EM

Konstant inkonstant

Von Daniel Reimann
Bei der U21-EM scheiterte die deutsche Mannschaft im Halbfinale gegen Portugal
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Mittelfeld: Starkes Zentrum und verwehrte Chancen

Moritz Leitner: Es ist schwer zu beurteilen, ob Hrubesch ihm mit der Startelfnominierung im Auftaktspiel einen Gefallen tat. Ausgerechnet Leitner, der zuvor bei einem Fast-Absteiger schon kaum eine Rolle mehr gespielt hatte. Angesichts der Konkurrenz auf der Sechs (Kimmich, Geis, Arnold) eine mutige Wahl, die Hrubesch bereits zur Halbzeit korrigieren musste. Kimmich kam und blieb, für Leitner hingegen war nach kopflosen 45 Minuten die EM vorbei. Ein Turnier zum Vergessen. Note 5

Emre Can: "Ich wurde zu viel gelobt." So erkläre Can seine offenbar Überheblichkeits-bedingte Arbeitsverweigerung gegen Portugal. In diesem Spiel fehlte ihm alles, was ihn vorher glänzen ließ und ihm zurecht Lob einbrachte: eine unheimliche Präsenz, Abräumer- und Antreiberqualitäten sowie starke Offensivläufe. In der Vorrunde war er zweifellos der beste und konstanteste DFB-Kicker. Gegen Dänemark war das überragende Zentrum mit Can und Kimmich der Schlüssel zum Erfolg, gegen Tschechien und Serbien zeigte er die geringsten Schwankungen von allen. Einzig das Halbfinale trübt ein sonst hervorragendes Bild gewaltig. Note 2,5

Joshua Kimmich: Als er nach 45 Minuten gegen Serbien für Leitner eingewechselt wurde, konnte er wenig schlechter machen. Doch Kimmich machte tatsächlich vieles besser. Seine Spielintelligenz, seine klugen Verlagerungen und das Zulaufen von Räumen war an der Seite des offensiveren Can Gold wert. Gegen Dänemark mit einem herausragenden Auftritt im Zentrum, gegen Portugal fiel er wie alle Kollegen ab. Trotzdem: Bayern darf sich auf ein Riesentalent freuen, das für sein Alter schon eine erstaunlich reife Spielanlage zeigt. Note 2,5

Johannes Geis: Vielen Beobachtern erschien es ein Rätsel, dass der vielumworbene Geis lange überhaupt keine Rolle spielte. Durfte in der Vorrunde gegen Dänemark einmal ein wenig früher zum Auslaufen, als er 13 Minuten vor Schluss für den ausgelaugten Can ins Spiel kam. Gegen Portugal stellte Hrubesch dann auf 4-1-4-1 um, mit Geis als Sechser. Doch im kollektiven Totalausfall blieb keine Gelegenheit zu glänzen. Auch nicht für Geis, der sich zwar selbst wenig zu Schulden kommen ließ, jedoch Teil eines sehr schlecht abgestimmten Zentrums war. Note 3,5

Amin Younes: Zeigte im Spiel gegen Dänemark, weshalb Hrubesch so große Stücke auf ihn hält. Seine Dribblings sind brandgefährlich, im Eins-gegen-Eins ist er nur schwer zu stoppen. Bewies guten Zug zum Tor und hatte auch im Spiel gegen Portugal die beste DFB-Chance. Gegen Serbien und Tschechien tauchte er jedoch zwischendurch immer wieder ab, gegen Portugal in der zweiten Halbzeit komplett unsichtbar. Note 3

Max Meyer: Erwischte einen miserablen Start ins Turnier, als er im gut abgeschirmten Zentrum der Serben kein Land sah. Bekam jedoch von Hrubesch zwei weitere Bewährungschancen und steigerte sich im weiteren Turnierverlauf immerhin. Zeigte gegen Tschechien endlich die kreativen, bisweilen genialen Momente, zu denen er eigentlich imstande ist. Jedoch bewies er zugleich, dass ihm im Abschluss noch jeglicher Killerinstinkt abhanden geht. Gegen Portugal durfte er dann eine undankbare zweite Hälfte spielen, in der er nur vereinzelte Impulse gab - mehr jedoch nicht. Note 4,5

Leonardo Bittencourt: Als Joker gegen Serbien tat er sich früh hervor, als er über die linke Seite für mächtig Wirbel sorgte. Gegen Dänemark fiel er jedoch in einem sonst starken Kollektiv ein wenig ab. Fand sich gegen Tschechien auf der Bank wieder, weil Hrubesch den gegnerischen rechten Flügel mit Günter und Schulz in seine Grenzen weisen wollte. Nach Einwechslung abermals mit engagiertem Auftritt. Beim Aus gegen Portugal dann jedoch die negative Krönung: Einwechslung plus Gelb-Rot in nur 27 Minuten. "Ich war stinksauer", sagte er im Nachhinein zu seinem übermotivierten Auftritt. Note 3,5

Yunus Malli: Auch Malli gehörte zu jeden, die das Feld meist nur in der Trainingsjacke betraten. Dabei hatte Meyer in den ersten beiden Spielen vehement um eine Ablösung geworben. Malli, der als feiner Techniker mit gutem Gefühl für den Raum als Zehner durchaus eine interessante Alternative darstellte, erhielt jedoch nur zehn Minuten Einsatzzeit. Auch für ihn gilt: Die geringe Rotation von Hrubesch dürfte den ein oder anderen unzufriedenen Ersatzspieler hinterlassen haben. Ohne Bewertung

Maximilian Arnold: Blieb auch im letzten Spiel gegen Portugal ohne jede Einsatzminute. Dass Hrubesch ihm nicht einmal in einem solchen Spiel ein paar Gnadenminuten schenkt, wirft Fragen auf. Denn dass Arnold eine mehr als brauchbare Unterstützung sein kann, beweist er beim VfL Wolfsburg seit nunmehr zwei Jahren auf hohem Niveau. Zumal mehr Rotation in der Offensivreihe angesichts der Leistungsschwankungen von Younes, Bittencourt und Schulz durchaus naheliegend gewesen wäre. Oder im Zentrum, wo Meyer sogar konstant abtauchte. "Hrubesch hat nicht mit mir gesprochen", sagte ein ratloser Arnold nach dem Ausscheiden. "Ich freue mich jetzt auf meinen Urlaub". Den hätte er eigentlich schon vorher antreten können. Ohne Bewertung

Felix Klaus: Bekam von Hrubesch insgesamt 13 Turnierminuten geschenkt. Durfte sich in der 87. Minute gegen Portugal beim Stand von 0:5 nochmal die Füße vertreten. Zuvor erhielt er schon acht Minuten im Dänemark-Spiel, die er jedoch nicht nachhaltig für Eigenwerbung nutzen konnte. Als 92er Jahrgang ist seine Zeit in der U21 nun vorbei. Doch von der A-Nationalmannschaft scheint er (noch) meilenweit entfernt. Ohne Bewertung

Kerem Demirbay: Reiste nach Tschechien, trainierte mit, aß, wärmte sich vor Spielen auf, lief nach Spielen aus, reiste aus Tschechien ab. Schien von Anfang an keine echte Option zu sein. Ohne Bewertung

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