Das Dschungelcamp-Szenario

Haruka Gruber
14. Juli 201023:09
Dirk Nowitzki und der Kader der Mavs - vor allem fehlt Dallas ein Backup für den SuperstarGetty
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Geträumt wurde von LeBron James oder wenigstens Al Harrington - jetzt steht Dallas fast mit leeren Händen da. Dirk Nowitzki droht ein Backup von der Aldi-Resterampe, außerdem gibt es Bedenken bei Top-Zugang Tyson Chandler. Die Kader-Analyse.

Die Center-Position:

Rotation: Brendan Haywood, Tyson Chandler, Ian Mahinmi, Alexis Ajinca

Die Mavericks-Fans könnten ob der drei neuen Center vor Vorfreunde kaum innehalten - wären die Lobreisungen von General Manager Donnie Nelson nicht einfach inhaltsleere PR-Plattitüden.

"Tyson Chandler ist einer der vielseitigsten Big Men der NBA. Er steht für Blocks und lange vermisste Athletik - und er gibt unserer vordersten Front eine neue defensive Identität", schwärmt Nelson. Mahinmi wiederum würde viel Talent mitbringen und dessen französischer Landsmann Ajinca verfüge über ein "signifikantes Entwicklungspotenzial".

Doch wo liegt die Wahrheit? Wer es positiv sehen will: Die Mavs besitzen nun eine der größten Big-Men-Lineups ligaweit. Mahinmi misst 2,11 Meter, Haywood und Ajinca 2,13 Meter, Chandler ist sogar 2,16 Meter groß.

Statistiken aus der Regular Season der Vorsaisonspox

Letztgenanntem wird in der kommenden Saison eine Schlüsselrolle zukommen, ist Chandler doch der einzig namhafte Neuzugang der Mavs. Die Frage jedoch: Hat Dallas den Chandler aus der Saison 2007/08 verpflichtet, dem in der Regular Season 11,8 Punkte und 11,7 Rebounds gelangen und der tatkräftig mithalf, die Mavs in der ersten Playoff-Runde rauszuwerfen?

Oder sehen wir den Chandler der letzten zwei Jahre, der wegen Verletzungen 68 Partien verpasste und trotz seiner erst 27 Jahre phasenweise so spritzig wirkte wie ein Greis? Die Mavs jedenfalls sind nach eingehenden Untersuchungen von seiner Fitness überzeugt. Sollte das der Fall sein, gehört das Center-Tandem Haywood/Chandler zum Besten, was die NBA zu bieten hat.

Die beiden talentierten, aber noch unfertigen Mahinmi und Ajinca konkurrieren um die Rolle des dritten Centers, der Verlierer wird wohl in die D-League degradiert und muss sich dort neu beweisen.

Die Power-Forward-Position: Dirk - und sonst nichts

Die Small-Forward-Position: Tiefe ja, Superstar nein

Die Shooting-Guard-Position: Es fehlt der Defensiv-Stopper

Die Point-Guard-Position und das Fazit

Die Power-Forward-Position:

Rotation: Dirk Nowitzki

Die Strategie war nicht besonders raffiniert, aber sie ging immerhin auf. Free Agent Al Harrington ließ über sein Twitter-Account wissen, dass er zu den Mavs wechseln wolle, da "in Dallas ein gutes Team zusammengestellt wird".

Die Texaner boten die sogenannte "Mid-Level-Exception" von 5,8 Millionen Dollar pro Jahr als Gehalt, der Deal schien perfekt. Harrington jedoch wollte mit seinem Tweet offenbar nur ein Wettbieten anheizen, denn entschieden hat er sich am Ende für Denver, wo er knapp sieben Millionen Dollar verdient.

Ein verständlicher Schritt von Harrington, der aber dramatische Folgen für Dallas haben könnte. Alle interessanten Power Forwards ohne Vertrag haben bereits ein neues Team gefunden, wodurch den Mavs die Optionen ausgehen: Wer soll Nowitzki die dringend benötigten Verschnaufpausen verschaffen?

