Beim Super Bowl XLVIII zwischen den Denver Broncos und den Seattle Seahawks (Mo., 0.30 Uhr imLIVE-TICKER) treffen die beiden großen Stärken der Teams direkt aufeinander. Während Denver primär von seiner explosiven Offensive lebt, stellt Seattle die beste Defensive der Liga. Zum dritten Mal in der jüngeren Super-Bowl-Geschichte spielt die statistisch beste Offense gegen die beste Defense - zuletzt ging der Titel zwei Mal an die Defense. Und SPOX tippt trotzdem auf Denver.
Quarterback
Peyton Manning vs. Russell Wilson
Nach seinen vier Nacken-Operationen und einem weiteren bitteren Playoff-Aus in der Vorsaison erlebte Peyton Manning eine Saison, wie sie noch nie ein Quarterback abgeliefert hat. 55 Touchdown-Pässe? Rekord. 5.477 Passing-Yards? Rekord. Neun Spiele mit mindestens vier Touchdown-Pässen? Rekord. Man könnte diese Liste weiter ausführen, doch klar ist: Der 37-Jährige spielt die Saison seines Lebens, dirigiert eine explosive Offense und überzeugte mit vier Touchdowns und nur einem Pick auch seine Postseason-Kritiker.
In den US-Medien wird bereits darüber diskutiert, ob Manning mit seinem zweiten Ring nicht sogar zum endgültig besten Quarterback aller Zeiten aufsteigen würde. Gleichzeitig ist hierbei aber auch der besondere Druck für ihn. Im Gegensatz zu etwa Tom Brady (fünf SB-Teilnahmen) oder Joe Montana (4), ist es für Manning erst der dritte Super Bowl - und gewinnen konnte er bislang lediglich einen.
Ganz anders ist da die Situation für seinen Gegenüber Russell Wilson. Wilson ist erst in seiner zweiten Saison in der NFL und steht in Seattle keineswegs so im Fokus wie Manning in Denver, da die Seahawks vor allem ein Running Team sind. Wilson wirkt stets ruhig und ist selbst im Running Game eine echte Gefahr (539 Yards in der Regular Season), allerdings muss sein Passspiel konstanter und besser werden, um Seattle eine Chance zu geben: Die 103 Passing-Yards aus dem Divisional Game gegen New Orleans oder die 215 Yards eine Woche später gegen San Francisco werden vermutlich nicht reichen.
Vorteil: Denver.
Running Back
Knowshon Moreno/Montee Ball vs. Marshawn Lynch/Robert Turbin
Nach Manning ist Lynch am Sonntag der Offensivspieler, der individuell am meisten im Fokus steht. Nach 1.257 Rushing-Yards in der Regular Season spielte Lynch in den Playoffs groß auf: Gegen die Saints trug er Seattles Offense mit 140 Yards und zwei Touchdowns im Alleingang und auch gegen San Franciscos Top-Defense waren seine 109 Yards inklusive eines 40-Yard-Runs in die Endzone entscheidend für den Trip nach New York. Turbin (82 ATT, 279 YDS in dieser Saison) dürfte daher eher sporadisch zum Einsatz kommen.
Denver hat zwar (noch) keinen absoluten Elite-RB, dennoch müssen sich die Broncos hier nicht verstecken. Knowshon Moreno hat ebenfalls eine 1000-Yard-Saison hinter sich (1.038 YDS) und ließ in den Playoffs bislang 141 Yards folgen. Auch im Passspiel ist Moreno eine echte Waffe und komplettiert so Denvers Offense: 582 Receiving-Yards verzeichnete der 26-Jährige in dieser Saison. Mit Montee Ball hat Moreno darüber hinaus in den letzten Wochen eine starke Unterstützung gewonnen, nach einer durchwachsenen Regular Season lief der Rookie in den Playoffs für 95 Yards.
Vorteil: Seattle.
Receiver/Tight End
Demaryius Thomas/ Eric Decker/Wes Welker/Julius Thomas vs. Percy Harvin/Doug Baldwin/Golden Tate/Zach Miller
Hier zieht Seattle klar den Kürzeren. Denver hat nicht nur den aktuell besten Quarterback, Manning verfügt auch über das kompletteste Receiving-Corps der Liga - alle vier Broncos-Receiver fingen mindestens zehn TD-Pässe in der Regular Season. Demaryius Thomas ist der Deep Threat und dürfte oft mit Richard Sherman aneinander geraten. Außerdem ist Thomas per Screen Pass extrem gefährlich, beide Stärken kombiniert führten in dieser Saison zu 19 Receptions von mindestens 20 Yards und fünf von mindestens 40 Yards.
