Colin Kaepernick bekommt zum Geburtstag die weiße Flagge der San Francisco 49ers, während in Tampa Bay einige Spieler wohl noch immer Gänsehaut haben. Das Comeback der Woche liefern die Denver Broncos, das Verletzungspech schießt derweil in Week 8 massiv um sich. Außerdem: Der nächste Big Point für die Bengals, Newtons Superman-Moment - und Phillips macht weiter Witze mit dem Essen. Der Hangover bewahrt den Durchblick.
Kurz vor dem Karriereende steht...Colin Kaepernick - zumindest was die Karriere in San Francisco angeht. Dem Quarterback, der die NFL vor drei Jahren noch im Sturm eroberte, aktuell zuzuschauen, ist nicht wirklich ein Vergnügen: Kaepernick bekommt keine Pässe zu offenen Receivern, hat nach wie vor große Probleme in der Pocket und wirkt oftmals auf dem Platz völlig verloren.
Das sahen mittlerweile offenbar auch die Verantwortlichen so, denn am späten Montagabend sickerte durch, dass Kaepernick ab sofort nur noch Backup ist - und durch Blaine Gabbert (!) ersetzt wird. Blaine Gabbert! Es muss wirklich schlecht um San Franciscos Passing Offense stehen (tut es). Es ist der verzweifelte Versuch einer Franchise, noch irgendetwas aus der Saison raus zu holen. Gleichzeitig aber ist es auch ein klares Signal an Kaep.
San Francisco kann sich nach der Saison von dem 27-Jährigen trennen, ohne irgendwelche finanziellen Konsequenzen einstecken zu müssen. Einen Tag vor Kaepernicks Geburtstag ließen sie das den Mann, der vor drei Jahren noch die Zukunft der 49ers, und mit seinem Spiel für manche gar die Zukunft der NFL, zu sein schien, deutlich wissen.
Kaepernicks teamfreundlicher Vertrag macht aber auch einen Trade nicht komplett undenkbar. Dass Kaep 2016 noch ein 49er sein wird, ist Stand Jetzt sehr schwer vorstellbar. San Francisco ist im Re-Build-Mode, was am Montagabend zusätzlich unterstrichen wurde: Die Niners gaben Tight End Vernon Davis, mutmaßlich für einen Sechst- und einen Siebtrunden-Draft-Pick, an die Denver Broncos ab.
Der emotionale Moment der Woche: Kwon Alexander. Es ist schwer sich auch nur auszumalen, wie die vergangenen Tage für Kwon Alexander ausgesehen haben müssen. Der Linebacker der Tampa Bay Buccaneers hatte in der Nacht zum Samstag erfahren, dass sein 17-jähriger Bruder während einer Auseinandersetzung in Alabama erschossen worden war.
"Es war hart Mann. Ich habe meinen kleinen Bruder verloren. Aber ich weiß, dass er wollen würde, dass ich stark bin", berichtete Alexander der Tampa Bay Times dann nach dem Sieg über die Atlanta Falcons am Wochenende und fügte hinzu: "Ich wollte diesen Sieg heute meinem Bruder widmen. Ich weiß, dass er jetzt auf mich herab schaut und lächelt."
Dass Alexander überhaupt spielte, war schon überraschend - der Auftritt des Rookies war umso beeindruckender: Der 21-Jährige führte die Bucs was Tackles angeht an (11), erzwang seinen ersten Fumble in der NFL und schnappte sich eine Interception - er hatte maßgeblichen Anteil an Tampa Bays überraschendem Sieg. Ein sichtlich gerührter Logan Mankins überreichte dem schluchzenden und merklich mitgenommenem Alexander anschließend in der Kabine den Game Ball, es waren herzergreifende Szenen in Tampa.
Der Flop der Woche: Die Verletzungsmisere. Es ist für Fans genau wie für jeden Fantasy-Football-GM immer ärgerlich, wenn die Saison für einen Superstar aufgrund einer Verletzung vorzeitig beendet ist. Doch was am Sonntag, eine Woche, nachdem sich bereits Arian Foster schwer verletzt hatte, passierte, spottete jeder Beschreibung: Steelers-Running-Back Le'Veon Bell zog sich eine Knieverletzung zu, seine Saison ist genauso beendet wie die von Ravens-Receiver Steve Smith (Achillessehnenriss) und 49ers-RB Reggie Bush (Innenbandriss). Chargers-Receiver Keenan Allen (Nierenverletzung) fällt wohl ebenfalls länger aus.
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Während Bells Ausfall die Playoff-Ambitionen der Steelers ernsthaft auf die Probe stellt, sorgte die Verletzung von Smith ligaweit für das lauteste (digitale) Raunen. Stand jetzt ist es nach wie vor der Plan des Routiniers, die Karriere nach der Saison zu beenden - doch es wäre ein sehr bitterer Abgang für einen der besten Receiver des vergangenen Jahrzehnts. Zumindest Ravens-Coach John Harbaugh machte den Fans kurz nach dem Spiel Hoffnung, als er erklärte: "Ich habe so ein Gefühl, dass Steve Smith nochmal zurückkommt. Ich liebe ihn, ich respektiere ihn und ich bewundere ihn. Das habe ich ihm gesagt. Er wird zurückkommen."