Statistiken aus der Regular Season der Vorsaisonspox

Nachdem Harrington und Udonis Haslem Dallas absagten, Luis Scola nicht erschwinglich sein dürfte und Minnesotas Al Jefferson offenbar wenig erpicht darauf war, bei den Mavs nur von der Bank zu kommen, und lieber nach Utah ging, ähneln die übrig gebliebenen Free-Agent-Kandidaten mehr den Teilnehmern am Dschungelcamp.

Sie sind zwar billig, aber in der Regel auch zu alt (Juwan Howard, Joe Smith), zu mies (Josh Boone, Oleksiy Pecherov, Hilton Armstrong) oder beides (Brian Cardinal).

Im Klartext: Während sich San Antonios Tim Duncan mit Tiago Splitter über einen günstigen Premium-Backup (11 Millionen Dollar für 3 Jahre) freuen kann, werden die Mavs den neuen Nowitzki-Stellvertreter aus der Aldi-Resterampe wühlen müssen, sollte kein unerwarteter Coup mehr gelingen.

Die Center-Position: Zweifel am Top-Zugang

Die Small-Forward-Position: Tiefe ja, Superstar nein

Die Shooting-Guard-Position: Es fehlt der Defensiv-Stopper

Die Point-Guard-Position und das Fazit

Die Small-Forward-Position:

Rotation: Caron Butler, Shawn Marion, DeShawn Stevenson

Sinnbild für das Grundübel der Mavs: Die Position ist mit talentierten Spielern tief besetzt, doch die letzten Playoffs haben bewiesen, dass es Dallas nicht an Mannstärke, sondern an einem Superstar mangelt, der Nowitzki entlastet.

Butler und Marion versprechen ordentliche Statistiken und vorbildliches Engagement, eine Mannschaft mitzureißen vermögen sie jedoch nur noch in vereinzelten Spielen.

Statistiken aus der Regular Season der Vorsaisonspox

Beide sind bei aller Veranlagung vor allem offensiv zu unkonstant - weswegen Nowitzkis Forderung, einen starken Scorer auf den Flügeln zu verpflichten, auf Butler und Marion gemünzt sein dürfte.

Die in Dallas gehandelten Spieler vom Kaliber eines Matt Barnes, Raja Bell oder Rasual Butler wären nur Ergänzungen und nur für den Fall wertvoll, wenn Marion als Power Forward aushelfen muss.

Die Center-Position: Zweifel am Top-Zugang

Die Power-Forward-Position: Dirk - und sonst nichts

Die Shooting-Guard-Position: Es fehlt der Defensiv-Stopper

Die Point-Guard-Position und das Fazit

Die Shooting-Guard-Position:

Rotation: Rodrigue Beaubois, Jason Terry, Dominique Jones

Es ist die wohl wichtigste Entscheidung der Mavs im restlichen Sommer. Um Nowitzki seine gewünschte Top-Verstärkung an die Seite zu stellen, hat Dallas im Grunde nur eine Option übrig: Den äußerst begehrten Rodrigue Beaubois abgeben.

"Ich gehe davon aus, dass noch einige Superstars den Klub wechseln werden. Das Problem: Um etwas zu bekommen, muss man etwas abgeben. Aber wir sind nicht bereit, auf Roddy zu verzichten", sagt Nelson, der von mehreren teils verlockenden Offerten für Beaubois berichtet.

Statistiken aus der Regular Season der Vorsaisonspox

Stand heute bleibt Beaubois in Dallas und wird ab kommender Saison wesentlich mehr Spielanteile erhalten als letztes Jahr. Ein Gedankenspiel von Coach Rick Carlisle: Beaubois wird zumindest phasenweise zum Shooting Guard umfunktioniert, damit die Mavs über mehr Firepower verfügen.

Mit 1,83 Meter wäre der Franzose seinen Gegenspielern körperlich zwar unterlegen, nur: Das Experiment mit Butler auf der Zwei gilt als gescheitert, Jason Terry verkörpert mehr die Vergangenheit als die Zukunft und Rookie Dominique Jones ist schlicht zu unerfahren, um es in die Rotation zu schaffen. Bleibt demnach nur Beaubois.

