Und Geld schießt doch Tore

Marco KieferlBen BarthmannFatih Demireli
01. November 201313:37
Leistungsträger bei ihren Klubs: Cavani, Falcao, Sneijder und Montero (v.l.)spox
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Die letzten Stationen der Europa-Reise: Frankreich, Portugal, Türkei und die Niederlande. Wer sind die bisherigen Positiverscheinungen? Wer hat überrascht? Diesmal mit dabei: Der nächste Zinedine Zidane, der Spätstarter, ein aufmuckender Underdog und die Unbezwingbaren aus Porto.

Frankreich

Milliardärs-Klubs Paris und Monaco

Geld schießt keine Tore? Das trifft auf die neureichen AS Monaco und Paris Saint-Germain wohl kaum zu. 166 beziehungsweise 110 Millionen Euro gaben beide Vereine vor der Saison für Neuverpflichtungen aus. Irrsinnig viel Geld, das sich bis jetzt aber bestens gelohnt hat: Falcao und Cavani schießen die Liga mit acht und sieben Treffern in Grund und Boden, Moutinho und Rodriguez führen die Vorlagenbestenliste mit jeweils vier Torvorbereitungen an und Marquinhos stabilisiert die PSG-Abwehr.

Fast ausnahmslos alle teuren Transfers haben bei den Milliardärs-Klubs voll eingeschlagen, von Geldverschwendung also keine Spur. Das schlägt sich letztlich auch in der Tabelle wieder. Punktgleich liefern sich Paris und Monaco ein Rennen um die Tabellenführung. Kein Zweifel, die Monegassen bereichern die Liga und bringen wieder Spannung in die Ligue 1, welche nach der PSG-Dominanz der letzten Saison verloren gegangen schien.

Auch wenn Lille aktuell nur zwei Punkten Rückstand auf das Spitzenduo hat, scheint es nur eine Frage der Zeit bis aus dem Drei- ein Zweikampf um die Meisterschaft wird. Der könnte allerdings bis zum Schluss offen sein.

Die Aufsteiger

Wer denkt, dass die Bundesliga mit Hertha BSC schon freche Aufsteiger hat, der sollte mal einen Blick auf die Tabelle der Ligue 1 werfen. Dort sind die Verfolger des Spitzentrios nicht etwa die üblichen Verdächtigen wie Marseille oder Lyon, sondern die Aufsteiger Nantes und En Avant Guingamp. Mit dem niedrigsten Etat aller Mannschaften legten beide einen Traumstart hin und sind aktuell nur sechs beziehungsweise acht Punkte von der Tabellenspitze entfernt.

Erfolgsgeheimnis beider Mannschaften: Viele französische und afrikanische Leistungsträger gepaart mit einem verlässlichen Knipser. Mustapha Yatabare von Guingkamp und Filip Dordevic von Nantes sicherten ihren Mannschaften mit ihren fünf und sechs Saisontreffern oftmals wichtige Punkte.

Zum Motto der Saison könnte für Beide ein Namensteil des Tabellenfünften sein. "En avant" bedeutet schließlich so viel wie "vorwärts". Bedenkt man, dass Monaco ja auch ein Aufsteiger ist, scheint dies durchaus passend.

Die hochgelobten Talente starten durch

Was haben Franck Ribery, Samir Nasri und Remy Cabella gemeinsam? Sie wurden oder werden nach wie vor als Nachfolger von Frankreich-Legende Zinedine Zidane gehandelt. Während Erstere mittlerweile auch den Letzten in der Fußballwelt bekannt sind, schickt sich Cabella an, in deren Fußstapfen zu treten.

Fünf Tore und vier Vorlagen in zehn Spielen stehen für den 23-jährigen Franzosen diese Saison schon zu Buche. Gala-Auftritte wie gegen Lyon, als er in 75 Minuten zwei Tore erzielte und drei vorbereitete weckten längst auch das Interesse von Manchester United, denen nachgesagt wird, für Cabella künftig 17,5 Millionen Euro auf den Tisch legen zu wollen.

