Nichts ist unmöglich!

Von Adrian Franke
03. Februar 201609:17
49ers-(Interims-)Quarterback Blaine Gabbert zeigte in Chicago seine Sprinter-Qualitätengetty
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Week 13 steckte voller Überraschungen: Während Marcus Mariota an beste College-Tage erinnerte, schockten die Eagles die Patriots und Blaine Gabbert den Rest der Liga. Ein NFL-Plan geht auf, der Nussknacker der Woche kommt aus Pittsburgh. Außerdem: Die Lions müssen sich Kritik gefallen lassen, Matt Schaub kann es nicht lassen und Jameis Winston macht auf Joe Montana. Alles unter dem Motto: Nichts ist unmöglich!

Top der Woche: Die "Alles-ist-möglich"-Liga! In gewisser Weise war Week 13 absolute Werbung für die NFL, denn es zeigte sich wieder einmal: Alles kann, nichts muss! Während die Philadelphia Eagles die (verletzungsgeplagten) New England Patriots schockten, feierten die Packers in Detroit den Last-Second-Sieg im Herzschlagfinale (dazu später mehr).

Auch wenn die Playoffs in Nashville keine Rolle mehr spielten, zeigten derweil Jacksonville und Tennessee nach ihrem enttäuschenden Prime-Time-Spiel eindrucksvoll, dass sie es besser können. New Orleans hatte indes die ungeschlagenen Carolina Panthers am Rande der Niederlage und Brock Osweiler schreibt sein Märchen weiter, während in Washington am Ende das komplette Chaos ausbrach.

Zum ersten Mal in der Monday-Night-Football-Geschichte endete das siebte Spiele in Folge mit maximal acht Punkten Differenz. Kurzum: Es war ein Spieltag, der einmal mehr gezeigt hat, warum jede Partie zählt!

Der Schocker der Woche: Blaine Gabbert. Bleiben wir doch kurz beim "Alles-geht-"Punkt, denn genau unter jenen Aspekt fällt auch der Sieg der 49ers in Chicago. Die Bears waren zuletzt im Aufwind und schockten immerhin Green Bay an Thanksgiving. Umso beeindruckender war der Auftritt der Niners in der Windy City und maßgeblichen Anteil daran hatte San Franciscos Quarterback Blaine Gabbert, der weiter fleißig an seinem eigenen (dauerhaften) Comeback bastelt.

Da wäre einerseits natürlich der 71-Yard-Touchdown-Pass auf Torrey Smith zu nennen, mit dem die Niners die Überraschung in der Overtime perfekt machten. Man kann (und sollte) auch den Sprung nicht unerwähnt lassen, den die komplett 49ers-Passing-Offense seit dem Quarterback-Tausch hingelegt hat. Zukünftige Verhandlungen von Colin Kaepernick wird das nicht unbedingt stärken. Doch das Highlight und der kollektive Schock-Moment für alle Zuschauer kam, als Gabbert plötzlich die Beine in die Hand nahm und aus 44 Yards seinen ersten NFL-Rushing-Touchdown erlief.

"Er nimmt das, was ihm die Defense gibt und versucht nicht, irgendetwas zu erzwingen", brachte es Running Back Shaun Draughn, seines Zeichens ebenfalls ein kleiner Lichtblick in San Francisco, auf den Punkt. Coach Jim Tomsula zeigte sich "beeindruckt" von seinem Interims-QB. Macht Gabbert so weiter, ist nicht auszuschließen, dass die Niners ihm eine Chance auf den Starting-Job für die kommende Saison geben. Die "Alles-ist-möglich"-Liga eben...

Der Flop der Woche: Die Kicker. Fast keine Position in einem NFL-Kader hat eine derart hohe Fluktuation wie die der Kicker. Nicht wenige Teams wechseln ihre Kicker beinahe so oft wie Cleveland seine Quarterbacks (später mehr zur Lage bei den Browns) und manchmal wirkt das ein wenig vorschnell. Doch an manchen Spieltagen liefert die tretende Zunft auch wenige Argumente für sich selbst, und Week 13 war ein solcher Spieltag.

Neun Extra Points (!) wurden vergeben (von verpassten Game-Winning-FGs ganz zu schweigen) und damit einer mehr, als in der kompletten Vorsaison. Gleichzeitig darf hier allerdings auch einmal eine Lanze für die Liga gebrochen werden: Oft genug steht die NFL in der Kritik und auch die Verlagerung des Extra Points nach einem Touchdown um ein paar Yards nach hinten wurde von vielen belächelt.

Das Week-13-Roundup: Seahawks zerlegen Vikes - Patriots zuhause geschockt

Doch über die vergangenen beiden Wochen zeichnet sich womöglich ein Trend ab: Nachdem über die ersten elf Spieltage noch 94,6 Prozent der PATs verwandelt wurden, fiel die Quote in Week 12 und 13 auf 89,8 Prozent. Schlechteres Wetter, angeschlagene Kicker - 2-Point-Conversions werden interessanter (auch für Coaches die nicht Mike Tomlin heißen) und damit gehen mehr Risiko und mehr Spannung einher.

