Die Bayernjagd ist eröffnet

Jonas SchützenederMax Marbeiter
03. Oktober 201400:23
2014 gewannen die Bayern ihre erste Meisterschaft nach dem Wiederaufstieggetty
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Nach der Meisterschaft sind die Bayern auch in diesem Jahr wieder Favorit - trotz einiger Veränderungen. Die Brose Baskets Bamberg haben einen großen Umbruch hinter sich, stellen aber dennoch einen gefährlichen Herausforderer dar. Auch Alba hat sich verstärkt. SPOX hat die sechs Top-Teams unter die Lupe genommen.

FC Bayern München

Die vergangene Saison nahm den erwarteten Verlauf. Nachdem die Bayern im Sommer unglaublich aufgerüstet hatten, dominierten sie erst die Regular Season, schickten ihre Gegner in den Playoffs mal mehr, mal weniger souverän nach Hause und sicherten sich am Ende die Meisterschaft. Anlass für Veränderungen bestand im Sommer dennoch. Einerseits, da die Münchner den Erfolg aus der Euroleague mindestens wiederholen und - trotz schwerer Vorrundengruppe - erneut ins Top 16 einziehen wollen, andererseits, da Verträge ausliefen und nicht verlängert wurden respektive werden konnten.

SPOX So verließ ausgerechnet eine der prägendsten Figuren der vergangenen Saison die Bayern gen Khimki Moskau. Malcolm Delaney wird den Bayern sicherlich fehlen, allerdings holten Marco und Svetislav Pesic mit Vasilije Micic eines der größten Point-Guard-Talente Europas nach München. Das Spiel der Bayern dürfte sich ab sofort deshalb grundlegend von jenem unter Führung Delaneys unterscheiden. Denn, wo der Amerikaner nur allzu gern scorte, sucht Micic eher den Assist, ist ein klassischer Pass-First-Point-Guard.

exklusiv Vasilije Micic im Inteview: "Konnte mit NBA-Toptalenten mithalten"

"Vasilije unterscheidet sich schon von Malcolm", erklärt deshalb auch Neu-Kapitän Bryce Taylor im Gespräch mit SPOX und beschreibt gleichzeitig die Ausrichtung der neuen Bayern. "Wir haben jetzt ein anderes Team, sind etwas weniger athletisch. Wir werden defensiv dennoch auf sehr hohem Niveau spielen und andere Teams unter Druck setzen. Dazu werden wir den Ball gut bewegen, eine sehr passorientierte Offense spielen. Das wird definitiv eine unserer Stärken."

Damit das auch funktioniert, verpflichteten die Münchner neben Micic dessen Landmänner Dusko Savanovic und Vladimir Stimac. Ersterer kennt Athletik zwar nur aus Erzählungen, zählt jedoch zu den intelligentesten Power Forwards Europas und dürfte die Team-Offense der Münchner deutlich an Variabilität gewinnen lassen. Stimac ist ein Center serbischer Schule und arbeitete bereits bei Roter Stern Belgrad mit Coach Pesic zusammen.

Alles in allem bringt der FCB dank der beiden Neuen trotz der Abgänge von Chevon Troutman und Deon Thompson eine mehr als respektable Big-Man-Rotation aufs Parkett, die noch dazu über einiges an internationaler Erfahrung verfügt. Stimac' Silbermedaille bei der WM dürfte dem Serben zudem zusätzliches Selbstvertrauen verleihen.

So dürften die Abgänge sicherlich zu kompensieren sein, wenngleich speziell Troutman und Steffen Hamann, der keinen neuen Vertrag erhielt, gerade im Locker Room durchaus fehlen könnten. "Ich vermisse die beiden jetzt schon", gibt auch Taylor zu. "Aber das gehört zum Profisport dazu. Sie waren großartig für das Team, aber wir haben auch wieder großartige Jungs dazubekommen und werden eine sehr gute Teamchemie haben."

Sicherlich auch dank Anton Gavel. Nach Jahren des Erfolgs in Bamberg sucht der Deutsch-Slowake nun eine neue Herausforderung und wird den Münchnern dank seiner hervorragenden Arbeitseinstellung gut tun. Nihad Djedovic hat seinen Handbruch, der ihn beinahe die gesamten Playoffs kostete, auskuriert und wird speziell offensiv wieder eine entscheidende Rolle übernehmen.

