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Andy Dalton: "Red Rifle" im Anschlag

Die neue und verbesserte Version von Andy Dalton fängt schon bei der Frisur an
© getty

Mit sieben Siegen aus den ersten sieben Partien haben sich die Cincinnati Bengals in der AFC zum ernsthaften Titelanwärter gemausert. Einen großen Schritt in seiner Entwicklung hat auch Quarterback Andy Dalton gemacht. Warum gehört die "Red Rifle" plötzlich zu den besten QBs der NFL? Und welche Makel muss er noch loswerden? In der Nacht auf Freitag treffen die Bengals im AFC-North-Duell auf die Cleveland Browns. SPOX zeigt das Spiel ab 2.25 Uhr im LIVESTREAM FOR FREE.

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Am 12. Juli fand das All-Star-Game der Major Baseball League in Cincinnati statt. Im Rahmen der Festivitäten trug man auch ein Softballspiel im Great American Ball Park aus, traditionell eine Plattform für lokale und nationale Berühmtheiten. So trat auch der Quarterback des ansässigen NFL-Teams ans Schlagmal. Mit ihm hatten die Bengals in vier Jahren insgesamt 40 Spiele gewonnen und viermal die Playoffs erreicht - nach zuvor nur drei Postseason-Auftritten in zwei Jahrzehnten.

Und Andy Dalton wurde ausgebuht.

Knapp vier Monate später würde sich das kaum jemand trauen in Cincinnati. Die Bengals stehen mit einer makellosen 7-0-Bilanz da - und Dalton, man mag es kaum glauben, gehört zu den MVP-Favoriten. Dalton in einer Reihe mit Aaron Rodgers und Cam Newton, nur knapp hinter dem derzeitigen Topfavoriten Tom Brady? Durchaus verdient. 15 Touchdowns (Platz fünf), 8.6 Yards pro Passversuch (Platz drei), ein QB-Rating von 107,6 (Platz vier). Bester Saisonstart der Franchise-Geschichte, Offensivspieler des Monats Oktober in der AFC.

Plötzlich jubeln Dalton Fans und Experten zu. Was hat sich geändert?

Buhrufe? Kind? Frisur?

Vielleicht fing alles an diesem Sonntag im Juli an - an dem er die Buhrufe übrigens mit einem Monster-Homerun beantwortete. Das glaubt zumindest sein Offensive Coordinator Hue Jackson. "Ich werde nicht behaupten, dass es ihn nicht gestört hat", so Jackson gegenüber dem MMQB. "Das hat es. Wenn man so viel Erfolg hat wie er - vier Jahre in der Liga, viermal in den Playoffs - dann tut es weh, in deiner eigenen Stadt ausgebuht zu werden." Er habe mit seinem Homerun die Antwort gegeben: "Ihr mögt mich vielleicht jetzt gerade nicht, aber bald werdet ihr mich lieben."

Eine nette Geschichte, und es gehört nicht umsonst zu jeder guten Legendenstory dazu, dass man als Sportler Motivation aus (vermeintlicher) Ablehnung zieht - sei es die späte Draft-Position, der fiese High-School-Coach oder Trash Talk des Gegners. Kein Zweifel, die Buhrufe hatten gesessen, auch wenn es Protagonist selbst im Star-Telegram als "unschön, aber so war es eben" abtut. Aber ob sie entscheidend waren?

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Andere bringen seinen mittlerweile 15 Monate alten Sohn Noah Andrew ins Spiel, oder sogar seine neue Frisur: Die 08/15-Kurzhaarfrisur ist einem modischen, Gel-gestylten Schnitt gewichen. "Ich weiß nicht, ob es sich auf das Geschehen auf dem Spielfeld auswirkt - ich meine, vielleicht? - aber er sieht gut aus", lachte seine Frau Jordan. Also das alte "Baller-Matra"? Look good, feel good, play good?

