Leopard-Trek: Eine Weltauswahl des Radsports

Torsten Adams
28. März 201117:24
Rund um die Schleck-Brüder wurde das luxemburgische Team Leopard-Trek gegründetImago
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In Luxemburg stampft ein ehemaliger Maurer ein neues Über-Team aus dem Boden. Deutschland hat einen neuen Hoffnungsträger im Radsport. Und der Fall Alberto Contador wird zum Politikum. SPOX wirft einen Blick auf die Radsport-Saison 2011.

"To grow to be among the best"

Mit diesem Slogan beschreibt das neu gegründete Leopard-Trek-Team sein mittelfristiges Ziel: Wachsen wollen sie also, um zu den Besten zu gehören.

Für so manchen Experten hatte Teamchef Brian Nygaard dieses Ziel bereits erreicht, bevor der luxemburgische Rennstall auch nur ein Rennen absolviert hatte.

Die UCI stufte die Leoparden ohne mit der Wimper zu zucken als eines der besten Radsport-Teams der Welt ein, ProTeam-Lizenz von Null auf Hundert inklusive.

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Jens Voigt: "Linus wird seine Kritiker überraschen"

Kein Wunder, denn innerhalb kürzester Zeit scharte Nygaard einige der begehrtesten Fahrer zusammen. Das aktuelle Aufgebot mit Namen wie den Schlecks, Cancellara, Voigt oder Bennati liest sich wie eine Weltauswahl des Radsports.

Dazu kommen mit Fabian Wegmann und Linus Gerdemann zwei weitere Deutsche, die in den letzten Jahren beim Team Milram weit unter den Erwartungen geblieben sind.

Vor allem Gerdemann traut Routinier Jens Voigt einiges zu: "Bei Linus bin ich mir sicher, dass er seine Kritiker in dieser Saison mit einer deutlichen Leistungssteigerung überraschen wird."

Doch nicht nur das personelle Aufgebot katapultiert Leopard-Trek auf Anhieb an die Spitze aller Radsport-Teams. Das Sponsoren-Lineup ist mindestens ebenso imposant wie der Fahrer-Kader. Mercedes-Benz, Trek und LuxAir sind nur einige der illustren Konzerne, von denen die Luxemburger unterstützt werden.

Mäzen Becca: Der Vater des Leopard-Projekts

Den steilen Aufstieg möglich machte der Immobilien-Makler Flavio Becca. Als Sportmäzen unterstützt Luxemburgs größter Bauinvestor bereits massiv den Fußball-Erstligisten F91 Dudelange.

Als einer der reichsten Männer des Großherzogtums will der einstige Maurer nun eine neue Instanz im Radsport erschaffen. Seine neu gegründete Finanzgesellschaft Leopard S.A. dient dabei sowohl als Namens- als auch als Geldgeber.

Siegchancen auf allen Terrains

Der Fokus des Teams liegt gleich im Debütjahr ganz klar auf der Tour de France. Mit Andy Schleck stellt Leopard den Zweitplazierten des Vorjahres. Bei der 98. Austragung will der 25-Jährige auf die oberste Stufe des Treppchens - egal, ob Alberto Contador teilnehmen darf oder nicht.

Doch Leopard hegt nicht nur bei der Großen Schleife Siegambitionen. Das Aufgebot fördert Spezialisten auf allen Terrains zutage. Allen voran Fabian Cancellara.

Der aktuelle Zeitfahr-Weltmeister geht als Titelverteidiger in die Frühjahrsklassiker Flandern-Rundfahrt und Paris-Roubaix. Sein zweiter Platz bei Mailand-San Remo untermauerte seine großen Ambitionen.

Dass der überraschende Triumph des Lemgoers Dominic Klemme beim belgischen Eintagesklassiker Le Samyn sowie Fränk Schlecks Sieg beim Criterium International nicht die beiden einzigen Saisonsiege der Leoparden bleiben werden, sieht auch Voigt so: "Wir haben mit Cancellara und den anderen Fahrern über das ganze Jahr gesehen eine Menge an Möglichkeiten, unsere Rennen siegreich zu bestreiten. Und vielleicht kann ich ja auch noch mal etwas reißen".

Die Deutschen in der Saison 2011

Was passiert mit Alberto Contador?

Rennen 2011: eine Übersicht

Die Deutschen in der Saison 2011

John Degenkolb (HTC - Highroad)

"Heeeere's Johnie.... this new kid on the block John Degenkolb is good! Super strong in the uphill sprint today. He is pure class."

Am 5. März, kurz nach der ersten Etappe von "Driedaagse van West-Vlaanderen", war diese Lobeshymne als Nachricht auf Twitter zu lesen. Absender: Mark Renshaw. Der australische Sprinter von HTC - Highroad ist Teamkollege von John Degenkolb - dem aktuell wohl größten deutschen Radsport-Talent.