Fazit: In München hat sich einiges getan. Wo sich die Bayern vergangene Saison in entscheidenden Phasen häufig auf Malcolm Delaney verließen, ist ab sofort Teambasketball und Ballmovement angesagt. Ein wenig möchte man sich sogar die San Antonio Spurs zum Vorbild nehmen. Mit Vasilije Micic hat man dafür den optimalen Point Guard verpflichtet. Allerdings wird der 20-Jährige sicherlich noch die eine oder andere Lehrstunde erhalten, wenngleich er für sein Alter sehr reif daherkommt. Die Titelverteidigung ist mehr als nur möglich, auch wenn sich die Konkurrenz ebenfalls hochkarätig verstärkt hat.

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Alba Berlin

Zu Beginn der vergangenen Saison war Alba noch die Baustelle der Liga. Beinahe die gesamte Mannschaft hatte Berlin verlassen, das Team musste völlig neue zusammengestellt werden. Dank intensiver Defense und guter Kaderplanung sprang am Ende dennoch beinahe die Meisterschaft heraus.

SPOXNur ein Jahr später steht Alba für Kontinuität. Zwar verließen Jan Jagla (Bayern), Sven Schultze (Bremerhaven), Levon Kendall (Gran Canaria), Bar Timor (Jerusalem) und David Logan (Sassari) die Hauptstadt, der Kern konnte jedoch beisammengehalten werden. Nun dürfte speziell Logans Abgang nicht allzu leicht zu kompensieren sein, schließlich zählte der Point Guard dank seiner Erfahrung zu den Schlüsselspielern.

Als Ersatz wurde Jonathan Tabu aus Saragossa geholt und er sollte Premium-Defender Cliff Hammonds auf der Eins entlasten. Der Belgier hat sich aber schwer verletzt und fällt mehrere Monate aus. Mit Alex Renfroe wurde daher schnell Ersatz verpflichtet. Der ebenfalls verletzte Martin Seiferth (kam von vom Eastern Washington College) wird durch Marko Banic ersetzt. Mit Jamel McLean sicherte sich Alba einen der besten Athleten der BBL, der das Lowpost-Spiel der Berliner dazu sicherlich bereichern wird.

Mit großen Erwartungen kehrt Niels Giffey nach vier Jahren USA und zwei College-Titeln zurück in die Heimat. Der starke Distanzwurf (48,3 Prozent 3FG für die University of Connecticut) gepaart mit aggressiver Defense machen den Nationalspieler zur optimalen Ergänzung für das Spiel von Coach Sasa Obradovic.

Kurz nach dem Saisonstart erlebt Giffey zudem eine kleine Reise in die amerikanische Vergangenheit. Am 8. Oktober trifft Alba im Rahmen der NBA Global Games auf die San Antonio Spurs und kann sich direkten Anschauungsunterricht beim derzeit vielleicht besten Basketballteam der Welt nehmen. Coach Gregg Popovich sieht die Berliner Entwicklung jedenfalls positiv. Bei Alba sei "alles auf Zukunft ausgelegt, auf wachsen und besser werden", erklärte Pop während eines Interviews.

Fazit: Wie von Popovich angedeutet scheint Alba tatsächlich besser aufgestellt zu sein als zu Beginn der Vorsaison. Der Kern ist eingespielt, mit Reggie Redding besitzt man den Vize-MVP der vergangen Saison, mit Cliff Hammonds einen der besten Verteidiger der BBL und mit Leon Radosevic einen unglaublich versierten Big Man mit jeder Menge Potential. Auch die Neuzugänge passen. Alles in allem dürfte Alba auch in dieser Saison wieder eine große Rolle spielen. Der Supercup-Triumph gegen die Bayern lieferte einen Vorgeschmack. Wie die Berliner die spielerisch größere Herausforderung Euroleague mit dem BBL-Alltag vereinen können, muss sich allerdings zeigen.

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Brose Baskets Bamberg

Vier Jahre lang dominierte Bamberg die Liga. Vier Jahre lang kam der Meister und Pokalsieger aus Oberfranken. Allerdings findet jede Dynastie irgendwann ihr Ende, so auch jene der Brose Baskets. Vergangene Saison war überraschend bereits im Viertelfinale gegen die Artland Dragons Schluss. Die Folge: Der ganz große Umbruch.

