Frage: Der Small Ball der Warriors hat die Liga verändert. Aber was bedeutet der neue Stil für andere Länder, in denen die Basketballer meist nicht die körperlichen Voraussetzungen der NBA-Spieler haben?
Curry: Eigentlich geht es um Skill, nicht um Größe oder Athletik. Ich bin mit meinen 1,90 Metern und 90 Kilo offensichtlich nicht der dominante Spieler da draußen. Man versucht einfach, eine Menge verschiedener Dinge einsetzen zu können: Dribbeln mit beiden Händen, Werfen von innen und außen. Aber noch wichtiger: Du brauchst Herz. Das zeigen wir jeden Abend, mit unserer Hartnäckigkeit mit dem Small-Ball-Lineup und mit der Art, wie wir auf den Court gehen. Es ist unwichtig, ob mein Gegenspieler größer, stärker oder schneller ist als ich. Wenn man den Willen und das Herz hat, dagegenzuhalten, wird man erfolgreich sein. Es gibt viele Möglichkeiten für kleine Spieler im Basketball. Wenn das nicht so wäre, wäre ich nicht in dieser Liga.
Frage: Würden Sie sich selbst als Perfektionisten bezeichnen?
Curry: Ich will einer sein, ja. Ich weiß, dass ich nicht perfekt bin, weder auf dem Feld noch im Leben. Ich möchte aber einen hohen Standard halten. Manchmal habe ich statistisch richtig gute Spiele mit vielen Punkten und Assists, aber das Erste, worauf ich im Statistikbogen schaue, sind die Ballverluste. Ich will immer besser werden, da kommt definitiv der Perfektionist in mir durch. Und ich bin auf der Suche nach dem perfekten Spiel. Bisher habe ich es noch nicht gefunden, aber vielleicht werde ich das eines Tages.
Frage: Welche Rolle spielt Ihre Familie bei Ihrer Entwicklung als Spieler?
Curry: Sie sind meine größte Unterstützung und die wichtigste Konstante in meinem Leben. Egal, wie gut ich auf dem Court bin, es ist wichtig für mich, dass sie sich geborgen fühlen. Dass wir gemeinsam als Familie wachsen, ist ein großer Teil meines Lebens. Meine Frau hat aufgrund des Spielplans, des ganzen Trainings und der vielen Reisen als NBA-Spieler definitiv eine große Verantwortung mit den beiden Kindern. Ich bin ihr sehr dankbar für alles, was sie tut und was sie mir damit ermöglicht. Aber um es einzuordnen: Es gibt mehr als Basketball und es ist etwas Besonderes, diese Reise gemeinsam mit ihnen zu erleben. Ich bin sicher, jeder Vater in der Liga wird das Gleiche sagen. Es ist wundervoll, seine Kinder aufwachsen zu sehen. Und zu sehen, dass der Basketball es mir ermöglicht, mich um meine Familie zu kümmern, ist ebenfalls schön. Ich bin in einer Basketball-Familie groß geworden. Mein Dad spielte 16 Jahre. Es ist daher sehr erfüllend, auch die andere Seite dieses Prozesses kennenzulernen.
Frage: Sie sind eine sehr bescheidener Mensch und erinnern damit an Dirk Nowitzki. Sehen Sie zwischen sich und ihm Parallelen?
Curry: Auf jeden Fall. Wir beide verlassen uns auf unseren Wurf. Natürlich ist er zwei Köpfe größer als ich und spielt schon seit ewigen Zeiten auf einem sehr hohen Level. Und er ist ein Champion. Ich habe ihm als Kind immer gern zugeschaut, aber verständlicherweise sind unsere Spielstile nicht gerade identisch. Allein schon der Größe und Position wegen. Aber der Touch beispielsweise, der ist ähnlich. Man braucht dafür einfach Kreativität und Balance. Ich habe sogar Drills von Dirk in meine Workouts übernommen. Wir sind zwei Menschen, von denen niemand gedacht hätte, dass sie einmal NBA-Champion werden. Das haben wir gemeinsam.
Frage: Was hat sich für Sie verändert, seit Sie vom College in die NBA gekommen sind? Und was unternehmen Sie täglich, um als Spieler und Mensch zu wachsen?
Curry: Das ist eine gute Frage. Meine Zeit in Davidson hat mich wirklich gut vorbereitet. Nicht nur auf die NBA, sondern auch auf Familienleben, Engagement abseits des Courts, Marketing, Zeitmanagement und Prioritätensetzung. Wir wurden in Davidson herausgefordert, da es eine harte akademische Ausbildung war und wir zudem auch noch großartige College-Athleten sein wollten. Das war vielleicht sogar härter als jetzt in der NBA. Ich hatte neben Basketball nicht viel, das ist jetzt mit den Kindern und der Familie natürlich anders. Aber egal, wie erfolgreich man ist - es ergeben sich immer Möglichkeiten. Wie diesen Sommer. Wir haben gefeiert und die Trophäe überall herumgezeigt. Aber das hat zusammen mit den ganzen Foto-Shootings und Sponsoring-Events den ganzen Sommer gedauert. Darum musste mein Personal Trainer mit mir reisen, da ich mich natürlich auch verbessern wollte. Man muss die richtigen Prioritäten setzen. Das ist eine große Herausforderung. Jedes Jahr ist anders und man verliert den Respekt davor, Jungs zu fragen, die das alles schon einmal durchgemacht haben. Das hilft, um vorbereitet zu sein. Was auch immer kommen mag.
Frage: LeBron James und Sie wurden mit Cristiano Ronaldo und Lionel Messi verglichen. Letzterer ist wie Sie einer der Nominierten für den nächsten Sports Illustrated Award. Sind Sie vielleicht der Messi der NBA? Oder sollte man besser sagen Messi ist der Curry des Fußballs?
Curry: (lacht) Das weiß ich nicht. Wir haben beide einen sehr kreativen Stil, bei dem es viel ums Gefühl geht. Ich versuche ein paar ausgefallene Sachen mit den Händen zu machen, Crossover zum Beispiel, und habe dadurch ein bestimmtes Flair in meinem Spiel. Das Gleiche gilt für Messi, wenn er auf dem Platz steht. Ich liebe es, ihn spielen zu sehen und bin ein großer Fan. Es ist toll, jemanden zu sehen, von dem du nie weißt, was er als nächstes machen wird. Wenn seine Spiele im Fernsehen laufen, hängt jeder wie gebannt davor, weil immer etwas Besonderes passieren könnte.
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