Um den Kreis zu schließen, an dieser Stelle ein historischer Glückwunsch an die Saints: Die verzeichneten nämlich die erste Defense-2-Point-Conversion in der Geschichte der NFL, als sie im Spiel gegen Carolina einen PAT-Versuch blockten und den Ball zurück in die Panthers-Endzone trugen. Eine solche Szene kann ein Spiel komplett kippen lassen. Good Job, NFL!

Der Siegestanz der Woche: Der Carlton! Keine zwei Meinungen: Als Carolinas 113 Kilo - als ob, aber wir glauben mal der offiziellen Gewichtsangabe - schwerer Fullback Mike Tolbert nach seinem Touchdown gegen die Saints den legendären "Carlton" auspackte, war klar: Viel besser kann es aus tänzerischer Sicht eigentlich kaum werden. Hüftschwung, perfekter Arm-Einsatz, da hat alles gepasst und somit bleibt festzuhalten: Sollte Carolinas Saison in den Playoffs unerwartet früh enden, gibt es sicher ein paar Plätze bei "Let's Dance"...

Der Meilenstein der Woche: Die große 1000. Gleich zwei Spieler stiegen in Week 13 in einen exklusiven Klub auf: Arizonas Larry Fitzgerald und Cowboys-Tight-End Jason Witten knackten als elfter beziehungsweise zwölfter Spieler überhaupt die 1.000-Receptions-Marke. Fitz ist mit 32 Jahren der jüngste Receiver aller Zeiten, der den Aufstieg in diesen erlesenen Klub schafft, Witten der erst zweite Tight End.

Zu Jerry Rice (1.549 Receptions) fehlt zwar noch ein gutes Stück - doch Witten brachte schon unter der Woche im MMQB auf den Punkt, was ihm das bedeutet: "Für mich ist es die höchste Ehre, wenn die Leute sagen, dass man für lange Zeit auf allerhöchstem Level gespielt hat. Diesen Meilenstein zu erreichen bedeutet Konstanz. Ich kann es kaum in Worte fassen, was für eine Ehre es ist, womöglich bald ein Teil dieser Gruppe zu sein." Gesagt, getan - und SPOX gratuliert recht herzlich!

Der Vintage-QB-Run der Woche: Marcus Mariota. Hand hoch, wer folgende Fragen aus dem Kopf beantworten kann: Wie viele Rushing-Yards und wie viele Rushing-Touchdowns hatte Marcus Mariota in seinem letzten Jahr im College? Die Antwort: 770 und 15. Das Running Game war bei Oregon ein wichtiger Bestandteil in Mariotas Spiel und unweigerlich erwarteten viele Experten, dass sich das auch in der NFL fortsetzen würde.

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Doch auf dem Platz sah das bislang ganz anders aus. Der Hawaiianer ging mit 137 Rushing-Yards und einem Rushing-Touchdown aus neun Spielen ins Wochenende - und hatte dann ein ganz besonderes Highlight parat. Mariota flog zum 87-Yard-Touchdown nur so über den Platz, der Rookie trug seine Titans zum 42:39-Heimsieg. Allzu viel Spaß haben Football-Fans in Nashville seit einigen Jahren nicht mehr. Doch Mariota gibt auch langfristig jede Menge Hoffnung.

Seite 1: Gabbert schockt, die Kicker versagen, und: Alles kann, nichts muss!

Seite 2: Brown und der Pfosten, die eine Konstante und Winston macht auf Montana

Der Nussknacker der Woche: Antonio Brown. Warum, Antonio, warum?! Männer auf der ganzen Welt dürften sich emotional an eine jener Sportstunden erinnert gefühlt haben, als der Ball dahin flog, wo er so gar nicht hinfliegen soll. Denn auch Brown flog, wohin (und wie) er so gar nicht hinfliegen sollte.

Als der Receiver der Steelers beim ungefährdeten Sieg über die Colts per Punt-Return-Touchdown für das Sahnehäubchen sorgte, sprang er kurzerhand aus vollem Lauf gegen den Torpfosten. Falls es weh tat, ließ sich Brown immerhin nichts anmerken. Den Refs war die gymnastische Einlage so oder so eine Flagge wert, weil er "den Torpfosten als Requisite" verwendet hatte. Auch eine Art, diese herrlich absurde Szene zu beschreiben.

Das Play der Woche: Green Bays Hail Mary. Aaron Rodgers sprach vom "verrücktesten Spiel meines Lebens und das beste seit dem Super Bowl". Namensvetter und Packers-TE Richard Rodgers gab anschließend zu, dass er "eigentlich blocken sollte" und jedem einzelnen Lions-Spieler war der Schreck ins Gesicht geschrieben.