Fakt ist auf jeden Fall, dass der mittlerweile 28-Jährige noch einmal einen Sprung gemacht hat. Als Spieler, wie auch als Persönlichkeit.

Feuer frei für die "Red Rifle"

In der Offseason arbeitete der Rotschopf nun schon zum dritten Mal mit Quarterback-Flüsterer Tom House zusammen. Der mittlerweile 68 Jahre alte frühere Pitcher gilt als QB-Guru schlechthin und schleift unter anderem die Ecken und Kanten von Tom Brady und Drew Brees glatt. "Das hat mir in Sachen Mechanik weitergeholfen", verriet Dalton. "In meiner Bewegung hat sich nichts drastisch geändert, aber im Feintuning, um aus jeden Wurf das Optimum herauszuholen."

Resultat: Seine "Release Time", also die durchschnittliche Zeit zwischen dem Erhalten des Snaps und einem Pass, ist auf knapp über zwei Sekunden zusammengeschrumpft - nur Brady ist in dieser Saison noch schneller. Damit macht Dalton seinem Spitznamen "Red Rifle" alle Ehre. "Weil er den Ball so schnell loswird, muss ich meinen Kopf noch schneller drehen", bestätigte Receiver Mohamed Sanu. "Er wird immer besser, das ist unglaublich." Durch den schnelleren Release gehen einerseits die kassierten Sacks zurück (nur neun bislang), andererseits steigt die Prozentzahl der gefangenen Pässe (derzeit 66,2 Prozent, das wäre eine persönliche Bestmarke).

Dalton als Anführer

Doch nicht nur die Stats sind angestiegen. Auch Daltons Ansehen im Huddle, in der Offensive, ja im ganzen Team ist gewachsen: In seiner fünften NFL-Saison ist er zum Führungsspieler gereift. Gegen den Rivalen und Angstgegner Pittsburgh steckte er in Week 8 zwei Interceptions locker weg und führte das Team kurz vor Schluss zum spielentscheidenden Touchdown. "Er spricht mehr und lässt sich nicht unterkriegen", erklärte Running Back Jeremy Hill. "Er geht raus und kämpft. Diesen Andy sehen wir schon das ganze Jahr."

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Die Franchise hat ihm die Zügel in die Hand gedrückt. Ihm, einem Playoff-Versager, der den Kopf einzieht, wenn es eng wird. "Wir kriegen das hin", hatte ihm Jackson nach der Playoff-Pleite gegen Indianapolis im Januar gesagt. "Aber es muss mit dir anfangen. Du musst mehr tun als jemals zuvor, bei allem was wir tun an der Spitze stehen. Er wusste, dass wir ihm vertrauen. Aber ich wollte, dass er ein Anderer wird."

Mit schon drei Game-winning Drives in dieser Spielzeit hat Dalton die passende Antwort gegeben. Gegen die Seahawks lag man bereits mit 17 Punkten zurück, doch es war der QB, der an der Seitenlinie seine Teamkollegen beruhigte und aufmunterte - und dann in drei Drives die fehlenden 17 Punkte auflegte, um eine Verlängerung zu erzwingen. Team-Meetings der Offensivspieler? Die werden seit dieser Saison von Dalton geleitet, nicht von der Coaching Staff. "Ich würde nicht sagen, dass ich einen anderen [Andy Dalton] sehe", beobachtete Running Back Giovani Bernard. "Ich sehe aber einen, der sich noch wohler fühlt. [...] Er hat bisher einen tollen Job gemacht, er ist unser Anführer und wir folgen ihm."

Die Unterstützung ist da

Ein Anführer, der in dieser Saison bislang das Beste aus seiner Gefolgschaft herausholt. Seit 2011 bildet Dalton mit Receiver-Superstar A.J. Green ein erfolgreiches Duo - doch mittlerweile stehen die beiden nicht allein. Mit Hill und Bernard hat man ein zweiköpfiges Monster im Backfield, welches dem Gegner keine Verschnaufpausen gönnt. Beide agieren hinter einer starken Offensive Line, die ihrem Quarterback bislang wunderbar den Rücken freihält.