Während Thomas von Eric Decker (1.288 Receiving-Yards, 11 Touchdowns) ergänzt wird, sind die kurzen Pässe über die Mitte zu Welker und Julius Thomas eine mindestens genauso gefährliche Waffe. Hier kann Denver mit dem knapp zwei Meter großen Tight End Thomas und mit Welker, einem der besten Slot Receiver der Liga, jede Defense überfordern, gegen Linebacker regelmäßig für Mismatches sorgen und die Uhr kontrollieren.
Seattle auf der anderen Seite fehlt ein echter Star Receiver. Percy Harvin kommt dem noch am nächsten, der 25-Jährige stand wegen diverser Verletzungen allerdings nur in zwei Spielen auf dem Platz (4 REC, 38 YDS). Dennoch ist Harvin an sich Seattles bester Receiver und könnte, wenn er fit bleibt, der X-Faktor werden. Ansonsten hat sich Doug Baldwin zu einer verlässlichen Kraft entwickelt, der vor allem bei den für Seattle wichtigen Big Plays oft zur Stelle ist. Seine 106 Receiving-Yards gegen San Francisco waren der beste Wert aller Receiver. Auch Golden Tate (898 YDS) kratzte in der Regular Season an der 1000-er Marke.
Vorteil: Denver.
Offensive Line
Chris Clark, Zane Beadles, Manny Ramirez, Louis Vasquez, Orlando Franklin vs. Russell Okung, James Carpenter, Max Unger, J.R. Sweezy, Breno Giacomini
Seattles O-Line ist definitiv eine der Schwächen der Seahawks. Bereits in der Regular Season ließ Seattle 44 Sacks zu, mehr als etwa Arizona, die Giants oder Washington. Mit Left Tackle Russell Okung (acht Spiele), Center Max Unger (drei Spiele) und Right Tackle Breno Giacomini (sieben Spiele) fielen allerdings mehrere Starter auch länger aus.
Doch auch in der Postseason, und in Bestbesetzung, ist Seattles O-Line anfällig. Zwar funktioniert die Line beim Running Game, allerdings ließ kein Team in den Playoffs mehr QB-Hits (14) oder Sacks (7) zu als die Seahawks.
Denvers Offensive Line dagegen steigerte sich im Laufe der Saison immer mehr, bis auf zwei Spiele hat die O-Line immer in der gleichen Besetzung zusammen gespielt. In den Playoffs haben die Broncos noch keinen einzigen Sack und nur einen QB-Hit zugelassen und auch in der Regular Season wurde kein Quarterback seltener zu Boden gebracht als Manning (20 Sacks). Zweifellos hilft es den Broncos, dass kaum jemand den Ball so konstant so schnell los wird wie Manning.
Vorteil: Denver.
Seite 1: Die Offense beider Teams
Seite 2: Defense, Special Teams, Coaches und Prognose
Defensive Line
Malik Jackson, Sylvester Williams, Terrance Knighton, Shaun Phillips vs. Red Bryant, Tony McDaniel, Brandon Mebane, Chris Clemons
Beim Lobpreis über Seattles Defense wird gerne die starke Defensive Line der Broncos vergessen. Sie hatte nicht nur ihren Anteil daran, dass die Broncos die achtbeste Run-Defense der Regular Season und die beste in den Playoffs stellten, sondern übt auch ordentlich Druck auf gegnerische Quarterbacks aus. Insgesamt 25 Sacks, drei Forced Fumbles und einen Pick verzeichnen Jackson, Williams, Knighton und Phillips zusammen genommen, und das größtenteils ohne die Hilfe des verletzten Star-Pass-Rushers Von Miller. Phillips (12 Sacks, 2 FF, 1 INT) ist dabei klar der stärkste des Quartetts.
Seattles D-Line dagegen hatte in der Postseason bislang Schwierigkeiten, in zwei Spielen ließen die Seahawks 269 Rushing-Yards zu und hier lag auch in der Regular Season die Schwäche in der starken Defense. Dennoch dürfte Seattle am Sonntag oftmals auf seine "Nascar"-Front wechseln, welche stärker auf den Pass-Rush ausgelegt ist als darauf, Running Backs zu stoppen, um so Manning in den Griff zu bekommen.
