"NBA hat mich nie wirklich interessiert"

Der Serbe Sasa Obradovic ist seit 2012 Cheftrainer von Alba Berlin
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SPOX: Sie sind immer sehr aktiv und aggressiv an der Seitenlinie. BVB-Trainer Jürgen Klopp sagt häufiger, dass er sich anschließend immer erschrickt, wenn er sich an der Seitenlinie wüten sieht. Geht es Ihnen ähnlich?

Obradovic: Manchmal hasse ich mich selbst. Manchmal ist es auch einfach notwendig oder Teil der Show. Es gibt aber auch Momente, da ist es total unnötig. Aber so bin ich nun mal. Das lässt sich auch nicht ändern. Natürlich weiß ich auch, dass wenn es nicht so gut läuft, dann häufig gesagt wird, dass der Coach das Team zerstört. Wenn es läuft, interessiert sich dafür aber niemand. Was allerdings viel wichtiger ist, ist die tägliche Arbeit. Es ist wichtig, dass die Leute verstehen, dass ich nicht grundlos sauer bin. Autorität ist wichtig. Ich gebe die Richtung und die Einstellung vor. Wenn man diese Art dann mit einer kommunikativen Art vermischt und auch mal gute Gespräche führt, wird es auch akzeptiert.

SPOX: Nicht alle ihrer ehemaligen Spieler konnten mit dieser Art umgehen. Würden Sie sagen, dass diese Spieler nicht tough genug waren?

Obradovic: Haben Sie da ein konkretes Beispiel? Ich hatte in den letzten zehn Jahren so viele Spieler.

SPOX: Letztes Jahr gab es beispielsweise ein paar Probleme mit Heiko Schaffartzik.

Obradovic: Es ist halt die Frage, was die Spieler erwarten. Wenn man nicht diszipliniert ist und sich über die Mannschaft stellt, und da rede ich jetzt gar nicht über Heiko, aber wenn man nicht bereit ist, sich unterzuordnen und sein eigenes Ding macht, dann entspricht das nicht meiner Philosophie. Ich erwarte, dass jeder sich einfügt, ein guter Teamspieler ist, Kritik annimmt und dann auch die richtige Reaktion zeigt. Das ist nun mal Teil des Jobs. Es reicht, wenn man auf die vergangene Saison schaut. Für die meisten Spieler war es der erste Titel überhaupt. Selbst DaShaun Wood hatte noch nichts gewonnen. Tja, und sie haben ihn gewonnen, obwohl ich so bin wie ich bin (lacht).

SPOX: Sie mussten vor der Saison ein komplett neues Team aufbauen. Sie haben viele Stars verloren und viele junge und hungrige Spieler in den Klub geholt, die teilweise völlig unbekannt waren. Verraten Sie uns Ihr Erfolgsgeheimnis.

Obradovic: Die Auswahl ist sehr wichtig. Man kann nicht immer die größten Talente holen, weil sie oftmals zu teuer sind. Genauso schwierig ist es, große Persönlichkeiten zu finden. Die größte Aufgabe für Mithat Demirel, Marco Baldi und mich war es, das bestmögliche Team zu finden. Ich konnte mich den ganzen Sommer am Strand nicht so richtig entspannen. Ich habe die ganze Zeit darüber nachgedacht, was das Beste für das Team ist. Wer passt zu meiner Philosophie? Es hängt heutzutage viel von der Physis ab. Wer ist bereit, Defense zu spielen? Offensivtalent ist schön und gut, aber es ist immer noch so, dass die Verteidigung die Meisterschaft gewinnt. Das hat die Vergangenheit gezeigt und viele Trainer hatten mit dieser Philosophie Erfolg. Ich identifiziere mich damit. Aber das Wichtigste für mich als Coach war es, das Selbstvertrauen zurück in den Klub zu bringen. Als ich zurückkam, war es schwierig, Spieler zu holen. Niemand der jungen Spieler wollte zu Alba kommen, weil sie hier keine Chance bekamen. Das hat sich nun geändert. Natürlich müssen sie die Chance jetzt auch nutzen.

SPOX: Aber macht es nicht auch Spaß, mit einem weißen Papier anzufangen und ein Team ganz nach den eigenen Vorstellungen aufzubauen?

