SPOX: Paul Zipser zog seine Anmeldung zum Draft im letzten Sommer wieder zurück, 2016 könnte er wie Maodo Lo gedraftet werden. Haben die beiden das Potenzial und die Qualität für die NBA?
Fleming: Beide sind sehr gute Spieler, die mit Sicherheit ihre Chance in der NBA bekommen werden. Wie groß diese allerdings ist, kann ich nicht sagen. Das hängt auch vom Timing ab. Maodo hatte einen holprigen Start in die College-Saison, hat dann aber ziemlich aufgedreht. Der Sommer hat ihn enorm weitergebracht, weil er sich als Point Guard präsentieren konnte. Leider war er die letzten zwei Wochen vor der EuroBasket verletzt, sonst hätte er noch ein besseres Turnier gespielt. Man hat im Spiel gegen Spanien gesehen, welches Potenzial er hat. Bei Paul ist es das gleiche. Defense und Rebounding sind die beiden Dinge, die auch er gut beherrscht und die auch ihm den Sprung in die NBA ermöglichen können. Sein Wurf ist über den Sommer auch besser geworden. Ich denke schon: Paul und Maodo werden gedraftet, höchstwahrscheinlich in der zweiten Runde.
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SPOX: Lange Jahre gab es in der NBA nur Dirk Nowitzki, jetzt sind es drei, nächstes Jahr vielleicht fünf Spieler. Woher kommt diese Entwicklung?
Fleming: Das liegt daran, dass die Jugendarbeit in Deutschland in den letzten Jahren wirklich einen Sprung gemacht hat. Darüber hinaus hilft die 6+6 Regelung in der BBL, dass die jungen Talente mehr Einsatzzeit bekommen. Maodo Lo ist in dieser Hinsicht eine Ausnahme, da er nicht das klassische System durchlaufen hat, sondern ans College in die USA gegangen ist. Aber wir beginnen langsam, die Früchte der guten Arbeit zu ernten. Natürlich ist es aber noch ein langer Weg.
SPOX: Im November haben Sie mit den Nuggets gegen Dallas gespielt, Ende Januar wartet erstmals Atlanta. Wie ist es für Sie, gegen Dennis, Dirk oder Tibor zu coachen? Erzählen Sie Ihren Jungs von den Schwächen der deutschen Spieler?
Fleming: Es ist für mich natürlich immer spannend, meine Spieler während der Saison live zu sehen und ich freue mich natürlich, wenn sie gut spielen. Auch, wenn es gegen uns ist. (lacht) Und was die Schwächen angeht: Gerade meine Spieler, die schon länger dabei sind, haben schon so oft gegen Dirk gespielt, dass sie ihn genauso gut kennen wie ich. Und spätestens seit dem Sommer haben alle Teams Dennis ebenfalls genau unter die Lupe genommen.
SPOX: Hat Ihnen die Arbeit mit Dennis Schröder bei der Entwicklung von Nuggets-Rookie Emmanuel Mudiay geholfen? Gibt es Parallelen zwischen den beiden Point Guards?
Fleming: Dennis und Emmanuel sind zwei völlig verschiedene Persönlichkeiten. Ein großer Unterschied war, dass von Dennis niemand erwartet hat, so einzuschlagen, wie er es getan hat. Im Gegensatz dazu war der Druck für Emmanuel von Beginn an hoch und er stand direkt im Rampenlicht. Dennis hatte Zeit, um sich an das Level zu gewöhnen - bei Emmanuel wäre es undenkbar, dass wir ihn für ein paar Wochen in die D-League schicken, wie es Atlanta damals mit Dennis gemacht hat. Wenn er wieder fit ist, wird er wieder starten. Er macht natürlich noch Fehler, aber die darf er als Rookie auch noch machen. Die Saison in China war er ja fast komplett verletzt, daher kam er quasi ohne Spielpraxis im Herrenbereich zu uns. Seine Größe ist als Spielmacher sicher ein Vorteil, aber Dennis hatte von Anfang an mehr Erfahrung. Und er hatte seine Schnelligkeit. Emmanuel hat weder das eine noch das andere. Und als Starter im Westen spielt er jeden Abend gegen Chris Paul, Russell Westbrook oder Tony Parker und am nächsten Abend kommt Steph Curry. Das ist für einen Rookie natürlich eine große Herausforderung.
SPOX: Curry spielt momentan unfassbar stark. Was sagen Sie Ihren Spielern, wenn sie ihn verteidigen müssen?
Fleming: (lacht) Was will man da sagen? Ich habe noch keinen Spieler in dieser Saison gesehen, der es geschafft hat, Curry zu verteidigen. Wir haben schon drei Mal gegen die Golden State Warriors gespielt und konnten nur hoffen, dass er nicht gut trifft. Vielleicht haben wir eine Chance, wenn wir das nächste Mal mit sieben Spielern aufs Feld dürfen, damit sich drei um Curry kümmern können. (lacht) Er ist wie ein Videospiel.
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SPOX: Was macht ihn so besonders?
Fleming: Das Außergewöhnliche für die Basketball-Welt ist, dass Curry nicht sonderlich groß oder athletisch ist, sondern die Liga stattdessen mit seinem Skill dominiert. Das hat es in der Form noch nie gegeben. Der Unterschied zu den letzten MVPs wie LeBron James und Kevin Durant ist enorm. Von seinen Grundfertigkeiten ist Steph Curry mit seinen 1,85 Metern kein besonderer Typ. Den findet man überall - auch in Deutschland.
SPOX: In Deutschland, genauer gesagt bei den Artland Dragons, lagen auch Ihre Anfänge im Coaching. Wie sind Sie eigentlich dazu gekommen? Sie waren ja erst 30 Jahre alt, als Sie Ihre Spielerkarriere beendeten.
Fleming: Ich habe aufgehört, weil die Verantwortlichen in Quakenbrück erkannt haben, dass der Amerikaner, den sie da geholt hatten, nicht gut genug war, um sie von der ProA in die BBL zu führen. (lacht) Coach wurde ich dann, weil sie mir angeboten haben, das Team zu leiten. Sie haben mich in den Anfangsjahren sehr unterstützt und mir auch erlaubt, Fehler zu machen. Ohne den Support des damaligen Hauptsponsors, der immer an mich geglaubt hat, wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin.
SPOX: Sie hatten Erfolg in Quakenbrück, später auch in Bamberg und dann ging es als Bundestrainer weiter nach Denver. Eine ziemliche Karriere. Was ist für Sie das nächste persönliche Ziel? Vielleicht Head Coach in der NBA?
Fleming: Natürlich möchte ich irgendwann wieder Head Coach werden, ob nun hier in der NBA oder in Europa. Aber in dieser Hinsicht setzte ich mich nicht unter Druck. Kurz- und mittelfristig ist es für mich wichtig, der beste Assistant Coach zu werden, der ich sein kann. Wenn ich das schaffe, glaube ich, dass es weitere Chancen für mich geben wird.
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