Michael Bennett, Cliff Avril und Clinton McDonald rotieren dann rein und sofort kommt mehr Druck: Aus dieser Front gelangen Seattle bereits 29 Sacks, wobei Avril und Bennett mit je neun Sacks glänzten. Hier steht Geschwindigkeit im Vordergrund, diese Formation wird die größte Herausforderung für Denvers O-Line. Vor allem das Matchup Zane Beadles gegen Michael Bennett verspricht ein Mismatch zugunsten der Seahawks. Im Gegenzug allerdings wird Manning das Personal der Seahawks erkennen und kann mit seiner Hurry-Up-Offense die jeweiligen Schwächen von Seattles D-Line ausnutzen.
Vorteil: ausgeglichen.
Linebacker
Nate Irving, Wesley Woodyard, Danny Trevathan vs. Bruce Irvin, Bobby Wagner, Malcolm Smith
Bobby Wagner ist das Herz von Seattles Front Seven. 144 Tackles, 24 davon in den Playoffs, sowie fünf Sacks und zwei Interceptions gelangen dem 23-Jährigen in dieser Saison. Dabei ist vor allem Wagners Konstanz beeindruckend: Seit dem neunten Spieltag hatte er in jedem Spiel mindestens neun Tackles. Außerdem wird Bruce Irvin in den Nickel Sub-Packages wichtig sein: Der 26-Jährige ist universal einsetzbar und kann Running Backs stoppen, wird aber auch im Passspiel gegen Welker und Thomas eine große Rolle spielen.
Denvers Defense dagegen erlebte lange Zeit eine durchwachsene Saison. Vor allem gegen das Passspiel hatten die Broncos große Probleme, nur fünf Teams waren hier in der Regular Season schlechter. Der Kreuzbandriss von Outside Linebacker Von Miller beraubte das Team zu allem Überfluss seines besten Verteidigers. Die Linebacker der Broncos sind, ähnlich wie die der Seahawks, noch vergleichsweise jung, der ehemalige Undrafted Free Agent Wesley Woodyard ist mit 27 Jahren der älteste Starter.
Überzeugen konnte dieses Jahr vor allem Danny Trevathan, dem 141 Tackles, drei Forced Fumbles und drei Picks gelangen. Gemeinsam mit der variablen D-Line schaffen es die Seahawks allerdings, mehr Druck auszuüben und erleichtern so der ohnehin starken Secondary ihren Job. Der Vorteil geht hier an den NFC-Champion.
Vorteil: Seattle.
Secondary
Champ Bailey, Dominique Rodgers-Cromartie, Duke Ihenacho, Mike Adams vs. Richard Sherman, Byron Maxwell, Kam Chancellor, Earl Thomas
Die Secondary der Seahawks ist schlicht und ergreifend derzeit das Beste, was es in der Liga gibt und wohl der Hauptgrund dafür, dass das Spiel gegen die Broncos spannend werden dürfte. Richard Sherman führt die Legion of Boom auf und abseits des Platzes an, acht Picks gelangen dem derzeit wohl besten Cornerback der Liga.
Verstärkt wird Sherman durch das beste Safety-Duo der NFL: Earl Thomas und Kam Chancellor stehen für diese Saison zusammen genommen bei 246 Tackles und vier Interceptions. In den beiden Playoff-Spielen ließ Seattle gegen New Orleans und Seattle lediglich zwei Touchdown-Pässe zu und erlaubte nur eine Passquote von 56,7 Prozent.
Zum Vergleich: Denver erlaubte es in seinen beiden Postseason-Duellen den gegnerischen Quarterbacks, 64,6 Prozent ihrer Pässe an den Mitspieler zu bringen. Mit Chris Harris verletzte sich gegen San Diego zu allem Überfluss noch einer der besten Slot-Cornerbacks der Liga. So muss Routinier Champ Bailey einspringen und helfen, Seattles Big Plays zu verhindern. Dabei wird er Dominique Rodgers-Cromartie unterstützen, der 27-Jährige (3 Picks) ist derzeit Denvers bester Cornerback.
Vorteil: Seattle.