Obradovic: Natürlich. Dieses Jahr war nur der Anfang und ich will diese Mission jetzt zu Ende bringen. Wir haben eine gute Basis geschaffen und es war auch wichtig, dass wir den Pokalsieg geholt haben. Bis zu diesem Zeitpunkt, war es eine gute Saison, aber abgerechnet wird nun mal am Ende. Es geht aber nicht nur um den Erfolg, sondern auch darum, die jungen Spieler weiterzuentwickeln. Jonas (Wohlfarth-Bottermann, Anm. d. Red.) und Akeem (Vargas, Anm. d. Red.) haben sich in den Fokus gespielt. Oder schaut man auf Ismet Akpinar, der in unserem Juniorteam explodiert ist und an jedem Profitraining teilnimmt. Das ist ganz wichtig. Nur so kann er sich physisch und taktisch weiterentwickeln. Die Entwicklung von mehr Qualität fängt bereits in den Nachwuchsteams an. Alba muss wieder dahinkommen, sich im Nachwuchs bedienen zu können. Wie damals als Jörg Lütke oder Demirel hochkamen. Dieses Projekt haben wir gestartet. Die Leute verstehen das und unterstützen uns, weil sie sich damit identifizieren können.

SPOX: Sie haben vor der Saison viele Spieler an Bayern München verloren. Jetzt könnte das wieder mit David Logan passieren. Wie können Sie das in Zukunft vermeiden?

Obradovic: Die Sache bei Logan ist doch, ob man der Geschichte überhaupt Glauben schenken sollte. Ich beschäftige mich damit nicht. Das passiert doch immer wieder. Man hört, dass Spieler wegwollen oder irgendwelche anderen Teams Interesse an einem Spieler haben. Letztlich ist es egal, wer diese Gerüchte streut, das Ziel ist immer, Unruhe bei uns reinzubringen. Man kann ja nicht anfangen, mit Spielern zu verhandeln, die noch Vertrag haben. Und das hat Logan. Logan ist sehr wichtig für unser Spiel, aber Alba hängt nicht alleine von einem Spieler ab. Wenn man eine gute Basis hat, kann man das auffangen. Letztes Jahr haben uns vier wichtige Spieler verlassen und wir haben auch guten Ersatz gefunden.

SPOX: Aber ist es nicht frustrierend, dass Bayern in der Lage ist, so viel mehr zu bieten als Alba?

Obradovic: Wenn ich mir darüber zu viele Gedanken machen würde, würde ich meinen Fokus verlieren. Das sind Sachen, die ich nicht kontrollieren kann. Daher schenke ich dem keine große Beachtung. Es geht viel mehr darum, wo man selbst steht und was man verbessern kann.

SPOX: Es gibt immer viel Rummel zwischen Alba und Bayern über die Medien - auch mit Coach Svetislav Pesic. Sie kennen ihn schon lange, haben unter ihm gespielt und kommen beide aus Serbien. Wie ist eigentlich Ihr Verhältnis zu ihm?

Obradovic: Das ist immer noch in Ordnung. Wir reden jetzt nicht mehr so viel wie vorher, weil wir nun Konkurrenten sind, aber das ist normal. Man kann jetzt nicht befreundet sein. Ich respektiere, was er alles für den Basketball getan hat. Bei den ganzen Diskussionen ist auch immer viel Politik dabei. Das zieht natürlich auch Medieninteresse an. Mich interessiert das alles nicht.

SPOX: Und wie ist das Verhältnis zu Marko Pesic?

Obradovic: Eigentlich ähnlich. Wir haben kein Problem miteinander, haben aber auch keinen großen Kontakt.

Svetislav Pesic im Interview: "Schaffartzik ist ein großer Kämpfer"

SPOX: Sie kennen ihn ja schon ewig. Konnte man damals schon ahnen, dass er mal Manager wird?

Obradovic: Nein, das konnte ich mir damals nicht vorstellen. Man konnte allerdings schon immer sehen, dass er jemand ist, der alles dafür tut, um seine Ziele zu erreichen. Daher passt der Managerjob auch gut zu seinem Charakter. Damals, als wir das erste Mal zusammengespielt haben, war er noch ein junger Kerl, aber er ist intelligent und clever. Es ist nicht verwunderlich, dass er einen guten Job macht.

Seite 1: Obradovic über eigene NBA-Angebote und die Spurs

Seite 2: Obradovic über sein Verhältnis zu Pesic und den Neuaufbau in Berlin

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