Weitere große Namen, die es am Wochenende erwischte: Bears-RB Matt Forte wird infolge seiner Knieverletzung wohl keine Operation brauchen, doch eine mehrwöchige Pause droht auch ihm. Jets-Quarterback Ryan Fitzpatrick verletzte sich an der Hand und fällt wohl ebenfalls länger aus, New York sucht bereits nach QB-Alternativen (Kaepernick, anyone?). Für den größten Schocker sorgte Seahawks-Receiver Ricardo Lockette, der nach einem heftigen Zusammenprall lange regungslos liegen blieb. Doch kurz nach dem Spiel gegen die Cowboys gab es erste Entwarnung und Lockette wurde bereits erfolgreich operiert, um einen Bänderschaden zu reparieren.
Der Superman-Moment der Woche: Es war nicht immer ein schönes Spiel im böse verregneten Charlotte zwischen den Carolina Panthers und den Indianapolis Colts. Beide Teams leisteten sich anfangs Turnover auf Turnover und erst im Laufe der Partie zogen die Panthers davon - auch wenn es am Ende ein absolutes Herzschlagfinale gab, das Carolina sicherlich nur zu gerne vermieden hätte und definitiv auch hätte vermeiden können.
Doch über weite Strecken machte Panthers-Quarterback Cam Newton den Unterschied aus. Nicht immer im Passing Game, aber mit vielen bewusst eingestreuten Run. Aber um einen solchen geht es hier nicht: Es war vielmehr eine der wenigen Szenen, in denen der Pass-Rush der Colts mal richtig durch kam. Und Newton? Der ließ einfach mal fünf Gegenspieler stehen. Wie genau ihm das gelang weiß er wahrscheinlich selbst nicht mehr genau...
Der Big Point der Woche: Der Bengals-Sieg in Pittsburgh. Nach dem ersten Drive der Steelers am Sonntag schien klar: Pittsburgh ist heute nicht zu Scherzen aufgelegt. Die Steelers hatten für das so wichtige Division-Duell Quarterback Ben Roethlisberger zurück bekommen und marschierten direkt zum Touchdown das Feld runter. Allein schlagen sollten sie Cincinnati nicht.
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Die Bengals zeigten nämlich zum wiederholten Male in dieser Saison, dass sie in diesem Jahr aus hartem Holz geschnitzt sind: Cincinnati gab sich nie auf und obwohl Andy Dalton zwei Picks warf und seine schwächste Saisonleistung ablieferte, blieben die Bengals im Spiel - und belohnten sich spät.
Im Zusammenhang mit der Bell-Verletzung (siehe oben) war das die Vorentscheidung in der AFC North. Die Bengals werden sich die Division in diesem Jahr nicht mehr nehmen lassen und streiten mit Denver und New England um den Top-Seed. Bengals-Fans dürfen darauf hoffen, dass ihnen die inzwischen fast obligatorische Wild-Card-Pleite (es wäre seit 2011 die fünfte in Folge!) in dieser Saison erspart bleibt.
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Das Debakel der Woche: Die (nächste) Lions-Pleite. Detroit zog zu Beginn der Woche mehrere Reißleinen, die indiskutabel schlechte Offensive Line sowie die Offense insgesamt, die ihren Rhythmus in dieser Saison nie wirklich fand, sollten einen Neustart erhalten. Der wird wohl mindestens noch bis nach der jetzt anstehenden Bye Week auf sich warten lassen - denn eine wirkliche Veränderung war im Spiel gegen die Kansas City Chiefs nicht festzustellen.
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Die Lions verloren mit 10:45, ließen sechs Sacks zu und Matthew Stafford warf zwei weitere Interceptions. Also scheinbar alles beim Alten in der Motor City - und somit womöglich bald alle Zeichen auf Umbruch. Head Coach Jim Caldwell, der über ein beachtliches Repertoire als QB-Coach verfügt, wurde eigentlich 2014 geholt, um Stafford weiter zu bringen. Tatsache ist aber: Der 27-Jährige stagniert, bestenfalls, seit über einem Jahr.
Das Team scheint sich und die Saison aufgegeben zu haben und die Gerüchte häufen sich, dass Caldwell der nächste Coach ist, der kurz nach einem London-Trip seinen Hut nehmen muss. Wirklich überraschend käme das zum jetzigen Zeitpunkt nicht.
Das Comeback der Woche: Denvers Offense. Nicht wenige Broncos-Fans dürften am späten Sonntagabend verdutzt auf ihren Bildschirm gestarrt und sich mehrfach selbst gekniffen haben. Denvers Offensivabteilung, bislang vor allem mit Interceptions von Peyton Manning, einem nicht funktionierenden Running Game und einer desolaten Offensive Line aufgefallen, lieferte gegen die Green Bay Packers plötzlich ihre mit Abstand beste Saisonleistung ab.
