Joachim Löw bekommt bei Lazio statt Miro Klose einen Block voller Schwedinnen zu sehen. Napoli-Präsident Aurelio de Laurentiis lässt einem Fan auf Nachfrage eine seiner berüchtigten Charmeoffensiven zuteil werden. Patrick Evra kennt die Gründe für Manchester Uniteds Liga-Krise - verrät sie aber nicht.
Serie A
Von Oliver Birkner
Schwedinnen des Spieltags: Na die Reise hat sich ja richtig gelohnt. Da bequemen sich Tip und Tap alias Jogi Löw und Hansi Flick schon mal nach Rom ins Stadio Olimpico und was erlaubt sich Miro Klose? Der sagt Lazio wenige Stunden vor Spielbeginn wegen Oberschenkelproblemen ab und sonnte sich auf der Tribüne mit seinen Kindern. Bereits Kloses sechster Ausfall in dieser Saison. Ja gut, da wollten die Bundesadler zumindest Shkodran Mustafi bei Sampdoria beobachten, doch der schien dermaßen nervös, dass es höchstens zu einem "Ausreichend" langte.
Immerhin gibt es schlimmere Pilgerorte als die Ewige Stadt, und so ließen die DFB-Abgesandten den milden Abend eventuell bei einem leckeren Roten und der traditionellen römischen Pasta Amatriciana oder Cacio e Pepe ausklingen. Und da der Tag so sonnig strahlte und die Laziali ohnehin gegen Präsident Claudio Lotito revolutionieren, tuckerten die meisten an den Strand.
Im Stadion verloren sich lediglich um die 12.000, denn die Nordkurve blieb aus Protest erneut leer. Völlig leer? Mitnichten. Rund 30 Schwedinnen auf Rom-Exkursion räkelten sich dort lasziv auf den blauen Sitzen, so dass manch Zeitung gar Fotos der Mädels-Riege abbildete und kommentierte: "Die Wikingerinnen, blond und dunkelhaarig, feuerten Lazio an und verließen das Olimpico am Ende glücklich über den Sieg. Über 90 Minuten erhielten sie vom Restpublikum oft gewagte Blicke, jedenfalls mehr als die Profis auf dem Rasen." In Sachen Löw/Flick null Erwähnung, Fotos geschweige denn indiskrete Blicke. Das soll nun jemand verstehen.
Einzelkämpfer des Spieltags: Napoli-Präsident Aurelio De Laurentiis ist hinlänglich als sanguine Frohnatur bekannt. Vor Jahren erklärte er der Stadt beispielsweise polternd, in Neapel würde außer dem Fußball ein Scheißdreck funktionieren. Am Sonntagabend wollte er einem Tifoso das wohl in einem geruhsamen Vier-Augen-Gespräch erneut verdeutlichen. Der Neapolitaner rief De Laurentiis nach dem 0:1 bei Parma zu: "Hey Presidente, wir würden gerne auch gegen andere Teams als Juventus gewinnen."
Darauf rammte der Patron seine Autotür auf, stürzte auf den Fan zu, drückte ihn mit dem Rücken an einen Wagen und brauste ihm ins Gesicht: "Was zum Scheiß willst du von mir? Was erlaubst du dir, du Wicht!" Einige Stewards eilten schließlich heran und beendeten leider verfrüht den konstruktiven Austausch über Napolis Zukunft.
Und sonst? Waren ja langweilige Zeiten, als Torschützen damals einfach wieder zum Mittelkreis schlurften oder zum Jubel höchstens kurz mit dem Arm fuchtelten. Mittlerweile lassen sich die Jungs ständig etwas Neues einfallen. Wie Juan Cuadrado, der beim Treffer für Florenz mit den Händen einen würgenden Lynchstrick über Kopf und am Hals andeutete. Was das sollte? Keine Ahnung. Vielleicht war damals doch Einiges besser.
Das Pay-TV bietet Fußball-Italien den Hochgenuss des doppelten Audiokanals, neben dem Reporter also auch einen mehr oder weniger bekannten VIP als Fan-Kommentator. Ohne dieses journalistische Kleinod wäre der Welt folgende besonnene Analyse der derzeitigen Inter-Misere verborgen geblieben: "Kein Direktspiel, kein Doppelpass, nichts, nichts, nichts - die bringen unseren Spielern NICHTS bei! Warum versuchen die ständig ti-tik, ti-tak, ti-tuk? Wir wollen tiki-taka spielen, doch wir sind nicht Barcelona, wir haben nicht einmal annähernd die Klasse von Barcelonas Reserveteam!" Gut beobachtet.
