränken, entschied sich Houston oft, den Edel-Verteidiger offen zu lassen - und Roberson bestrafte das bisher gnadenlos. Als zweitbester Scorer bei OKC legt er 14 Punkte pro Spiel auf und trifft 50 Prozent seiner Dreier. Generell zeigten sich die Rollenspieler der Thunder verbessert. Taj Gibson ist nach Spiel 3 nun auch in der Serie angekommen. Und ohne Unterstützung kann es keiner der beiden MVP-Kanidaten richten.

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Natürlich werden auch in Spiel 4 wieder alle Augen auf die beiden Superstars gerichtet sein, doch nicht nur ihre Einzel-Aktionen sind entscheidend, sondern auch, wer es schafft, seine Teammates besser zu machen. LeBron James hat es vor Jahren schon gelernt, Russ und Harden noch nicht: Der beste Spieler im Team zu sein, bedeutet nicht, dass man auch jeden wichtigen Wurf nehmen muss.

Zumindest den Journalisten gegenüber scheint es so, als ob sich ausgerechnet Mr. Triple-Double, Russell Westbrook, das zu Herzen nimmt. "Ich muss einen besseren Job machen, meinen Mitspielern über die vollen 48 Minuten zu vertrauen", sagte er nach Spiel 3: "Ich habe keine Nebendarsteller. Wir sind zusammen hier her gekommen und spielen gemeinsam." Allerdings spricht seine Usage-Rate eine andere Sprache. Im Vergleich zur Regular Season ist sie in den ersten drei Playoff-Spielen noch einmal gestiegen. Auf aberwitzige 47,7.

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Die Serie wird durch Westbrook und Harden entschieden - das ist klar. Doch es kommt nun darauf an, wer bereit ist, sein Ego dem Siegeswunsch unterzuordnen. Es kommt darauf an, wer akzeptiert, dass auch ein Mitspieler der Held des Teams sein kann. Nichtsdestotrotz werden uns die beiden Ausnahmespieler auch in Spiel 4 ein Spektakel bieten. Das ist so sicher, wie der nächste Dreierversuch der Rockets.

Ab 21.30 Uhr könnt Ihr im LIVESTREAM FOR FREE dabei sein.

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