Das erfreuliche aus Broncos-Sicht: Die Leistungsexplosion betraf alle Aspekte der Offense. Die Pass Protection und das Run-Blocking funktionierten deutlich besser, Manning brachte weite Pässe an und sparte sich die besorgniserregenden mentalen Fehler der vergangenen Wochen. Im Gegenzug schenkte sich Demaryius Thomas seine Drops, während sowohl C.J. Anderson, als auch Ronnie Hillman gute Rushing-Zahlen auflegten.
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Kurzum: Es war ein Spiel wie im Traum für Coach Gary Kubiak. Die Tatsache, dass Green Bay verletzungsbedingt defensiv einige Spieler fehlten sollte darüber nur ein wenig hinwegtäuschen, die spannende Frage ist vielmehr: War das nur ein kurzes Strohfeuer nach der Bye Week? Oder kann Denvers Offense jetzt konstant zumindest solide Spiele abliefern? In dem Fall stünde uns womöglich ein episches AFC-Conference-Final zwischen den Broncos und den Patriots bevor. Den Vorgeschmack darauf gibt es bereits in Week 12...
Der Tweet der Woche: Wade Phillips! Bleiben wir noch kurz in Denver. Nachdem die Broncos-Defense von Coordinator Wade Phillips Aaron Rodgers auf 77 Passing-Yards gehalten hatte, sorgte der 68-Jährige für einen unerwarteten Lacher. Via Twitter spielte Phillips zunächst auf ein Sandwich aus einem altbekannten Manning-Werbespot an - und schob hinterher, dass er jenes besonders gerne mit Käse, Green Bays ausgemachte Spezialität, isst.
Eine kleine (und harmlose) Stichelei in Richtung Packers und um dem ganzen noch die Krone aufzusetzen: Es war nicht Phillips erste derartige Anspielung via Twitter. Nach dem knappen Sieg über die Cleveland Browns vor einigen Wochen erklärte er: "Ich hatte gestern ein paar Brownies. Die waren hart, aber letztlich zufriedenstellend." In diesem Sinne: Wohl bekomm's!
Die Stars der Woche: Drew Brees und Eli Manning. Um das völlig verrückte Spektakel im Big Easy kommt natürlich auch der Hangover nicht herum. 13 Passing-Touchdowns? Ein neuer Rekord, der die Bestmarke aus dem Jahr 1969 (!) egalisierte. Sieben Passing-Touchdowns von Drew Brees? Einstellung des NFL-Rekordes. Sechs Touchdown-Pässe von Eli Manning? Eigener Karriere-Bestwert. Defensive Backs? Wir hüllen den Mantel des Schweigens darüber.
Naja, fast: Während New York weder die Mitte des Feldes, noch den schnellen Brandin Cooks jemals in den Griff bekam, kamen die Saints mit Odell Beckham Jr. trotz regelmäßiger doppelter Manndeckung nie zurecht. Cornerback Brandon Browner entschied sich irgendwann, lieber Foul auf Foul zu verteilen, anstatt weitere Big Plays zuzulassen. Soviel dazu. Die herrliche Ironie, dass der 52:49-Shootout beinahe durch einen Defensive-Touchdown entschieden wurde, blieb uns leider verwehrt. Trotzdem halten wir es ganz mit Brees: "Das war ziemlich wild." Das war es Drew, und vielen Dank dafür!
Die Saison beendet ist mit dieser Woche für...Vor einigen Wochen hatten mehrere Teams bereits den SPOX-Stempel mit dem Label "Goodbye-Playoff-Rennen" erhalten: Die Texans, die Chiefs, die Lions und die Saints durften der Hangover-Vorhersage zufolge nach Week 5 schon den Blick auf den kommenden Draft richten.
Drei Wochen später hat sich dieses unrühmliche Teilnehmerfeld um einige Teams erweitert: Die Chargers plagen von Woche zu Woche größere Verletzungssorgen (das jüngste Opfer ist wie bereits angesprochen Keenan Allen) und die Niederlage gegen Oakland war mindestens so demoralisierend wie die nächste enge Pleite gegen Baltimore. Apropos: Auch die Ravens (spätestens mit der Smith-Verletzung) und die Browns liegen mittlerweile zu weit zurück und werden sich auch im AFC-Wildcard-Rennen nicht mehr zurückmelden.
Während diese drei Teams ihren Fans im weiteren Saisonverlauf zumindest noch einige unterhaltsame Spiele liefern sollten, sieht es anderswo ganz düster aus: Die 49ers hissen mit dem Kaepernick-Gabbert-Tausch die weiße Flagge und Tennessee erinnert ohne Marcus Mariota verdächtig an die Titans aus der Vorsaison. Übrigens: Head Coach Ken Whisenhunt steht bei drei Siegen und 20 Pleiten als Chef in Tennessee. Ugh.
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