Der 22-Jährige aus Gera sprintete gerade zu seinem zweiten Profisieg innerhalb eines Monats. Drei Wochen zuvor hatte Degenkolb bereits eine Etappe der Algarve-Rundfahrt gewonnen. Seine bislang größten Erfolge feierte er allerdings bei Junioren-Weltmeisterschaften: 2007 wurde er Vizeweltmeister im Zeitfahren, 2008 gewann er im Straßenrennen Bronze.

Degenkolbs Schwächen liegen im Hochgebirge, deshalb wird er bei großen Rundfahrten im Gesamtklassement nicht auf den vorderen Plätzen erscheinen. Seine Ziele sind andere. "Ich denke, dass meine Zukunft in den Frühjahrsklassikern und in den Eintagesrennen liegen wird. Ich bin ein guter Allrounder und komme mit relativ vielen Rennsituationen zurecht", so seine Selbsteinschätzung.

Jens Voigt (Leopard-Trek)

Nach seinem brutalen Sturz auf der letztjährigen 16. Tour-Etappe, als ihm bei 80 km/h der Vorderreifen platzte, dachten viele, dass die Tour-Karriere des Jens Voigt vorbei sei.

Doch der mittlerweile 39-Jährige und sechsfache Familienvater erholte sich erstaunlich schnell und macht im Gespräch mit SPOX klar: "Klar will ich zur Tour. Ich habe zwar nur noch eine begrenzte Anzahl an Jahren, in denen ich Radrennen fahren kann. Aber so bin ich halt. Ich bin keiner, der sagt 'Jetzt nehme ich das Geld und fahre meine Karriere ruhig zu Ende'. Nein, das will ich nicht. Ich habe nach wie vor ein hohes Anspruchsdenken an mich selbst."

Bei den Leoparden trifft Voigt auf zahlreiche alte Bekannte aus dem Team Saxo Bank. Ein weiterer Grund für den Wahl-Berliner war "der Wechsel um des Wechsels Willen". Voigt habe am Ende gemerkt, dass er sich angepasst hat. "Ich war sechs Jahre bei Credit Agricole und sieben Jahre bei Bjarne (Riis, Teamchef Saxo Bank; Anm. d. Red.). Die Herausforderung war weg und sicherlich auch ein wenig der Druck, der einen zwingt, härter an sich zu arbeiten", so Voigt.

Bei Leopard-Trek ist das nun sicherlich wieder anders.

Tony Martin (HTC - Highroad)

Gleich zu Beginn der Saison hatte Martin ordentlich einen rausgelassen. Bei der Fernfahrt Paris-Nizza holte sich der 25-Jährige das Zeitfahren und den Gesamtsieg - der größte Erfolg seiner Karriere.

So liegt die Messlatte für die weiteren Auftritte des Eschborners in diesem Jahr extrem hoch. Seinen 137. Platz bei der letztjährigen Tour dürfte er mit Leichtigkeit verbessern.

Ein weiteres Saisonhighlight Martins ist die Weltmeisterschaft Ende September. Beim tellerflachen Zeitfahr-Kurs quer durch Kopenhagen will er endlich nach Gold greifen. Nach dem dritten Platz im vergangenen Jahr stehen die Chancen nicht schlecht, denn Weltmeister Fabian Cancellara hat bereits angekündigt, das Zeitfahren zugunsten des Straßenrennens auszulassen.

Andre Greipel (Omega Pharma-Lotto)

Mit satten 21 Siegen war Greipel der erfolgreichste Profi des Jahres 2010. Beim Team HTC - Highroad, für das er einen Triumph nach dem anderen einfuhr, wollte das Sprint-Ass allerdings nicht bleiben. Der Grund: Mark Cavendish. Der Radsport-Rüpel von der Isle of Man ließ keine Möglichkeit aus, gegen Greipel zu feuern. Die beiden Erzrivalen in einem Team - das konnte nicht lange gut gehen.

In seinem neuen Team ist Greipel der alleinige Sprintkapitän. Die Saison startete für den 28-Jährigen allerdings denkbar schlecht. Nach Startschwierigkeiten bei der Tour Down Under im Januar war Greipel beim Warmfahren für das Auftaktzeitfahren der Tirreno-Adriatico schwer gestürzt und hatte sich dabei Gesichtsverletzungen zugezogen. Zur zweiten Etappe trat er nicht mehr an.

Bis zum Gipfeltreffen bei der Tour im Juli wird der Hürther allerdings wieder genesen und in Topform sein. Und dann schaut die ganze Radsport-Welt auf das Sprint-Duell Greipel vs. Cavendish.

