6. Die Seahawks lassen Wilson weiter machen
Duelle zwischen den Seahawks und Patriots haben in der jüngeren Vergangenheit selten enttäuscht - der haarscharfe Seattle-Sieg am Sonntagabend machte da keine Ausnahme! Dabei bestätigten beziehungsweise intensivierten sich einige Annahmen zu beiden Teams:
- Die Seahawks-Offense ist unfassbar stark - wenn Seattle Russell Wilson den Ball in die Hand gibt. "Let Russ cook" war in Woche 1 bei den Falcons bereits ein Erfolg, gegen eine um Welten stärkere Patriots-Secondary war Wilson abermals kaum zu stoppen und verteilte den Ball extrem gut. Trotz des frühen Pick Six, der mitnichten auf Wilsons Kappe ging. Seattle kombinierte gegen die Patriots abermals kurze, offene Pässe über Screens, Rub Routes und viele Motion Plays sehr gut mit den tiefen Shots, insbesondere wenn Lockett oder Metcalf klare Eins-gegen-Eins-Duelle sahen. Davor war auch Stephon Gilmore gegen Metcalf nicht ausgenommen. In Kombination mit Wilsons Scrambling-Fähigkeiten ist es kaum machbar, gegen die Seahawks konstant Man Coverage zu spielen.
- Bei allem Lob über Seattles Offense sollte allerdings nicht untergehen, wie anfällig diese Defense ist. Das war gegen Atlanta zu sehen und auch Cam Newton mit einem alles andere als schlagkräftigen Receiving Corps pflügte durch diese Secondary. Insbesondere auf Julian Edelman hatten die Seahawks keine Antwort. Das kann gutgehen, weil man Wilson hat - doch Seattle braucht defensiv mehr Stabilität, ansonsten setzt man seine Offense Woche für Woche enorm unter Druck.
- New England derweil macht weiter Spaß mit seinen Run Packages, seinen Designs für Cam Newton - der abermals elf Mal lief - und wird mit dieser Offense Teams Probleme bereiten können; wenngleich beim allerletzten Play etwas mehr Kreativität angebracht gewesen wäre. Aber wenn die Patriots wirklich im Januar noch Alarm machen wollen, werden sie womöglich abermals auf dem Receiver-Trade-Markt aktiv werden müssen; dieses Mal für einen echten Outside-Receiver.
- Jakob Johnson ist ein exzellenter Lead-Blocker, der perfekt zu Cam Newton passt. Gegen Seattle wurde er mit seinem ersten Touchdown belohnt!
7. Cowboys vermeiden Fehlstart mit viel Dusel
Ein absurder Onside Kick - bei dem es so wirkte, als hätten die Falcons-Spieler nicht realisiert, dass sie den Ball sichern müssen - rettete die Cowboys am Ende einer furiosen Aufholjagd gegen die Atlanta Falcons. 20:0 hatte Atlanta nach dem ersten Viertel geführt, 29:10 stand es zur Halbzeitpause. Und die Falcons ließen Gelegenheiten liegen, wie etwa das Trick Play, an dessen Ende Julio Jones den Ball nicht kontrollieren konnte. Statt mit einem Touchdown endete dieser erste Drive der zweiten Hälfte mit einem Punt.
Ultimativ hatten die Cowboys also Glück und kamen mit einem blauen Auge davon, der komplette Fehlstart wurde verhindert. Aber man sollte es deshalb nicht als geringeres Warnsignal auffassen: Dallas leistete sich vier Fumbles, hatte zwei überaus kuriose Fake Punts in der eigenen Hälfte - beide gingen schief und nicht zum ersten Mal hatte Prescott hinter einer angeschlagenen Offensive Line sichtbare Probleme, während die eigene Secondary von Matt Ryan phasenweise zerlegt wurde. Immerhin: Rookie-Corner Trevon Diggs hatte einige sehr gute Momente.
Dennoch gilt: Wenn Dallas wirklich oben mitspielen will, darf man sich derartige Fehler wie gegen Atlanta, ob auf dem Feld oder an der Seitenlinie, nicht leisten. Die Falcons derweil sind das erste NFL-Team aller Zeiten, das mit 39 Punkten und ohne eigenen Turnover ein Spiel verliert.