Ein weiteres Talent, dass in der Ligue 1 auf sich aufmerksam macht, ist Nelson Oliveira. Bereits früh wurde der 22-Jährige zu Portugals größter Sturmhoffnung gemacht, als er bei der U20-WM 2011 als zweitbester Spieler ausgezeichnet wurde. Nach mageren Jahren mit wenigen Einsatzzeiten bei seinem Stammklub Benfica Lissabon und Deportivo La Coruna landete Oliveira diese Saison bei Stade Rennes.

Dort schenkt ihm Trainer Montanier endlich das Vertrauen. Mit sechs Toren in acht Starfelf-Einsätzen hat der junge Portugiese dieses auch mehr als gerechtfertigt. Nur gut, dass Rennes sich eine Kaufoption zusichern ließ. Damit steht einer erfolgreichen Zukunft beider Seiten wohl nichts mehr im Weg.

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Portugal

Der unbezwingbare FC Porto

Die große Langeweile herrscht in Portugal: An der Tabellenspitze stehen erneut die drei bekannten Namen: Sporting, wiedererstarkt nach einigen schwächeren Jahren. Benfica, wiedererstarkt nach Finalpleiten in der letzten Saison und der FC Porto, wiedererstark nach - ja was eigentlich?

Seit dem 29. Januar 2012 marschiert Porto durch die heimische Liga. Keine Niederlage, nur neun Unentschieden und beeindruckende 42 Siege. Auch die neue Saison tat dem keinen Abbruch, Porto grüßt souverän von der Tabellenspitze und ließ nur auswärts gegen Gil Vicente Punkte liegen. SPOX

Auch die erneuten Abgänge von Leistungsträgern waren schnell vergessen, denn, wie so oft beim FC Porto, schlugen die Neuzugänge voll ein. Juan Quintero und Josue brachten sich offensiv gleich ein, Paulo Fonseca führt das straffe Regiment, das ihm Vitor Pereira übergeben hat, nahtlos weiter.

Auch wenn es international noch nicht so recht laufen will, die Portugiesen verloren zwei Partien in der Champions League und gewannen nur knapp gegen Austria Wien, so zittert man in der heimischen Liga immer noch vor den Dragoes, speziell wenn man in die Hafenstadt reisen muss. Dort verlor man zuletzt ein Ligaspiel am 25. Oktober 2008. Eine Serie, die wohl auch in dieser Saison kaum reißen wird.

Fredy Montero

Der teuerste Neuzugang Sportings war im Grunde gar kein echter Neuzugang, denn Fredy Montero wurde von den Seattle Sounders nur ausgeliehen. Dennoch kostete der Stürmer die Portugiesen mehr Leihgebühr, als für jeden anderen Neuzugang an Ablöse bezahlt werden musste.

Doch der Kolumbianer rechtfertigte die hohe Summe sofort und begann ohne Umschweife mit dem, was ihn bereits in den USA auszeichnete: Das Toreschießen. Bereits in der Vorbereitung netzte Montero ein: Im Eröffnungsspiel gegen den FC Arouca waren es sogar gleich drei Tore, die der 26-Jährige verbuchen konnte.

Dabei wollten die Seattle Sounders den Stürmer ursprünglich gar nicht wechseln lassen, fügten sich letztendlich aber dem Willen Monteros, der sich mit seinem Wechsel nach Europa noch Hoffnungen auf eine Teilnahme an der WM 2014 in Brasilien macht. Jedoch datiert sein letztes Länderspiel noch auf das Jahr 2008. SPOX

Doch Jose Pekerman, Trainer der Nationalmannschaft Kolumbiens, wird sich wohl, trotz der ohnehin schon herausragenden Qualität in der Offensivabteilung, seine Gedanken über eine Nominierung machen müssen. Denn Montero ist nicht zu stoppen, erzielte in acht Spielen neun Tore und schoss Sporting damit auf den zweiten Platz hinter Porto und wurde bereits zum Spieler des Monats August und September gewählt.