SPOXCoach Chris Fleming musste gehen, Anton Gavel wechselte nach München, Casey Jacobsen und John Goldsberry beendeten ihre Karrieren, auch Mike Zirbes verließ den Verein - um nur die wichtigsten zu nennen. Der Kern der vergangenen Jahre existiert nicht mehr.

Deshalb ist Bamberg auch so etwas wie die große Unbekannte der BBL - und irgendwie doch nicht. Denn, dass die Baskets Qualität geholt haben, steht außer Frage. Neu-Coach Andrea Trinchieri gilt als kleines Coaching-Genie, wird in Sachen Akribie immer wieder mit Pep Guardiola verglichen.

Doch auch auf dem Feld wirkt Bamberg bestens aufgestellt. Neu-Point-Guard Brad Wanamaker zählte in Italien vergangene Saison zu den besten Punktesammlern (16,2 Punkte) und Assistgebern (4,7) und soll das Spiel der Franken ab sofort lenken. Dem Amerikaner zur Seite steht mit Carlon Brown einer herausragender Scorer (19,8 Punkte für Hapoel Tel Aviv), der nicht nur Trinchieris Wunschspieler war, sondern auch zu einer der gefährlichsten Offensivwaffen der BBL werden könnte.

Ryan Thompson und Josh Duncan gelten als starke Schützen auf der Drei und Vier, die die gegnerische Defense durchaus auseinander ziehen dürften. Auf den großen Positionen sind die Baskets zwar relativ klein besetzt, allerdings bringen gerade Trevor Mbakwe und Nationalspieler Daniel Theis, der aus Ulm nach Bamberg wechselt, einiges an Athletik mit.

Fazit: Vieles ist neu in Bamberg, und dennoch zählt der einstige Serienmeister zu den großen Favoriten. Das Team wird Zeit brauchen, um sich einzuspielen, besitzt mit Andrea Trinchieri allerdings einen Coach, der all die hochveranlagten Einzelteile zu einem beeindruckenden Gesamtkonstrukt zusammenfügen kann. Auch die Nationalspieler Elias Harris, Karsten Tadda und Daniel Theis dürften eine gute Rolle im System des Italieners spielen.

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Artland Dragons

Es hätte das ganz große Jahr der Dragons werden können: Sensationell besiegte das Team von Tyron McCoy im Viertelfinale den Serienchamp aus Bamberg und beendete damit die Franken-Dynastie. Im Halbfinale gegen Alba fehlte es nur an Kleinigkeiten. Game 1 ging in der Overtime verloren, nach dem Ausgleich in heimischer Halle sicherten sich dann aber die Hauptstädter mit zwei knappen Siegen das Final-Ticket.

SPOXGetty Grund genug für großen Optimismus vor der neuen Saison. "Wir haben uns auf dem Papier verbessert", findet Coach McCoy, der in seine zweite Saison als Headcoach geht. In der Tat: Seine Starting Five bleibt ihm erhalten, dazu kommen mit David McCray (Bonn), Andy Seiferth (Trier) und Basti Doreth (war nur ausgeliehen) drei wichtige Ergänzungen nach Quakenbrück.

Die Abgänge von Christian Hoffmann (s.Oliver Baskets), Kenneth Frease (Yesilgiresun Belediye/Türkei), Sergio Kerusch und Acha Njei sind jedenfalls mindestens kompensiert.

"Wir haben uns in den letzten Jahren stetig verbessert, wir wollen wieder Gutes leisten", gibt McCray als Ziel aus. Dabei helfen wird sicher der lautstarke Dragons-Anhang. Kaum ein anderes Team kann sich über eine so intensive Stimmung bei Heimspielen freuen. "Die Fans geben uns viel Energie, sie sind ein Erfolgsgarant", sagt McCoy.

Fazit: Mit den Dragons ist immer zu rechnen. Sie haben in den letzten Jahren bewiesen, dass sie in den Playoffs auch die ganz großen Teams bezwingen können (Bayern 2012, Bamberg 2014). Im Vergleich zum Vorjahr ist der Kader nominell stärker, der Kern des Teams ist zusammengeblieben. Das macht Hoffnung. Artland wird mit Sicherheit wieder für Überraschungen sorgen. Für die ganz große Sensation reicht der Kader aber dann doch nicht.

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EWE Baskets Oldenburg

Neuer Anlauf: 2013 scheiterten die Baskets im Finale, im Frühjahr lieferten sie dem späteren Meister aus München eine hart umkämpfte Halbfinal-Serie. Auch in diesem Jahr soll es wieder mindestens das Halbfinale sein. Coach Sebastian Machowski scheut zumindest keine hohen Zielvorgaben.

