Zeit, um Prinzipien zu brechen

Luis Enrique hat beim FC Barcelona das Steuer übernommen
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Ebenso würde dies das Werben um Juan Cuadrado erklären. Der Kolumbianer ist nicht defensivstark genug, um als Rechtsverteidiger aufzulaufen, könnte allerdings als Wingback funktionieren. Ähnliches gilt für Dani Alves, der seit einem, wenn nicht sogar zwei Jahren weit seiner Form unter Guardiola hinterherhechelt. Beide Spieler könnten weiterhin ihre Offensivqualitäten einbringen, ohne aufgrund der Asymmetrie die defensive Stabilität zu gefährden.

Dann wäre der Weg frei, um Javier Mascherano und Sergio Busquets auf ihrer Paradeposition einzusetzen. Als Sechser vor der Abwehr, ein Spieler, der sowohl das Spiel aufbauen kann, als auch defensiv sicher steht und viele Angriffe im Aufbau schon unterbricht. Enrique schätzt Polyvalenz, nahezu jeder seiner Spieler kann mehrere Positionen spielen. Für ihn dürfte das Spielermaterial beim FC Barcelona wie geschaffen sein.

Sogar auf der Torwartposition hat er die Auswahl aus drei Torhütern, die alle ähnliche Voraussetzungen mitbringen. Im Moment, so Enrique, hat sogar die für die Öffentlichkeit unwahrscheinlichste Lösung die Nase vorn: "Wenn ich jetzt meine erste Elf auswählen müsste, würde ich Masip nehmen." Die Krönung aller Prinzipien, die der Coach vereint: Bedenkenloses Vertrauen in junge Spieler und La Masia, den Mut, alternativ zu entscheiden und den ständigen Konkurrenzkampf durch verschiedenste Spielertypen im Kader.

Die nötige Flexibilität

Dies alles macht Barca flexibel und anpassbarer. Der Kader soll wieder tiefer aufgestellt werden, der Trainer sich mehr auf den Gegner einstellen können. In einer 3-1-4-2-Formation kann die Viererkette durch mindestens drei Methoden hergestellt werden. Über eine der Seiten oder durch den zurückfallenden Sechser. Montoya wäre der Mann für rechts, Alba oder Adriano die Spieler für links, Mascherano und Busquets die Spieler für die Mitte.

Aus dieser defensiven Balance heraus baut sich die restliche Formation auf. Rakitic kann beinahe jede Position im Mittelfeld spielen. Mit Sergi Roberto und derzeit noch Xavi Hernandez stehen zwei Ballzirkulatoren zur Verfügung, mit Andres Iniesta und Rafinha zwei, die Lücken reißen und diese auch selbst zu nutzen wissen. Ibrahim Afellay stellte Enrique aufgrund seiner Vielseitigkeit den Verbleib in Aussicht und lobte ihn ausdrücklich nach dem ersten Test (1:0 gegen Recreativo Huelva).

Es ist das neue Gesicht Barcas, das Lucho plant. Eine flexible Mannschaft, die ihren eigenen Stil hat, aber auch über genügen Stellschrauben verfügt, um sich jederzeit an den Gegner anzupassen. Ein Erfordernis, das es braucht, um Titel zu gewinnen, zuletzt aber konsequent ausgeblendet wurde.

Alexis ein Opfer seiner Leistungen

Betrachtet man diese Planungen, passt auch der Transfer von Luis Suarez ins Bild. Thiago erklärte nach seinem Abgang, beim FC Barcelona habe man mehr Spieler, die sich im eins gegen eins durchsetzen könnten, dafür beim FC Bayern München mehr Spieler, die sich über die Physis Chancen erarbeiten. Suarez ist die Mischung aus beidem.

Ein Spieler, der Unruhe stiftet, der die gegnerische Abwehr aufarbeitet und Platz schafft, für die Dribbler wie Neymar oder Lionel Messi. Diese Rolle nahmen zuletzt Alexis Sanchez und Pedro ein, während letzterer jedoch nicht mehr die geforderte Torgefahr für die erste Mannschaft aufbringt, ist der Chilene ein Opfer seiner eigenen Leistungen geworden.

Mehr Freiheit für Messi

Die Rechnung wirkt so simpel, wie herzlos. Für Suarez musste man einen Offensivspieler opfern. Nicht nur aufgrund der Ablösesumme, sondern auch aufgrund des Platzes im Kader. Die gute Weltmeisterschaft und die wohl bisher beste Saison Alexis' im Barca-Trikot brachten ihn auf den Präsentierteller. Für Pedro hätte man nicht annähernd das gleiche Geld einnehmen können. Zudem ist der Spanier mit dem Klub verbunden und wird sich ohne zu zögern auf die Bank setzen. Alexis hat höhere Ansprüche, er wäre nicht zufrieden gewesen.

Suarez ist nun das Upgrade zum Chilenen und damit auch zu David Villa. Er verkörpert eigene Torgefahr, Stärke mit dem Ball am Fuß und den hundertprozentigen Willen, den Enrique immer und immer wieder seit seiner Ankunft von den Spielern einfordert. Messis Spiel wurde zuletzt immer wieder dadurch gestoppt, dass der Gegner das Zentrum versperrte. Der Argentinier rutschte weiter und weiter zurück, bis der Weg zum Tor letztlich zu lang wurde. Mit Suarez spielt bald ein Spieler vor ihm, der den Weg frei machen kann, denn keine Mannschaft kann es sich leisten, einen von beiden unbewacht zu lassen - von Neymar ganz zu schweigen.

Es ist das größte Teil im Puzzle von Enrique und könnte auch das spektakulärste werden, vorausgesetzt der Spanier vermag es, seine Pläne in Realität umzusetzen. Dann dürfte man wohl das ungewohnte Gefühl der Unterlegenheit in Katalonien auch bald wieder vergessen haben.

Seite 1: Enrique und der lang nötige Umbruch

Seite 2: Suarez das fehlende Puzzleteil

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