8. Baltimore eine Klasse für sich?
230 Rushing-Yards für Baltimore sind inzwischen schon so vertraut, dass man sich kaum noch darüber wundert. Ein 44-Yarder für J.K. Dobbins, Gus Edwards hatte einen 22-Yard-Run, Lamar Jackson lief 16 (!) Mal für 54 Yards - und auch Mark Ingram trug sich unter anderem mit einem 30-Yard-Run in den Boxscore ein. Die Ravens liefen gegen eine Texans-Defense, die sich defensiv auf die Big Plays durch die Luft fokussierte, im Schnitt für 6,2 Yards pro Run. Houston hatte bei der 16:33-Niederlage zu häufig keine Antwort und nach einem dominanten Auftritt der Passing-Offense in Week 1 dominierten die Ravens dieses Mal wieder am Boden.
Vielleicht kein Touchdown unterstreicht dabei Baltimores DNA besser als der Run von Ingram zu Beginn des Schlussviertels, der für das 30:16 und damit die Vorentscheidung sorgte. Es war Fourth-and-1 an der 30-Yard-Line der Texans. Die Ravens hielten gewohnt aggressiv den Fuß auf dem Gaspedal, der Ball ging allerdings nicht an Jackson, den dynamischsten Spieler der Liga.
Es war stattdessen ein direkter Snap zu Ingram. Baltimore hatte sein schweres Personal aufs Feld gebracht, doch zur linken Seite hatte Baltimore fünf Blocker gegen fünf Verteidiger, inklusive dem Linebacker auf dem Second Level. Der äußerste Verteidiger an der Line of Scrimmage (EMOL) wird dabei nicht direkt geblockt, ihn übernimmt der Fullback als Lead-Blocker. Dafür können der Tight End und der Lineman (Nummer 86 und 65) sich im Double-Team um den nächsten Verteidiger sowie den Linebacker kümmern.
Das Resultat war ein offener Touchdown-Run für Ingram. Die Chiefs mit ihrer Offense kann man nicht herabstufen, aber der frühe Saisoneindruck geht in die Richtung, dass Baltimore und Kansas City in ihrer eigenen Kategorie spielen.
9. Die Rams sind eine Positiv-Überraschung nach Woche 2
Erst der knappe Sieg über die Cowboys, dann ein ungefährdeter 37:19-Auswärtssieg in Philadelphia: Die L.A. Rams sind nicht nur was die Ergebnisse angeht exzellent in die Saison gestartet. Die Defense präsentiert sich trotz eines massiven Umbruchs deutlich sicherer als womöglich zu befürchten war; vor allem auffällig ist aber, wie verändert sich die Offense im Vergleich zu weiten Teilen der McVay-Ära präsentiert.
Endgültig vorbei scheinen die Tage, als Jared Goff regelmäßig mit tiefen Play-Action-Pässen Defenses attackierte - was sich gegen Dallas bereits angedeutet hatte, setzte sich gegen die Eagles fort: Das ist eine Offense, die deutlich variabler auftritt. Mit viel mehr Kurzpass-Designs, einer ausgeprägten Screen-Play-Action-Kombination und einem deutlich erhöhten Fokus auf Yards nach dem Catch. Goff ist noch viel mehr in die Rolle des Ballverteilers gerutscht, in welcher er sehr gut funktioniert. Auch die Offensive Line wird so entlastet und hinterließ im Run-Blocking gegen Philly einen guten Eindruck.
Die Rams melden nach den ersten beiden Spielen ohne Zweifel ernsthafte Playoff-Ambitionen an.
10. Josh Allens Traumstart in die neue Saison
Bereits gegen die Jets hatte Josh Allen trotz zweier durchaus vermeidbarer Fumbles ein gutes Spiel hingelegt - gegen Miami toppte er diese Leistung. Allen zeigte sich im Vergleich zur Vorsaison abermals deutlich verbessert gerade was das vertikale Passspiel angeht, der Touchdown zu John Brown etwa war absolut mustergültig. Was letztes Jahr noch eine gigantische Schwäche war, sieht über die ersten beiden Spiele deutlich verbessert aus. Als Runner kann er ohnehin immer ein X-Faktor sein, wenngleich manchmal auch in die falsche Richtung.
Das gefährliche Receiver-Trio war gegen Miami in voller Pracht zu bewundern, angeführt von 153 Receiving-Yards von Stefon Diggs - der somit alleine mehr Yards hatte als sein Ex-Team Minnesota am Sonntag gegen die Colts durch die Luft. Die Jets und Dolphins sind sicher nicht der Maßstab für ein Team mit Ambitionen für die Playoffs und Allen macht noch immer zu viele Fehler, die Defenses bestrafen können; aber gerade was die Art der Würfe angeht, die Allen über die ersten beiden Wochen getroffen hat, dürfen Bills-Fans durchaus ein Stück weit optimistischer sein als noch vor drei Wochen.