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Türkei

Kasimpasa

Dass die Süper Lig Fenerbahce anführt, ist keine große Überraschung: Der 18-malige Meister hat sich wieder punktuell verstärkt (Bruno Alves, Emmanuel Emenike, Alper Potuk) und eine gute Mischung gefunden. Neu-Trainer Ersun Yanal lässt ansehnlichen Fußball spielen und ist seit dem 2. Spieltag ungeschlagen.

Die weitaus größere Überraschung ist, dass der erste Verfolger Kasimpasa heißt. Der Klub aus der Istanbuler Innenstadt baut seit zwei Jahren ein schlagfertiges Team zusammen, doch die Entwicklung ist schneller als gedacht. Trainer Shota Arveladse mag auch noch nicht an den Titelkampf denken: "Das geht mir zu schnell, wir sind noch am Anfang", sagt der Georgier.

Die Mannschaft verspricht dennoch einiges. Mit Andreas Isaksson, Ryan Donk, Andre Castro, Oscar Scarione, Tabare Viudez und Ryan Babel hat Kasimpasa international erfahrene Spieler zur Verfügung. Scarione ist der torgefährlichste Spieler der Süper Lig, Babel hat sich verblüffend schnell integriert und beeindruckt durch konstant starke Leistungen. Das große Ziel heißt internationaler Wettbewerb: Sie sind auf einem guten Weg.

Roberto Carlos

Offiziell ist Roberto Carlos nicht Cheftrainer Sivasspors, sondern dessen Assistent Cezar Domingo Lopez. Grund ist die peruanische Trainerlizenz des Brasilianers, die der türkische Fußballverband (noch) nicht anerkennt: Roberto Carlos sitzt als Teamchef nur mit einer Ausnahmegenehmigung auf der Bank.

Die offiziellen Termine wie Pressekonferenzen darf er nicht wahrnehmen. Von der Bürokratie lässt sich Roberto Carlos allerdings nicht beeindrucken: Sivasspor ist mit fünf Siegen aus neun Spielen in die Saison gestartet, der Tabellensechste schoss die drittmeisten Tore der Liga nach Fenerbahce und Kasimpasa.

Carlos gelang es, eine schlagfertige Truppe zusammenzustellen: Brasiliens früherer Nationalspieler Cicinho, Manuel da Costa, Aatif Chahechouhe und Nigerias Nationalspieler John Utaka sind die Säulen der Carlos-Truppe.

Als Co-Trainer von Guus Hiddink sammelte Roberto Carlos bei Anschi Mahatschkala erste Trainererfahrung. Den türkischen Fußball kennt er aus Spielerzeiten bei Fenerbahce und dennoch wurde sein Wechsel als Chef nach Sivas mit viel Zweifel bedacht:

Der einstige Weltstar in der türkischen Provinz? Kein Problem, sagt Carlos. Das funktioniert bisher richtig gut.

Wesley Sneijder

Sein Wechsel zu Galatasaray Anfang des Jahres war für viele eine große Überraschung. Gemeinsam mit Didier Drogba sollte er dem türkischen Serienmeister einen noch internationaleren Touch verpassen.

Doch sportlich lief es für Sneijder nicht immer gut. Bedingt durch die monatelange Zwangspause bei Inter konnte Sneijder nur bedingt überzeugen und war sicher keine Galionsfigur auf dem Weg zur Meisterschaft in der vergangenen Saison.

Mit der Aufwärmphase für die neue Saison hat sich das Bild geändert: Sneijder spielte eine starke Sommervorbereitung, war im Zentrum vieler Siege auch gegen hochkarätige Gegner wie Arsenal und just am ersten Spieltag schoss er auch sein erstes Tor.

