Rostiger Pacman

Manny Pacquiao will gegen seinen Erzrivalen Floyd Mayweather Jr. mit Zweifeln aufräumen
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Gewohnheit als Chance

Auch gegen Mayweather ist die Rechte in Kombination mit der Auslage Pacquiaos deshalb Freund. Während der US-Amerikaner seine Gegner in der Vergangenheit primär durch seine unvergleichliche Shoulder-Roll-Defense in die schiere Verzweiflung trieb, eröffnet sich exakt an dieser Stelle ein Fenster. Denn Gewohnheit und Routine spielen eine weitaus größere Rolle, als ihnen oftmals zugemessen wird.

Da sich im Duell zwischen Links- und Rechtsausleger nicht nur die jeweiligen Führhände gegenüber befinden, sondern ebenso der jeweils vordere Fuß, kann Pacquiao gleich mehrere Varianten nutzen, die einem Boxer in der Normalauslage nicht zur Verfügung stehen würden. Der größte Vorteil betrifft die Schlaghand. Durch einen einfachen Schritt nach rechts und der Positionierung des eigenen Fußes außerhalb des von Mayweathers kann er sich in Position bringen.

Sobald seine linke Schulter sich als Folge der Bewegung nach rechts auf Höhe der Körpermitte seines Gegenübers befindet, eröffnet sich für die krachende Linke ein Fenster hin zu Magen, Brust oder Kinn Mayweathers. Dieser läuft gleichzeitig Gefahr sich durch seine in Fleisch und Blut übergegangene Shoulder-Roll-Bewegung in den Schlag hineinzudrehen. Denn stünde ihm ein Linksausleger gegenüber, würde er die Schulter zwischen sich und die Schlaghand seines Kontrahenten bringen.

Will Mayweather, der wohl wie in der Vergangenheit gegen Rechtsausleger größtenteils auf seine besondere Defensivtechnik verzichten muss, der Linken Pacquiaos ausweichen, bleiben deshalb nur die Wege nach hinten oder zur eigenen linken Seite - und damit unter Umständen eine aktive Bewegung hin zur Rechten. Jene hätte dem Filipino bis 2005 erhebliche Probleme bereitet, beziehungsweise wäre für den US-Amerikaner weit weniger problematisch gewesen. In den vergangenen Jahren hat sich dies allerdings drastisch geändert.

Variabilität als Trumpf

Dabei handelt es sich jedoch nur um einen kleinen Teil seines Repertoires. Arbeiten seine Gegner etwa mit der Führhand, fliegt ein rechter Haken häufig als Konter über diese hinweg. Noch häufiger kontert der Filipino, der seinen Jab eher unkonventionell und häufig als Folgeschlag einsetzt, jedoch mit einer linken Geraden, einem schnellen Schritt nach links gepaart mit einer geraden Rechten als Primärschlag.

Aufgrund seiner immensen Geschwindigkeit, die Mayweather einst auf Doping zurückführte, ein probates Mittel, obwohl er damit ein Risiko eingeht und sich direkt in Richtung der Schlaghand des Gegners bewegt. Beiden Schlaghänden wird deshalb eine entscheidende Bedeutung zukommen.

Pacquiao, der seine Gegner im Gegensatz zu Mayweather mit Vorliebe mit wahren Schlaghageln eindeckt, hat zudem so viel Vertrauen in seine frühere Schwachstelle, dass er in der Regel mehrfach pro Runde mit einer linken Geraden sowie einem Schritt nach links eine nachfolgende Rechte vorbereitet. Zwar hat diese nicht immer die größte Härte, allerdings ist es das exakte Gegenteil, was ein Gegner erwarten würde und allein damit durchaus legitim.

Mehr als ein harter Schläger

Wie anhand der Beispiele ersichtlich wird, sind die technischen Möglichkeiten Pacquiaos deutlich besser als es sein Image bei vielen Boxfans, die vor allem seinen rücksichtslosen und spektakulären Stil schätzen, vermuten ließe. Genau aus diesem Grund könnte die Niederlage und die damit einhergehende Zurückhaltung der letzten Kämpfe ein großer Pluspunkt gegen Mayweather werden.