Gerald Ciolek (Quick Step)

Bei Milram war er neben Linus Gerdemann Co-Kapitän und konnte die Erwartungen nicht erfüllen. Vor allem 2010 war für den U-23-Weltmeister ein gebrauchtes Jahr.

Der Wechsel zu Quick Step könnte Cioleks ins Stocken geratene Karriere einen Wendepunkt geben. Im Schatten des unumstrittenen Kapitäns Tom Boonen kann "Gerry" ohne Druck zu seiner alten Stärke zurückfinden.

Im belgischen Team, das vor allem auf die Frühjahrsklassiker ausgelegt ist, stehen dem 24-Jährigen zahlreiche Helfer zur Seite, die ihn bei seiner erhofften Rückkehr in die Beletage unterstützen.

Andreas Klöden (Radioshack)

Er gilt als ewiger Zweiter und hat schon so manchen Toursieger die Berge hinauf eskortiert. Nach Lance Armstrongs Abgang von der großen Radsport-Bühne fährt Klöden die Frankreich-Rundfahrt in diesem Jahr voraussichtlich zum ersten Mal als Kapitän seines Teams.

Dass der 35-Jährige noch lange nicht zum alten Eisen gehört, zeigte "Hilde" bei Paris-Nizza. Die Fernfahrt, die er 2000 gewann, beendete er in diesem Jahr als Gesamtzweiter hinter Martin. Nun heißt es: die Form bis zur Tour konservieren.

Von Null auf Hundert: Team Leopard-Trek

Was passiert mit Alberto Contador?

Rennen 2011: eine Übersicht

Was passiert mit Alberto Contador?

Der Fall Contador und kein Ende. Gut fünf Monate ist es nun her, dass der internationale Radsport-Verband UCI bekannt gab, dass Alberto Contador des Dopings überführt wurde. Selbstverständlich erst auf Medien-Anfragen. Bereits am 24. August hatte die UCI Contador von dem positiven Befund unterrichtet. Selbstverständlich intern.

Fortan kam die Lawine ins Rollen: UCI-Forderung nach Einleitung eines Dopingverfahrens - Contador-Argumentation des Verzehrs von verseuchtem Fleisch - WADA-Bericht zur Widerlegung der Contador-Argumentation - Vorab-Entscheidung des spanischen Radsport-Verbandes zur Einjahres-Sperre - Contador-Einspruch beim spanischen Radsport-Verband.

Und plötzlich die unerwartete Wende.

Überraschung: Contador wird freigesprochen

Am 15. Februar beschloss der spanische Radsport-Verband, Contador vom Vorwurf des Dopings freizusprechen. Und das, obwohl zwischenzeitlich bekannt wurde, dass der Madrilene während der Tour nicht nur bei einer, sondern gleich bei vier Dopingkontrollen positiv auf Clenbuterol getestet wurde.

Der Fall Contador ist mittlerweile zu einem Politikum geworden, um das sich Spaniens höchste Abgeordnete kümmern. Inzwischen setzt sich sogar Ministerpräsident Zapatero für den Nationalhelden ein.

Saxo-Bank-Teamchef Bjarne Riis meinte im dänischen Sender TV2 News: "Ich will nicht verhehlen, dass das gut für uns ist. In den letzten Monaten ging es ja bei dieser Sache auf und ab. Was jetzt gekommen ist, war keine Riesenüberraschung mehr, weil man die letzten Tage über die Presse ja sehen könnte, in welche Richtung es ging."

Contador nahm nach dem Freispruch erfolgreich an der Algarve-, Murcia- und Katalonien-Rundfahrt teil. Die beiden letztgenannten gewann er sogar.

Diashow: Die Tops und Flops der Tour de France 2010

Contador: Chancen auf Tour-Teilnahmen steigen

Doch wie geht es nun weiter? Darf Contador nun an der Tour de France teilnehmen oder nicht?

Erwartungsgemäß hat die UCI beim CAS gegen den Doping-Freispruch Einspruch eingelegt. Die nächste Etappe der Contador-Odyssee - meint auch Juan Carlos Castano, der Chef des spanischen Radsport-Verbandes: "Ich glaube, wir befinden uns erst in der ersten Halbzeit des Spiels."

Weil sich CAS-Verhandlungen erfahrungsgemäß über Monate hinziehen, hat Contador theoretisch sogar wieder Chancen auf eine Tour-Teilnahme.

Doch ob der "Pistolero" am 2. Juli tatsächlich an den Start der Großen Schleife geht, ist völlig ungewiss. Das meint auch Voigt gegenüber SPOX: "Ob Contador im Juli bei der Tour fährt, weiß momentan niemand. So wie ich das sehe, ist alles möglich."