Daher wird in Dallas nach wie vor über Andre Iguodala diskutiert. Nachdem Erick Dampiers kündbarer Vertrag im Gegenzug für Chandler nach Charlotte getauscht wurde, lässt sich Iguodalas Klub Philadelphia aber wohl auf keinen Trade ein. Außer, Beaubois wäre Teil des Geschäfts.

Die Center-Position: Zweifel am Top-Zugang

Die Power-Forward-Position: Dirk - und sonst nichts

Die Small-Forward-Position: Tiefe ja, Superstar nein

Die Point-Guard-Position und das Fazit

Die Point-Guard-Position:

Rotation: Jason Kidd, J.J. Barea

Die einzige Position, bei der sich voraussichtlich nichts verändern wird. Außer, dass Kidd bereits angekündigt hat, etwas weniger Minuten zu spielen, um Beaubois ausreichend Entfaltungsmöglichkeiten auf der Eins zu ermöglichen.

Backup Barea mag in der Verteidigung seine Schwächen haben und für Ballverluste anfällig sein, als Defibrillator von der Bank, der in schwierigen Phasen mit seiner Intensität und den furchtlosen Drives die Mavs wiedererweckt, ist er jedoch eine wertvolle Alternative - und mit einem Gehalt von 1,8 Millionen Dollar sogar äußerst preiswert.

Statistiken aus der Regular Season der Vorsaisonspox

Das Fazit:

Die Mavs haben von Dampier abgesehen keinen Spieler von Relevanz abgegeben und ihn mit dem jüngeren Chandler ersetzt - dennoch hat sich angesichts der extrem veränderten Machtverhältnisse in der NBA die Ausgangslage dramatisch verändert.

Dallas gehört mittlerweile nicht einmal mehr zum erweiterten Titelkandidaten-Kreis, die jüngeren Thunder und Clippers, die fitten Trail Blazers, die Rockets mit dem zurückkehrenden Yao Ming, sie alle haben aufgeholt, so dass selbst die Playoffs nicht gewährleistet sind.

Welche Optionen bleiben Dallas? Der Free-Agent-Markt gibt fast nichts mehr her, so dass die Mavs ihre aggressive Tradepolitik forsetzen werden. Bereits jetzt heißt es, dass Nelson fast jedem Konkurrenten ein Tauschgeschäft vorgeschlagen hat.

Ein denkbares Szenario: Es wird ein Free Agent (Barnes) für eine eigentlich gut besetzte Position (Small Forward) unter Vertrag genommen, einer der dadurch abkömmlichen Spieler (Butler oder Marion) wird wiederum für ein Trade angeboten, um eine Verstärkung zu verplfichten, die ihre Stärken im Scoring hat und so Nowitzki etwas Verantwortung abnimmt.

Möglich wäre etwa, dass Dallas einen Deal mit Philadelphia eingeht. Die Mavs würden den bei den 76ers nicht mehr unbedingt benötigten Iguodala (12,3 Millionen Dollar Jahresgehalt) erhalten, Philly wiederum bekommt Butler (10,6) und als Beigabe Top-Talent Beaubois (1,2).

Oder: Dallas hakt die kommende Saison weitgehend ab, verzichtet auf größere Umbaumaßnahmen und konzentriert sich auf die Spielzeit 2011/12. Denn im nächsten Sommer laufen die Verträge von Chandler (12,7 Millionen Dollar), Butler (10,6) und Stevenson (4,2) aus, zudem könnte Terry (10,7) für 5 Millionen Dollar aus dem letzten Kontraktjahr heraus gekauft werden.

Die Mavs wären plötzlich unter dem Salary Cap - und damit ein Hauptakteur auf dem Free-Agent-Markt 2011.

Die Center-Position: Zweifel am Top-Zugang

Die Power-Forward-Position: Dirk - und sonst nichts

Die Small-Forward-Position: Tiefe ja, Superstar nein

Die Shooting-Guard-Position: Es fehlt der Defensiv-Stopper