In der Premier League steht der Boxing Day auf dem Programm (Sa., ab 13.45 Uhr im LIVETICKER). Der Spieltag direkt nach Weihnachten ist der Auftakt der entscheidenden Phase vor der neuntägigen Winterpause. Drei Spiele binnen acht Tagen stellen die Weichen für die restliche Saison. Für viele ein Fest, für ein Team jetzt schon ein Albtraum.
Liga zwei im Slinky
"Eines scheint sicher: Einen Durchmarsch Chelseas wird es dieses Mal nicht geben." So hieß es im SPOX-Favoritencheck der Premier League vor dieser Saison. Und wir sollten Recht behalten. Die Blues legten den schlechtesten Saisonstart seit 37 Jahren hin.
Im Meisterjahr verlor das Team von Jose Mourinho nur drei Spiele, jetzt sind es bereits drei Mal so viele Niederlagen und es ist noch nicht mal Halbzeit. Fünf Gegentore noch und die Londoner haben auch diese Zahl aus dem Vorjahr schon frühzeitig eingeholt.
Doch es kommt noch dicker. Damit ist nicht gemeint, dass Guus Hiddink an die Stamford Bridge wechselt. Nein, viel schlimmer ist, dass The Special One zum Sacked One wurde. Schließlich ist "niemand besser für den Job" als Mou. Das hat er selbst gesagt.
Sollten die Blues also noch schlechter spielen, kratzt der Klub vehement am Abstieg. Der ist Stand jetzt nur drei Punkte entfernt. Chelsea in Liga zwei? Eine irrwitzige Vorstellung, wenn man bedenkt, dass für 2018 der Einzug ins neue Stadion geplant ist.
Wobei das halb so tragisch ist. Die Macher haben für das geplante Design sowieso den Shitstorm des Jahres abbekommen. Kennt Ihr diese Feder, die von Treppen springen kann? Slinky heißt die Erfindung. Genau so kann man sich das neue Zuhause der Blues vorstellen.
Kleiner Vorsprung im Abstiegskampf
Letzte Saison landete Leicester als Aufsteiger auf einem soliden 14. Tabellenplatz. Die Erfahrung hat gezeigt, dass das verflixte zweite Jahr in der Regel schwieriger ist. Der Schwung und die Euphorie aus dem Aufstiegsjahr sind endgültig verflogen. Doch Ausnahmen bestätigen die Regel, und Leister City ist nun mal nicht ganz normal.
Wenn der Top-Stürmer vor acht Jahren als Carbonfaser-Techniker noch Fußprothesen herstellte und in der Sunday League gekickt hat. Wenn sich das halbe Team nach einem 3:0-Erfolg über Swansea nach Kopenhagen auf Sauftour begibt - verkleidet als Teenage Mutant Ninja Turtles, Superman und Co. wohl gemerkt. Ja, dann ist das Leicester.
Der Tabellenführer zieht sein Ding durch. Mit 37 Toren nach 17 Spielen verfügen die Foxes über den besten Angriff der Liga. Dafür sorgen vor allem Carbonfaser-Experte Jamie Vardy (15 Tore) und sein kongenialer Partner Riyad Mahrez (13).
Erfolgstrainer Claudio Ranieri sprach im Guardian aber überraschenderweise vom Klassenerhalt: "Unsere Fans können träumen. Ich weiß, wenn wir gewinnen, spazieren unsere Anhänger mit einem Lächeln in die Arbeit. Aber wir dürfen nicht träumen. Wir müssen weiter arbeiten."
Hornissen und Adler
Der Primus deutet es an: Die Premier League steht Kopf. Leicester ist nicht das einzige positive Überraschungsteam dieser Saison. Das englische Oberhaus hat noch einiges in petto. "Albtraum vor Weihnachten für ein traumatisiertes Liverpool." So beschrieb der Telegraph die 3:0-Niederlage von Jürgen Klopps Reds. Doch wer hat Liverpool das angetan? Wer fügte Kloppo diese Schmerzen zu?
Odion Ighalo hackte die Reds mit seinem Doppelpack zu Kleinholz. Der Nigerianer in Diensten des FC Watford erzielte bereits zwölf Tore. Sein Team steht derzeit auf Platz sieben der Tabelle. Als Aufsteiger ist das eine herausragende Leistung. Nur 16 Gegentore sind zudem ein klasse Wert.
Noch ein wenig besser lief es bisher für Crystal Palace. Nach dem Aufstieg 2013 hat sich das Team von Alan Pardew eigentlich im Mittelfeld festgebissen. Eine Tendenz war weder nach oben noch nach unten erkennbar. Umso erstaunlicher ist es, dass die Eagles aktuell auf dem sechsten Tabellenplatz stehen, punktgleich mit dem Vierten Tottenham und dem Fünften ManUnited.
Bye, bye
Sagt nicht, ich hätte euch nicht gewarnt. Das hat sich abgezeichnet. Seit nunmehr fünf Jahren geht es kontinuierlich nach unten für Aston Villa. Doch mit diesem extremen Ausmaß hat wohl nicht einmal Captain Obvious gerechnet. Magere, nein, traurige sieben Punkte stehen bei den Villans zu Buche. Damit sind sie so ziemlich das schlechteste Team Europas.
Tim Sherwood, letztes Jahr noch Retter in letzter Not, musste nach nur zehn Spielen die Segel streichen. Vier Punkte waren eindeutig zu wenig. Doch eine spürbare Verbesserung blieb auch unter Nachfolger Remi Garde aus. Der Ex-Lyonnais hat noch drei Spiele Zeit, um Sherwood im direkten Trainervergleich zu überholen.