Von Null auf Hundert: Team Leopard-Trek

Die Deutschen in der Saison 2011

Rennen 2011: eine Übersicht

Rennen 2011: eine Übersicht

Tour de France, 2. - 24. Juli

Das Motto der Tour-Veranstalter für die diesjährige Große Schleife darf man getrost als gewagt bezeichnen: "Tous fous du Tour" - Alle verrückt nach der Tour.

Bei der Streckenauswahl ist der A.S.O. aber ein richtiger Treffer gelungen. Die Rückkehr des Mannschaftszeitfahrens, die ausgewogene erste Woche mit der "Mur de Bretagne" und der Auftakt mit einer "richtigen" Etappe statt Prolog sind nur drei Beispiele.

Zudem verspricht das neue Reglement in der Punktewertung mehr Spannung. Es gibt nur noch einen Zwischensprint pro Etappe, dieser wird allerdings massiv aufgewertet. Satte 15 Fahrer erhalten dort nun Punkte, und zwar bis zu 20 Zähler. Der Etappensieger erhält sogar 45 statt der bisherigen 35 Punkte.

Alpe d'Huez wieder im Programm

Vor allem die zweite Tourhälfte hat es in sich. Sowohl im Zentralmassiv als auch in den Alpen warten zwei Bergankünfte. Das absolute Highlight bildet ein Dreierpack mit Galibier-Etappe, Alpe d'Huez und Abschlusszeitfahren, bevor es auf die Champs Elysees geht.

Die aussichtsreichsten deutschen Fahrer: Andreas Klöden für die Gesamtwertung und Andre Greipel für die Sprintwertung.

Giro d'Italia, 7. - 29. Mai

Ganze 23 Teams haben die Organisatoren zum Giro 2011 eingeladen. 207 Fahrer, das dürfte auf den teilweisen schmalen Straßen in Italien recht eng werden.

Gestartet wird in Turin, die letzte Etappe endet in Mailand. Zwischendurch erwarten die Fahrer Strapazen vom Feinsten, so wie man es vom Giro gewohnt ist. Sieben Bergankünfte sind zu absolvieren.

Alle Zeitfahrdisziplinen im Programm

In den Alpen beispielsweise folgt mit Großglockner, Zoncolan, Dolomiten-Königsetappe, Bergzeitfahren und Colle delle Finestre ein spektakulärer Tagesabschnitt dem nächsten.

Zeitfahr-Kilometer sind dagegen rar gesät. Neben dem Teamzeitfahren in Turin zum Start (22 km) wartet auf der 16. Etappe das 13-km-Bergzeitfahren. Und auch zum Abschluss rasen die Fahrer in Mailand 33 km gegen die Uhr.

Vuelta a Espana, 20. August - 11. September

3300 Kilometer, sechs Bergankünfte, zehn Bergetappen, neun Flachetappen, ein Teamzeitfahren und ein Einzelzeitfahren. Das sind die Rahmendaten der 66. Spanien-Rundfahrt.

Ein Highlight bietet sich den Zuschauern auf dem 15. Tagesabschnitt, wenn die Fahrer den supersteilen Ziegenpfad hinauf zum Alto de l'Angliru in Angriff nehmen.

Ein Parcours für Lokalmatador Rodriguez

Doch nicht nur der Angliru wird den Sprintern die Sorgenfalten auf die Stirn treiben. In der Sierra Nevada sowie in der Sierra Bejar stehen dem Fahrerfeld weitere dicke Brocken im Weg. Die Vuelta ist also auch in diesem Jahr nur etwas für echte Bergziegen.

Zudem stehen nur dürftige 40 Einzelzeitfahrkilometer auf dem Programm. Die starken Zeitfahrer unter den Gesamtfavoriten sind also klar im Nachteil. Ein Parcours also wie gemacht für Lokalmatador Joaquim Rodriguez, der die Rundfahrt im letzten Jahr auf dem vierten Rang beendete und nicht als stärkster Zeitfahrer gilt.

BeginnEndeRennen
03.04.03.04.Flandern-Rundfahrt
10.04.10.04.Paris - Roubaix
17.04.17.04.Amstel Gold Race
20.04.20.04.Fleche Wallonne
24.04.24.04.Lüttich - Bastogne - Lüttich
26.04.01.05.Tour de Romandie
07.05.29.05.Giro d'Italia
25.05.29.05.Bayern-Rundfahrt
05.06.12.06.Dauphine Libere
11.06.19.06.Tour de Suisse
02.07.24.07.Tour de France
30.07.30.07.Casica San Sebastian
20.08.11.09.Vuelta a Espana
21.08.21.08.Vattenfall Cyclassics
21.09.21.09.WM Zeitfahren
25.09.25.09.WM Straßenrennen
15.10.15.10.Lombardei-Rundfahrt

Von Null auf Hundert: Team Leopard-Trek

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Was passiert mit Alberto Contador?