Was danach folgte, war dann wieder Enttäuschung: Sneijder ging im taktischen Hin und Her Fatih Terims unter, stand wieder in der Kritik. Die Wende folgte nun erneut mit Terims Weggang und der Übernahme von Roberto Mancini. Sneijder spielt stark auf, ist der erhoffte Dirigent im Zentrum. Vier Tore hat er bereits auf seinem Konto und der Spaß ist auch wieder da: "Ich hatte mit Terim keine Probleme, ganz im Gegenteil: Wir haben immer noch Kontakt. Es mag sein, dass Mancini anders spielen lässt und das mir zu Gute kommt."

Inzwischen hat auch Louis van Gaal, der Sneijder zwischenzeitlich nicht mehr für die niederländische Nationalmannschaft nominierte, einen Gefallen an seinem Zehner gefunden.

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Niederlande

Die große Ausgeglichenheit

Dass die Eredivisie so ausgeglichen ist, wie keine andere Liga in Europa, ist bekannt. Dennoch überrascht die Spannung in den Niederlanden jede Saison aufs Neue, das Rennen um die internationalen Plätze ist wohl so offen wie nie zuvor. Vier verschiedene Tabellenführer gab es in den Niederlanden bereits und damit das spannendste Rennen der europäischen Top-Ligen. SPOX

Schlappe vier Punkte Abstand hat Tabellenführer Twente Enschede auf den Tabellenelften, neun Punkte sind es auf einen Abstiegsplatz. Im Vergleich: In der Bundesliga zieht sich zwischen Platz drei und Platz vier bereits ein Graben der gleichen Punktzahl und dies bei einem Spieltag weniger.

Twente steht derzeit zwar auf dem ersten Platz, dennoch kann die Mannschaft von Michel Jansen am 12. Spieltag bis auf den neunten Platz zurückfallen. Souveräne Tabellenführer findet man nicht in den Niederlanden: 1,73 Punkte holte man im Schnitt, andere Erstplatzierte wie der FC Barcelona oder der FC Bayern sammelten 2,6 bzw. 2,8 Punkte pro Spiel.

Twente Enschede verlor zwei Spiele und damit zwei mehr, als die Ersten aus Portugal, Deutschland, Spanien, Italien und Frankreich zusammen.

Torjäger Graziano Pelle

Lange hat es Graziano Pelle noch bei keinem Verein ausgehalten. Einige Jahre bei seinem Jugendverein US Lecce, drei Leihen quer durch Italien. Erst 2007 ging es raus aus dem Heimatland zum AZ Alkmaar.

Vier Jahre verbrachte der Stürmer in den Niederlanden, ehe er wieder nach Italien zurückkehrte, wo er allerdings erneut nicht Fuß fassen konnte. Das Heimatland schien nicht das richtige Pflaster zu sein. Feyenoord Rotterdam nahm ihn unter Vertrag, stolze drei Millionen Euro ließ man sich den Wandervogel kosten. Wieder zurück in der Eredivisie blühte Pelle auf und erzielte in seiner ersten Saison 27 Tore.

Auch in der laufenden Saison zeigt er erneut sein außergewöhnliches Talent, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Elf Spiele machte der 28-Jährige, zehn Mal konnte man seinen Namen im Spielbericht lesen. Egal ob per Kopf, per Direktabnahme, Fallrückzieher, mit links oder mit rechts - Pelle traf immer.

Dass inzwischen sogar von Interesse des FC Barcelona gesprochen wird, hätte Pelle sich wohl nicht erträumt, auch wenn er schon früher andeutete, großes Potenzial zu haben: "Ich habe immer gesagt, gebt mir die Chance in der Startelf und urteilt erst dann über mich." Urteilen kann man nun, schließlich hat der Italiener inzwischen in 34 Spielen für Rotterdam 33 Tore erzielt.

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