Unter dem Franzosen holte die Claret and Blue Army bis dato drei Zähler. Auf den ersten Sieg mit seinem neuen Klub muss Garde noch warten. Hoffnung auf bessere Zeiten gibt es für die Villans vor dem Boxing Day nicht. Lediglich eines der letzten 14 Spiele an jenem besonderen Spieltag konnte man gewinnen.
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Der Zauberer von Öz
"Essen, Schlafen, Assist, Repeat." So beschrieb der FC Arsenal via Twitter einen Tag im Leben von Mesut Özil. Der Nationalspieler hat den an seinen Namen so häufig geknüpften Vorwurf des Mitläufers abgeschüttelt und ist erwacht.
Das Vorurteil, Özil könne lediglich glänzen, wenn das Team gut spielt, dürfte der Spielmacher vorerst los sein. Mit bisher 15 Assists führte der Weltmeister die Gunners auf Platz zwei. Mehr Vorlagen haben in der langen Premier-League-Historie erst fünf Spieler geschafft. Und die Saison ist noch lang.
Özil erhält auch von unseren englischen Kollegen durchweg Lob und Anerkennung. Die Medien trauen Özil sogar zu, die Gunners zum Meistertitel zu führen. Das alles trotz der anfänglichen Offensivprobleme und der langen Verletztenliste der Londoner. Mittlerweile ist der Nationalspieler als "der Zauberer von Öz" in ganz England gefürchtet.
Die Ruhe nach dem Sturm
Alles andere als gefürchtet ist mittlerweile der FC Liverpool. Das sah vor etwas mehr als zwei Monaten noch ganz anders aus. Der Klopp-Hype machte die Runde, verpuffte im Grunde aber schnell. Spätestens nach der 0:3-Niederlage gegen Watford wurden The Normal One und seine Gefolgschaft endgültig auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt.
Als das "hoffentlich schlechteste Spiel" während seiner Zeit bei den Reds betitelte Jürgen Klopp den bisherigen Tiefpunkt der Liverpool-Saison. Längst nicht alles war jedoch so grausig. In der aktuellen Spielzeit zeigten die Reds zwei Gesichter.
Blamagen wie gegen die Hornets stehen starke Auswärtssiege wie das 4:1 bei Manchester City oder der 3:1-Erfolg beim FC Chelsea entgegen. Insgesamt muss man jedoch sagen, war die Erwartungshaltung mit der Ankunft von Klopp, der wie ein Heiland empfangen wurde, viel zu hoch. Angesichts dessen, was der Kader der Reds zu bieten hat, muss Liverpool mit dem neunten Platz einigermaßen zufrieden sein. Es geht aber sicher noch eine Nuance nach oben.
Join the Mob
Knapp 140 Millionen Euro hat Manchester United im Vorfeld dieser Spielzeit für Neuzugänge hingeblättert. Die Folge: Das Aus in der Champions League, Platz fünf in der Liga, neun Punkte Rückstand auf den angestrebten Platz an der Sonne. Louis van Gaal wurde angezählt. Glaubt man den englischen Medien, steht Jose Mourinho schon als Nachfolger in den Startlöchern.
Auch Bastian Schweinsteiger, der Königstransfer der Red Devils, blieb bisher hinter den Erwartungen. Ganz nach englischem Geschmack bekommt er das auch zu spüren. Nicht nur die Medienwelt prügelt regelmäßig auf den Weltmeister ein; von "Altherrenfußball" war oft die Rede. An vorderster Front mischt vor allem sein Coach im Mob mit. Ungeachtet der Verletzungshistorie des Mittelfeldstrategen klammert sich der Tulpengeneral verzweifelt an den Schweini, den er aus München kennt. "Ich glaube, er hätte in jedem Spiel noch besser spielen können", sagte der Niederländer.
Schweinsteiger kann man die alleinige Schuld nicht zuweisen. Die Red Devils sind zu harmlos in der Offensive. Der van-Gaal'sche Sicherheitsfußball kommt in Manchester nicht gut an. Der erwartete Erfolg bleibt aus. Der Trainer ist verunsichert: "Natürlich mache ich mir Sorgen um meinen Job, denn der Glaube an den Trainer ist wichtig."
Nicht mehr alle Schrauben im Stuhl
Das mit den Trainern ist in England ein Thema für sich. Man hat das Gefühl, die durch TV-Gelder erworbene Macht auf dem Transfermarkt färbt in der Premier League auf die komplette Personalpolitik ab. Ein Hauch von Unbekümmertheit weht durchs Land, Trial and Error statt nachhaltiger Strategie. Was kostet schon die Welt?
So kommt es, dass auch die Trainerstühle noch wackliger sind als zuvor. Fünf Teammanager bekamen das in der laufenden Spielzeit schon zu spüren: Dick Advocaat, Brendan Rodgers, Tim Sherwood, Garry Monk, Jose Mourinho. Advocaat war dabei der Einzige, der seinen Rücktritt angeboten hatte.
Ein Ende der Trainerwechselei ist nicht in Sicht. Nächstes Opfer könnte eben Louis van Gaal sein. Hinzu kommt die Personalie Pep Guardiola. Die englischen Kollegen sind sich einig: Der Spanier heuert im Sommer bei ManCity an. Manuel Pellegrini soll dann angeblich bei Chelsea die Zügel in die Hand nehmen. Das Karussell dreht sich schneller denn je.