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Premier League
Von Raphael Honigstein
Englische Härte des Spieltags: Wenn in England ein Stürmer dem gegnerischen Torhüter im Fünfmeterraum erst auf den Kopf und dann gegen die Hand schlägt, nennt man das: Weiterspielen. So zumindest entschied Referee Anthony Taylor nach der doch eher rustikalen Aktion von Andy Carroll (West Ham) gegen Simon Mignolet (Liverpool).
Guy Demels 1:1-Ausgleich in unmittelbarer Folge dieser Kontroverse fiel am Ende nicht mehr so ins Gewicht, weil die Reds das Auswärtsspiel mit einem schmutzigen 2:1 nach Hause brachten. Der unverhoffte Tabellenführer hat es nun selbst in der Hand. Am Sonntag kommt es zum Spitzenspiel gegen Manchester City.
Einen guten Tag erwischte auch das zweite Team von der Mersey. Der FC Everton fegte ein unglaublich schwaches Arsenal mit 3:0 vom Platz und könnte den Londonern im Rennen um den vierten Platz gefährlich werden. "Ich würde der Mannschaft die Einstellung nicht absprechen, aber wir haben Selbstvertrauen verloren", sagte Arsene Wenger.
Eine Niederlage im FA-Pokalhalbfinale gegen Wigan am Samstag würde in Nord-London wohl einen Volksaufstand gegen den Franzosen auslösen. Man mag die ewig gleichen Erklärungen für den Misserfolg nicht mehr hören.
Der "Enrico" des Spieltags: Juan Mata war mit zwei Toren der Star beim 4:0 von Manchester United im St. James' Park. Die Sportsfreunde von Newcastle United waren allem Anschein nach schon "on the beach", wie man auf der Insel sagt, mit den Gedanken am Strand.
Die Daily Mail illustrierte den Spielbericht (aus Versehen) mit hoch-interessanten Bildern, aber was wollte uns das Blatt damit sagen? Dass Mata den Schalter umlegte, richtig Gas gab und dass für David Moyes endlich einmal alles glatt lief? Man wird es wohl nie erfahren. Rätselhaft blieb auch die Einfassung von Patrice Evra, der nach dem Match in bester "Enrico"-Manier - ältere Leser werden sich erinnern, dass der Clown der ORF-Kindersendung AmDamDes so hieß - verkündete, dass er die Probleme von United in der Liga erklären könne - "ich habe die Antwort" - dann aber mit selbiger nicht rausrückte.
"Es tut weh, sehr weh. Manchmal muss man den Sturm vorbeiziehen lassen", meinte der Franzose. Nun darf man gespannt sein, ob die Red Devils es schaffen, den Sturm in München vorbei ziehen zu lassen, oder ob es dort eher weh tun wird.
Und sonst? Ob Cagliari-Calcio-Eigentümer Massimo Cellino Leeds United übernehmen darf, entscheidet sich im erst Juni. Der 58-Jährige wurde von einem italienischen Gericht wegen Steuerhinterziehung in Höhe von knapp 400 000 Euro verurteilt, doch bis zur schriftlichen Urteilsverkündung in zwei Monaten wird die Football League dem Italiener den Kauf des Zweitligisten wohl provisorisch erlauben.
In Italien, so hatten die Anwälte des Sizilianers erfolgreich argumentiert, muss Steuerbetrug nicht automatisch mit "Unehrlichkeit" einhergehen - Cellino sei gemäß der Liga-Statuten weiterhin als "fähig und anständig" anzusehen. Die Anhänger der vielgebeutelten Weißen müssen sich auf einiges gefasst machen. Am Dienstag rief ein besorgter Fan bei Cellino an und war überrascht, dass der Italiener sich als "betrunken" ausgab und dann minutenlang vom Leder zog.