Special Teams
Matt Prater (Kicker)/Britton Colquitt (Punter) vs. Steven Hauschka (Kicker)/Jon Ryan (Punter)
Statistisch haben beide Teams die besten Kicker dieser Saison in ihren Reihen. Kein Kicker mit mindestens 25 Versuchen hat eine bessere Trefferquote als Prater (96 Prozent) und Hauschka (94 Prozent). Dazu stellte Denvers Prater mit seinem 64-Yard-FG einen neuen NFL-Rekord auf. In der Postseason ist Hauschka bei sechs Versuchen noch ohne Fehlschuss, Prater erlaubte sich bei fünf erfolgreichen Field Goals einen Ausrutscher.
Während die Punter beider Teams im Mittelfeld der Liga agieren, ist Seattles Coverage Team schwer zu schlagen: In der kompletten Regular Season erlaubten die Seahawks nur 82 Punt-Return-Yards und keinen Touchdown. Allerdings verfügt Denver im Gegenzug über einen brandgefährlichen Return-Man: Trindon Holliday trug in dieser Saison bereits einen Kickoff und einen Punt zurück in die gegnerische Endzone.
Vorteil: ausgeglichen.
Coaches
John Fox vs. Pete Carroll
Die Erfahrung spricht für Fox. Der Coach der Broncos kann auf die Trainer-Erfahrung von 25 Jahren in der NFL bauen und geht mit Denver bereits in seinen zweiten Super Bowl - 2003 verlor er Super Bowl XXXVIII mit den Carolina Panthers 29:32 gegen die New England Patriots. In dieser Saison schaffte es Fox trotz mehrwöchiger Zwangspause aufgrund einer Herz-OP, sein Team nach der bitteren Playoff-Niederlage im Vorjahr gegen die Ravens wieder zu motivieren und endlich in das große Spiel einzuziehen.
Auch Carroll kann auf einige Jahre NFL-Erfahrung zurückgreifen, erlebte vor seinem Engagement in Seattle seine erfolgreichste Zeit allerdings im College als Coach der USC. Carroll lebt, im Gegensatz zum eher ruhigen Fox, vor allem von seiner emotionalen Art, er ist ein absoluter Players Coach. Nicht umsonst wurde er jetzt in einer geheimen Umfrage unter den Spielern zum mit Abstand beliebtesten Coach gewählt. Carroll, der auch bei Transfers das letzte Wort hat, hat sich seit 2010 sein Wunschteam aufgebaut und dabei nicht auf große Namen gebaut.
Beide Trainer sind so für ihre Teams ideal. Während Fox seinem erfahrenen Team in kritischen Momenten mit seiner ruhigen Art helfen wird, dürfte Carroll aus seinem jungen Team mit seinen Emotionen die letzten Prozentpunkte rauskitzeln.
Vorteil: ausgeglichen.
Prognose
Eine Märchen-Story könnte man mit beiden Teams stricken. Seattle einerseits als das Team mit lauter Late-Round-Picks und ehemaligen Free Agents, das der Franchise den ersten Super Bowl beschert und die Broncos auf der anderen Seite, die Peyton Manning zum ersten Titel seit John Elway führt und somit seine eigene Comeback-Story beendet.
Seattles Legion of Boom wird für Denver die größte Herausforderung in dieser Saison, doch die Broncos haben zu viele Waffen, um zum ersten Mal überhaupt für diese Spielzeit bei unter 20 Punkte gehalten zu werden. Zusätzlich kann Denver, unabhängig von möglichem schlechtem Wetter, mit Moreno und Mannings kurzen Pässen die Uhr kontrollieren. Seattle wird Probleme haben, mehr als 20 Punkte zu erzielen, solange Denver, im Gegensatz zu San Francisco, keine Big Plays zulässt. Die letzten beiden Male, als die beste Offense auf die beste Defense traf, setzte sich jeweils die Verteidigung durch. Die Giants besiegten in Super Bowl XXV die Bills um Jim Kelly (20:19), in Super Bowl XXXVII setzte sich Tampa Bay mit Coach Jon Gruden gegen Oaklands Power-Offense durch (48:21). Die Broncos können diesen Trend aber brechen. Tipp: 27:20 Denver. MVP Manning.
Seite 1: Die Offense beider Teams
Seite 2: Defense, Special-Teams, Coaches und Prognose
Alles zur NFL