Was war gerade passiert? Die Packers hatten einen 0:20-Rückstand gegen Detroit nicht nur aufgeholt - sie hatten es auf die spektakulärste Art und Weise gedreht. Das Spiel war eigentlich schon beendet, die Uhr runter gelaufen. Doch eine zweifelhafte Facemask-Strafe gab Green Bay eine weitere Chance und der Ausgang dürfte inzwischen bekannt sein: Rodgers fand Rodgers per Hail Mary mit einem Pass, der eigentlich für Davante Adams gedacht war. Ein unfassbares Finish!

Die NFL-Grundlagen-Übersicht: Offenses, Defenses und vieles mehr erklärt

Aber, bei allem Mitleid für die Lions, was sich Detroit auf der anderen Seite bei jenem letzten Spielzug gedacht hatte, bleibt wohl das Geheimnis von Coach Jim Caldwell. Kein Eric Ebron, kein Calvin Johnson in der Endzone, um einen hohen Pass zu fangen? Kein Ziggy Ansah, um Rodgers unter Druck zu setzen? Muss man als neutraler Beobachter nicht verstehen, sollte Caldwell aber besser erklären können.

Die Konstante der Woche: Matt Schaub. Armer, armer Matt Schaub - er kann es einfach nicht lassen. Während der Pleite gegen Miami warf Baltimores Backup-Quarterback den nunmehr fünften (!) Pick Six in seinen letzten sechs Start-Einsätzen.

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Eine weitere Interception, die zum Touchdown zurück getragen wird, für den Vertreter des verletzten Joe Flacco in der kommenden Woche, und er würde seinen eigenen unrühmlichen NFL-Rekord einstellen.

So manch einer dürfte im kollektiven Schaub-Kopfschütteln sogar übersehen haben, dass Philip Rivers seines Zeichens am Sonntag seinen fünften Pick Six in der laufenden Saison geworfen hat. Genauso in Vergessenheit ist wohl geraten, dass Schaub vor drei Jahren noch im Pro Bowl war...

Das Zitat der Woche: Jameis Winston. Wer kennt sie nicht, diese Geschichte über den großen Joe Montana? Im Super Bowl gegen die Bengals lagen die 49ers mit drei Punkten zurück, als Joe Cool 3:20 Minuten vor dem Ende eine gewisse Unruhe im Huddle bemerkte. Während einer Werbepause entdeckte Joe Cool dann Schauspieler John Candy auf den Zuschauerrängen - und fragte kurzerhand in die Runde: "Da, bei diesem Ausgang, ist das nicht John Candy?"

Wenn der Quarterback eine derartige Gelassenheit ausstrahlt, kann sich das auf die komplette Offense übertragen, und auch wenn die Bühne ungleich kleiner war: Buccaneers-Rookie-QB Jameis Winston zeigte gegen die Falcons am Sonntag kurz vor Schluss einen Hauch dieser legendären Coolness. "Ich gehe in den Huddle, wir sind schon lange auf dem Feld. Alle sind müde. Also grinse ich und frage einfach: 'Wer will einen Touchdown?' Mike sagte sofort: 'Ich, ich, ich!' Und ich habe gesagt: 'Okay, du bekommst ihn.' So war es", berichtete Winston nach dem Spiel.

Beim nächsten Play bediente der Youngster dann tatsächlich eben jenen Mike Evans zum Game-Winning-Touchdown. Gleiches wie bei Mariota gilt auch hier: Der junge Quarterback gibt einer Franchise viel Hoffnung und rechtfertigt die Vorschusslorbeeren.

Kurz vor dem Karriereende steht...Mike Pettine, zumindest in seiner Rolle als Head Coach der Cleveland Browns. In der Offseason war in Cleveland von einer klaren Philosophie die Rede: Das Running Game und die Defense sollten das Team tragen. Pettine, seines Zeichens ein komplett defensiv geprägter Coach, wurde mit dem (primären) Auftrag geholt, gerade defensiv aufzuräumen.

Die Realität aber passt so gar nicht zu all den großen Vorsätzen, und das nicht nur, weil die Browns gegen Cincinnati komplett chancenlos mit 3:37 untergingen. Vielmehr lassen nur die Saints mehr Yards pro gegnerischem Play zu als Cleveland, die Browns sind in der Run- genau wie in der Pass-Defense ein einziges Desaster und offensiv das schlechteste Rushing-Team der Liga.

Der Week-12-Hangover: Selbstzerstörung, wohin man schaut

Zu allem Überfluss verhinderte Johnny Manziel mit einer Party-Nacht und anschließend vermeintlichen Falschaussagen gegenüber den Verantwortlichen dann noch, dass Cleveland zumindest seinen jungen Quarterback für den Rest der Saison testet - jedenfalls vorerst.

Denn nachdem Pettine ihn noch öffentlich zur Nummer drei demontiert und von seiner tiefen Enttäuschung gesprochen hatte, hielt die Degradierung offenbar keine zwei Wochen: Berichten zufolge soll Manziel schon am kommenden Wochenende wieder auf dem Platz stehen. Ob Verzweiflung von Pettine oder eine von oberster Ebene angeordnete Rückkehr zu Johnny Football - es lässt wenig Gutes für Pettines Zukunft in Cleveland erahnen.

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Der Schedule: Week 13 im Überblick