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Eine ebenso aggressive wie rücksichtslose Herangehensweise ist gegen den Defensivspezialist, der laut De La Hoya nicht minder hart zuschlagen kann, eindeutig fehl am Platz. Zwar muss er seinen Erzrivalen ohne Frage unter Druck setzen, darf darüber hinaus das Boxen jedoch nicht vergessen und nicht überziehen. Auch die nötige Geduld, die er in seiner Karriere des Öfteren vermissen ließ, spielt eine wichtige Rolle.

"Er muss schlau und vorsichtig an die Sache herangehen", sagt Box-Analyst Recah Trinidad: "Wenn er in seinen Kamikaze-Modus wechselt, dann wird das gleiche passieren wie gegen Marquez." Zudem dürfe Pacquiao sich nicht auf einen Plan versteifen. "Mayweather nimmt schon während der jeweiligen Runden Anpassungen vor", so Trinidad: "Nicht wie Pacquiao, der beispielsweise gegen Algieri auf dessen linke Seite gegangen ist und ihm damit die Möglichkeit zur Flucht ließ." Die Fähigkeiten dazu habe er.

Kein Raum zum Atmen

Ähnlich wie etwa Bradley ist Mayweather am Sonntag der größere Mann im Ring. Durch seine Technik und seine defensiven Fähigkeiten kann er exakt diese Rolle ausfüllen. Zu glauben, dass Mayweather hinter Pacquiao hergehen und einen Schlagabtausch forcieren wird, wäre vermessen. Vor allem der linken Geraden wird der US-Amerikaner bevorzugt nach Hinten ausweichen.

Deshalb wird es eine immense Bedeutung haben, dass Pacquiao die Fluchtmöglichkeiten seines Gegenübers begrenzt, ihn bestenfalls an die Seile bringt. Denn auch wenn die Shoulder-Roll-Defense nicht die größte Rolle spielen wird, sind Oberkörperbewegung und defensive Beinarbeit Mayweathers noch immer auf einem ganz eigenen Niveau anzusiedeln. Sind sie limitiert, kann Pacquiaos Beidhändigkeit ihre Wirkung entfalten. Die Körpergröße könnte hierbei jedoch zum Problem werden.

Gegen Mayweather muss er deshalb an seiner Fähigkeit den Weg abzuschneiden arbeiten. Seinen Kontrahenten einfach in Position zu schieben, wie es etwa Marcos Maidana möglich war, wird ihm definitiv nicht gelingen. Während seine größte Stärke aus seiner Bewegung resultiert und er viele Gegner dazu brachte, ihm zu folgen, geriet er öfters in Probleme, wenn er selbst zu sehr nachsetzte. Immer wieder war Pacquiao dabei zu offen, verlor die Balance in seinem Stil und agierte zuweilen etwas wild. Schwächen die er sich diesmal auf keinen Fall erlauben darf.

Außenseiterrolle hin oder her - spielt Pacquiao seine Trümpfe korrekt aus, so hat er eine mehr als gute Chance. Die von Bradley angesprochene Motivationsproblematik wird kein Problem darstellen, die Geschwindigkeit und Schlaghärte Pacquiaos können noch immer jeden Gegner ausknocken. Er muss und wird zudem mehr schlagen als sein Gegenüber. Vor allem jedoch die indirekten Folgen aus der Niederlage gegen Marquez könnten letztlich als das letzte Puzzleteil fungieren und die auf seinen spektakulären Boxstil fixierten Kritiker kaltstellen.

Seite 1: Eine Frage des Fokus, bitteres Lehrgeld und eine einmalige Entwicklung

Seite 2: Gewohnheit als Chance, mehr als ein Schläger und kontrollierte Offensive

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