SPOX Der Coach of the Year 2013 hat seinen Vertrag bis 2016 verlängert und will bis dahin endlich einen Titel in den Norden Niedersachsens holen. "Ich finde es wichtig, sich zu bekennen und Ziele auszugeben. Wir wollen das wiederholen, was wir in den vergangenen Jahren erreicht haben. Die Aussage von Hermann Schüller kam vielleicht früh - in der Sache war sie aber richtig", meint der 42-Jährige mit Blick auf die Kampfansage seines Geschäftsführers an die Top 3 der Liga.

exklusiv Philipp Neumann im Interview: "Nicht mehr das Bamberg

Hoffnung machen neben dem starken Duo Jenkins/Paulding auch die Neuzugänge der Baskets. Mit Maurice Stuckey (s.Oliver Baskets), Philip Zwiener (Eisbären Bremerhaven), Leo Niebuhr (Oettinger Rockets Gotha) und Tywain McKee (UNICS Kasan) erhält Machowski weitere Offensiv-Optionen.

Demgegenüber stehen die Abgänge von Kevin Smit (RASTA Vechta), Dominik Bahiense de Mello (BG Göttingen), Jannik Freese, Travon Bryant, Konrad Wysocki und Dru Joyce (Braunschweig). Vor allem Joyce und Wysocki hatten aber entscheidenden Anteil an den Resultaten im Frühjahr.

Fazit: Die Baskets fühlen sich wohl in ihrer Rolle als Jäger der Top-Favoriten. Machowski hat gezeigt, dass er die individuelle Klasse seiner Führungsspieler Jenkins und Paulding in erfolgreichen Team-Basketball integrieren kann. Das macht Oldenburg auch in dieser Saison zu einem Contender, der jederzeit die Top-Teams bezwingen kann. Außerdem: Mit Heimvorteil beim Final Four ist schon im April der erste Titel möglich.

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ratiopharm Ulm

Wer nach dem Abgang des zweifachen MVP John Bryant einen Absturz der Ulmer erwartet hatte, wurde eindrucksvoll eines Besseren belehrt. Angeführt vom starken Duo Per Günther und Daniel Theis sicherten sich die Grenzstädter souverän das Playoff-Ticket und hatten beim 1:3 im Viertelfinale gegen den späteren Finalisten Alba durchaus ihre Siegchancen.

SPOX Der erste Rückschlag dann im Sommer: Erfolgsfaktor Daniel Theis entschied sich für einen Wechsel nach Bamberg, Cameron Long suchte eine neue Herausforderung und Forward Matt Howard (9,8 PPS) ging nach Frankreich. Mit Boris Savovic (Bayern München). Maarten Leunen (Cantu) und Tim Ohlbrecht (D-League) gelangen allerdings namhafte Top-Transfers, die Ulm am Korb unberechenbar machen sollten. Fraglich ist noch, wie sich das Trio auf dem Parkett ergänzt.

Die Vorbereitung verlief jedenfalls alles andere als optimal. In den Tests gegen Bayreuth, Braunschweig und zuletzt Tübingen setzte es Pleiten, nur gegen ersatzgeschwächte Bamberger gelang ein Sieg. Außerdem plagt sich Per Günther weiterhin mit Knieproblemen herum. Der Aufbauspieler wird wohl auch den Saisonstart verpassen.

Coach Thorsten Leibenath will die mäßigen Resultate der letzten Wochen allerdings nicht überbewerten. "Ich glaube weiter an dieses Team. Phasenweise haben wir aber unterirdisch gespielt", so der 39-Jährige nach der Niederlage gegen Tübingen.

Fazit: Auf Leibenath wartet noch viel Arbeit. Der Umbruch ist groß, die Konkurrenz ist stark. Dennoch: Ulm hat den Kader und die Strukturen, um wieder in die Top 4 der Liga vorzudringen. Dank seines hohen Ansehens bei der Klubführung und den Fans kann sich der Coach sicher sein, genug Zeit für leichte Anpassungen in der Spielweise zu bekommen. Entscheidend für das Resultat wird nicht zuletzt der Gesundheitszustand von Per Günther sein. Mit ihm in Topform kann Ulm die Großen ärgern, ohne ihn ist eine Playoff-Teilnahme schon ein Erfolg.

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