Die Mannschaft sei "fucking shit" und überbezahlt, tobte Cellino. Geschäftsführer David Haigh nannte er einen "hochgefährlichen, kranken Idioten" und die früheren Eigentümer "Diebe". Außerdem erzählte er, dass er im Januar persönlich den Verkauf von Ross McCormack zu Cardiff gestoppt hätte.
"Das ist so, als ob du als Barbesitzer deinen Eisschrank verkaufst, um Bier einzukaufen. Wo willst du denn dann das verdammte Bier hinstellen?", sagte Cellino. Das Gespräch wurde mitgeschnitten und von einer Onlineradio-Station ausgestrahlt. Für den Klub und die Fans kann einem diese Geschichte, so lustig sie auch sein mag, nur Leid tun.
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Primera Division
Von Frank Oschwald
Ex des Spieltags: Asier Illarramendi weiß sehr wohl, wie der Hase läuft. Sollte man gegen seinen Ex-Klub ein Tor schießen, gilt: Füße stillhalten. Inspiriert von zahlreichen namhaften Vorgängern tat er eben dies am vergangenen Spieltag. Besonders kurios dabei: Seit der Jugend war der Mittelfeldspieler bei Real Sociedad aktiv, schaffte es in seiner 3-jährigen Profikarriere bei den Basken jedoch nie, ein Tor im heimischen Estadio Anoeta zu erzielen.
Jetzt kam Illarra mit den Königlichen ins Baskenland, erlebte 90 Minuten ein gellendes Pfeifkonzert und traf dann kurz vor der Halbzeit zum 1:0. Nach dem Tor machte er deshalb das einzige Richtige - obwohl das auch immer albern aussieht. Als hätte man ihm sämtliche Synapsen zwischen Gehirn und dem motorischem Zentrum gekappt, stand er einfach nur da und wartete auf die Kollegen.
Aus Sicht der baskischen Fans ist es trotz des ausgelassenen Jubels nicht ganz einfach, das muss man verstehen. Das ist ungefähr so, als würde man seine Ex mit einem neuen Typen sehen. Und der sieht besser aus, ist erfolgreicher und interessiert sich für klassische Musik und Lyrik aus dem 18. Jahrhundert.
Untaten des Spieltags: Prinzipiell könnte man meinen, die Spieler von Rayo Vallecano dürften aktuell eigentlich keine Schmerzen haben. Nach der katastrophalen Hinrunde hat man sich nach einer starken Serie spätestens mit dem 3:0-Sieg über Vigo von den allergröbsten Abstiegsängsten befreit. Umso unverständlicher, was die Rayo-Akteure am Wochenende auf dem Platz so veranstalteten.
Auf der einen Seite war da Jonathan Viera. Während der zweiten Halbzeit kratzte der 24-Jährige einen Ball von der gegnerischen Torauslinie, legte den Ball gerade noch in die Mitte und kam direkt vor den Rayo-Fans zu Fall. Inigo Lopez, der die Hereingabe geblockt hatte, lief daraufhin zum am Boden liegenden Viera und tätschelte ihm den Kopf. Dieser blickte hoch, grinste und spuckte den bereits wieder weglaufenden Lopez in bester Frank-Rijkaard-Manier von hinten in die Haare. Ekig, ja, es geht allerdings noch ekliger.
Beim Stande von 3:0 (!) und weit abseits des Spielgeschehens streckte Rayo-Neuzugang Razvan Rat Gegenspieler Charles mit einer saftigen Kopfnuss am Mittelkreis nieder. Der Brasilianer musste mit einem Nasenbeinbruch ausgewechselt werden. Unnötig und eklig wie Fußpilz, solche Aktionen.
Und sonst? Die FIFA bekam am Wochenende den Zorn ganz Kataloniens zu spüren. Der unter der Woche verhängte Transferstopp hing den Barca-Fans immer noch nach. Beim Spiel gegen Betis rollten die Barca-Fans beim Einmarsch der Spieler deshalb ein riesiges Banner aus.
Darauf war zu lesen: "Finger weg von La Masia". Ein Appell an die FIFA, dass diese das über lange Jahre gepflegte Konzept des Vereins mit Strafen nicht zerstören sollen. Ob der politischen Brisanz des Transferstopps blicken wir kurz zu Neymar, der auf seinem Instagram-Account immer wieder reflektierte und sachliche Stellungnahmen zu den wichtigen Themen gibt. So auch am Wochenende.
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