In Wisconsin isst man gern. Der Bundesstaat im verschneiten Norden der USA ist berühmt für seine schmackhaften Bratwürste, kein anderer produziert so viel Käse. Dementsprechend liegt der Anteil der Übergewichtigen bei schlanken 66 Prozent.
In Wisconsin liebt man Football. Vor allem in Green Bay am Lake Michigan: Die Packers sind die einzige Franchise der NFL, die nicht in Privatbesitz ist. Stattdessen gehört das Team der Stadt - und auf eine verfügbare Dauerkarte warten Fans im Schnitt mehrere Jahrzehnte. Mit 13 Titeln, vier davon in der Super-Bowl-Ära, ist man in "Title Town" der Konkurrenz weit voraus.
Wenn man diese Leidenschaften verbindet, steht auf der Speisekarte in Lambeau Field plötzlich ein 1,6 Kilogramm schwerer Burger. Mit Bacon, Rind, Wild, Zwiebelringen, ein bisschen Grünzeug, jeder Menge Käse - und noch mehr Bacon. Der Name der 20-Dollar-Monströsität, die in der Divisional Round gegen die Dallas Cowboys serviert wurde: "Big Game Burger".
Passt ganz gut zum derzeitigen Quarterback.
Geniale Routine
Der lieferte nämlich gegen die Gäste aus Texas mal wieder ein starkes Spiel ab und legte beim 26:21 317 Yards und drei Touchdowns auf - natürlich ohne Interception. Trotz einer schmerzhaften Wadenverletzung, die ihn seit Wochen plagt und seine Mobilität empfindlich einschränkt, nahm er den Gegner nach der Pause förmlich auseinander. "Sein Auftritt in der zweiten Halbzeit, besser geht es nicht", rühmte Head Coach Mike McCarthy.
Die Offense der Packers: "Ein bisschen Freestyle"
Was die verwöhnten Fans im heimischen Stadion mittlerweile gewohnt sind: Seit 2012 leistete sich der 31-Jährige dort nämlich keinen Pick mehr. Bei 506 Pässen, darunter 41 Touchdowns. Natürlich blieben die Packers zuhause in der abgelaufenen Saison unbesiegt. Rodgers ist so gut, dass Genialität bei ihm zur Routine verkommt.
Karrierestart auf der Bank
Das war nicht immer so. Denn als der in Kalifornien aufgewachsene und aufs College gegangene Nachwuchs-Quarterback 2005 von den Packers gedraftet wurde, leuchtete dort noch der Stern von Packers-Legende Brett Favre. Und der hatte trotz seiner fast 36 Jahre überhaupt keine Lust aufs Abstellgleis. Und schon gar nicht auf einen Lehrling. "In meinem Vertrag steht nichts davon, dass ich Aaron Rodgers auf die NFL vorbereiten muss", ätzte der "Gunslinger" gegenüber "ESPN". "Ich muss überhaupt niemandem helfen. Kein bisschen."
So nahm Rodgers, den manche sogar als potenziellen Top-Pick gehandelt hatten, erst einmal zwei Jahre hinter Favre auf der Bank Platz. Als der sein Karriereende nach der Saison 2006 kurzfristig zurücknahm, wurde daraus ein drittes Jahr, obwohl ihm der Startplatz bereits versprochen worden war. "Ich würde lügen, wenn ich sage, dass es keine große mentale Hürde ist", gab er im Sommer 2007 zu. "Ich habe jetzt ja wieder kaum Chancen auf Einsatzzeit."
Trotzdem musste die Nummer 12 Jahre später eingestehen, dass es auch Vorteile hatte, nicht sofort ins kalte Wasser geworfen zu werden. Er arbeitete hart an seiner Fitness, seiner Technik - und lernte von einem der ganz Großen. Übernahm dessen Stärken, aber vermied dessen Schwächen.
Einfache Siegesformel
Denn wo Favre, ganz Revolverheld, neben einer Unzahl Touchdowns auch jede Menge Interceptions auflegte - stolze 336 Picks in seiner Karriere - agiert sein Nachfolger überlegter und legt besonderen Wert darauf, Turnover um jeden Preis zu vermeiden. "Er tut alles dafür, damit der Ball in unserem Besitz bleibt", erklärt Rodgers' Lieblings-Receiver Jordy Nelson. "In jedem Spiel sagt er: 'Wenn wir ohne Turnover bleiben, dann gewinnen wir', was ja normalerweise auch stimmt."
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Die Zahlen sind beeindruckend: Nur zweimal in sieben Jahren als Starter kam eine zweistellige Anzahl an Interceptions zusammen, seit 2011 sind es weniger als sieben pro Spielzeit. Zum Vergleich: Peyton Manning kommt im gleichen Zeitraum auf zwölf pro Saison, Tom Brady auf durchschnittlich zehn. In der Geschichte der NFL ging noch kein Quarterback so sorgsam mit dem Football um wie Rodgers.
Der perfekte Quarterback?
Doch das ist nur ein Teil dessen, was Rodgers under Center ausmacht. Er ist das QB-Komplettpaket, Vollausstattung, Luxusedition. 1,88 Meter groß, athletisch, beweglich, flink. Er hat Bradys Fastball, Joe Flaccos Arm, Russel Wilsons Fähigkeit, plötzlich zu entwischen und ein First Down zu erlaufen. Niemand feuert seine Pässe so schnell und dabei so präzise wie Rodgers, auch außerhalb der Pocket, auf der Flucht vor Pass Rushern.
Auch deshalb wird der MVP von 2011 (45 TDs, 6 INTs!) bereits als einer der besten Quarterbacks aller Zeiten angesehen - dabei könnte er gut und gerne noch weitere sieben Jahre spielen. Seine Wikipedia-Seite listet gleich 41 NFL-Rekorde auf, in den ersten 100 Spielen hat sich statistisch noch niemand so gut verkauft. "Wo geht die Reise hin? Hoffentlich kann ich dieses Niveau halten", sagt Rodgers. "Ich denke, ich habe die Messlatte ziemlich hoch gelegt, und daran will ich mich messen lassen."