Und mit Green (649 YDS, 4 TDs), Marvin Jones (333 YDS, 3 TDs) und vor allem dem im letzten Jahr verletzten Tight End Tyler Eifert (6 TDs) kann Dalton den Ball wunderbar verteilen. Erzwungene Pässe in Richtung Green, auf den sich gegnerische Defenses einstellen konnten, sind Geschichte. "Jedes Jahr kommt Andy nach der Offseason zurück und wirft den Ball besser als vorher", so Eifert. "Er versteht die Defenses und weiß, wo der Ball hin muss."

Auf dem Papier sind die Bengals damit ein ernsthafter Contender. Der Spitzenplatz in der AFC North ist ihnen ohnehin kaum noch zu nehmen - Pittsburgh hat als erster Verfolger bereits vier Niederlagen auf dem Konto und muss in Week 14 noch nach Ohio reisen. Auswärtsspiele in Arizona (Week 11) und Denver (Week 16) könnten über ein Freilos in der ersten Runde entscheiden, oder sogar über Heimvorteil in der AFC. Mit einem "Elite-Quarterback" kein unrealistisches Ziel?

Was macht die Prime-Time-Seuche?

Andy Dalton? Elite? Daran muss man sich erst noch gewöhnen. Und auch er muss noch ein paar Dämonen der Vergangenheit austreiben, um die bislang so glänzende Saison zu bestätigen. Ein Sieg bei den Browns wäre ein Anfang, vor den Augen der Nation im Thursday Night Game. Schließlich gibt es da noch Daltons "Prime-Time-Seuche": In Abendspielen ist seine Bilanz bisher schwach (3-7), im vergangenen Jahr gab es eine derbe 3:24-Heimschlappe. Gegen Cleveland. Daltons Bilanz? 10/33, 86 Yards, drei Picks, Quarterback Rating 2.0.

"Nicht gerade mein bestes Spiel. Das muss ich abhaken", sagte Dalton am Montag. "Das war eine einmalige Sache." Gegen den Division-Rivalen um Quarterback Johnny Manziel kann er diese Worte bestätigen und den Franchise-Startrekord weiter ausbauen.

Und dann klappt es vielleicht auch mit dem ersten Playoff-Sieg seiner Karriere im Januar. Wobei die Nummer 14 bereits ganz andere Ziele ins Tigerauge gefasst hat: "Wollen wir ein Playoff Game gewinnen? Absolut. Diesen Ballast wollen wir loswerden. Aber deswegen spielt man dieses Spiel nicht. Man spielt, um das ganze Ding zu gewinnen."

Das SPOX-NFL-Tippspiel, Week 9:

Florian RegelmannStefan PetriAdrian FrankeMarcus BlumbergBastian
Strobl
Browns @BengalsBengalsBengalsBengalsBengalsBengals
Packers @PanthersPackersPanthersPackersPackersPackers
Redskins @PatriotsPatriotsPatriotsPatriotsPatriotsPatriots
Titans @SaintsSaintsSaintsSaintsSaintsSaints
Dolphins @BillsDolphinsDolphinsBillsBillsDolphins
Rams @VikingsVikingsRamsRamsRamsVikings
Jaguars @JetsJetsJaguarsJaguarsJetsJets
Raiders @SteelersSteelersSteelersSteelersSteelersRaiders
Giants @ BuccaneersGiantsGiantsGiantsGiantsGiants
Falcons @49ersFalconsFalconsFalconsFalcons49ers
Broncos @ColtsBroncosBroncosBroncosBroncosBroncos
Eagles @ CowboysCowboysEaglesEaglesCowboysEagles
Bears @ ChargersChargersBearsBearsChargersBears
Bye: Lions, Chiefs, Cardinals, Seahawks, Ravens, Texans
Letzte Woche:9-59-510-4

10-4

9-5
Insgesamt83-3672-4779-4067-52

68-51

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