Wie wirkt sich Klays Rückkehr auf Wiggins aus?
Apropos Top-Teams! Gemeinsam mit den Suns (und mit Abstrichen Utah) haben sich die Warriors klar vom Rest im Westen abgesetzt, auch wenn die Offensive über die vergangenen Wochen ziemlich abgerauscht ist (die Quoten von Stephen Curry ebenfalls). Dabei konnte Klay Thompson erst in dieser Woche debütieren, was die ganze Welt darauf hoffen lässt, dass irgendwann vielleicht doch irgendwie alles in Ordnung kommen wird.
Die Frage wird nun sein, wie sich die Rückkehr des Splash Brothers auf das restliche Team auswirkt. Bei Jordan Poole gibt es interessanterweise wenig Bedenken, obwohl Klay dessen Rolle in der Starting Five einnimmt. Poole übernahm bisher schon oft die Führung der Lineups ohne Curry, das wird er nun weiter tun, nur eben von der Bank kommend.
Spannender ist die Auswirkung auf Andrew Wiggins, der sich in Golden State als zweite Option etabliert hat und von TNT-Experte Stan Van Gundy während der Klay-Rückkehr zum würdigen All-Star erklärt wurde. Ob er einer wird, ist zwar unklar (nach meiner Ansicht gibt es bessere Kandidaten), tatsächlich spielt Wiggins jedoch ein sehr gutes Jahr als Two-Way-Spieler.
Offensiv springt vor allem die mit Abstand beste Dreierquote seiner Karriere ins Auge (42,1 Prozent), auch sein True Shooting war nie besser (58,6 Prozent), obwohl Wiggins ein überraschend mieser Freiwurfschütze bleibt (70,5 Prozent?). Seine Wurfauswahl ist deutlich besser, er spielt mit mehr Verstand und er ist wesentlich konstanter als in den Timberwolves-Jahren, was sich auch auf seine Defense bezieht.
Wiggins übernahm auch beim Klay-Comeback gegen Cleveland die Rolle, die Thompson früher stets innehatte: Er verteidigte den besten Wing des Gegners, in diesem Fall Point Guard Darius Garland. Schon die gesamte Saison über wird der Kanadier auf alle möglichen verschiedenen Matchups angesetzt und erfüllt seine Rolle zumeist gut. Er ist nicht der Hauptgrund (Draymond!), aber einer dafür, warum Golden State die beste Defense der Liga stellt.
Wiggins ist eine Versicherung für Klay, bei dem sich erst mit der Zeit zeigen wird, ob er an das All-Defensive-Niveau früherer Tage noch einmal herankommen kann. Wiggins muss das allerdings auch wollen. Die körperlichen Voraussetzungen, um ein Top-Verteidiger zu sein, hatte er schon seine ganze Karriere über, er war es nur bis zu dieser Saison noch nie.
Kann sich "Maple Jordan" seine Motivation und sein vor dieser Saison notorisch wechselhaftes Engagement beibehalten, wenn er offensiv von der zweiten eher zur dritten Option wird und seine Rolle sich etwas verringert? Das wird eine der entscheidenden Herausforderungen für die Warriors in der restlichen Spielzeit und ein kleiner Balanceakt.
Golden State kann dabei auf seine Infrastruktur und die vorhandene Leadership bauen. Das Risiko, welches die Warriors beim Trade für Wiggins eingingen, hat sich längst doppelt und dreifach ausgezahlt, er ist vom Albatross-Vertrag zum wertvollen Spieler geworden. Nun wird sich zeigen, wie nachhaltig seine Transformation wirklich ist.
Ist es zu früh, um die Lakers abzuschreiben?
Glas halb voll: LeBron James spielt in letzter Zeit absurd guten Basketball, hat sich als (nomineller) Center mal wieder ein Stück weit neu erfunden und entwickelt eine zunehmend starke Chemie mit Malik Monk, der sich sehr gesteigert hat. Über die vergangenen beiden Wochen stellen die Lakers die drittbeste Offense der Liga und das fünftbeste Net-Rating.
Glas halb leer: Die Siege werden in erster Linie gegen miese Teams geholt. Von den West-Teams haben nur die Rockets und Thunder weniger Siege gegen Teams mit positiver Bilanz (6). Eine 5-1-Bilanz bei Spielen mit Verlängerung schönt die Bilanz des Champions von 2020, der sich auch mit miesen Gegnern oft sehr schwer tut.
Was machen wir nun daraus? Es ist fraglos gut zu sehen, dass James auch mit 37 Jahren noch so aufdrehen kann; er ist der zweitbeste Scorer der Liga, über seine vergangenen 20 Partien legt der derzeit viertälteste NBA-Spieler 31 Punkte, 9 Rebounds und 7 Assists bei bärenstarken Quoten auf. Er scort auf einem Level, wie man es über die vergangenen Jahre nur aus den Playoffs kannte - 2009/10 war sein Schnitt zum letzten Mal höher!
Es ist gleichzeitig bedenklich, dass diese Leistungen von James schon jetzt nötig sind und nicht einmal dazu führen, dass die Lakers ein gutes Team sind. Sie sind okay, mehr nicht, die Spitze der Western Conference ist nach wie vor meilenweit entfernt, und LeBron reißt dabei nach VanVleet und den beiden Nets-Stars die meisten Minuten ligaweit ab.
All das spricht nicht für eine gute Kaderkonstruktion, ungeachtet der zahlreichen Ausfälle. Nun steht immerhin Kendrick Nunn vor der Rückkehr und auch Anthony Davis sollte in den nächsten Wochen wieder zur Verfügung stehen, beim Big Man wird darauf zu hoffen sein, dass er seinen enttäuschenden Saisonstart vergessen machen kann.
Reicht das dann? Das muss zumindest die Hoffnung sein. Lakers-Fans fabulieren auf Twitter zwar schon seit Wochen, wie sie alle möglichen Stars per Trade nach Hollywood holen können, es gibt da nur das kleine Problem, dass es für die wenigen verfügbaren guten Spieler (etwa Grant) viele Interessenten geben wird - und diese fast alle bessere Angebote machen können als die Lakers. Talen Horton-Tucker und der Vertrag von Russell Westbrook sind als Paket, nun, geht so.
Vielleicht spielt das alles keine Rolle, wenn neben LeBron auch Davis wieder in den 2020er Bubble-Modus schaltet. Momentan sieht es eher danach aus, als würde eine weitere historische James-Saison (in diesem Alter die drittbeste True-Shooting-Saison seiner Karriere? Ernsthaft?) mehr oder weniger im Sande verlaufen.