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Was lange währt ...

John Elway führte die Denver Broncos fünf Mal in den Super Bowl - und gewann zwei Titel
© getty
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Die 1984er Saison bot daraufhin schon ein ganz anderes Bild. Elway führte Denver zu 13 Siegen und kletterte die Quarterback-Leiter nach oben. "Er macht Dinge, die ich noch nie gesehen habe", ächzte Raiders-Cornerback Lester Hayes nach einer Pleite gegen die Broncos bei ESPN, "und ich habe jede Menge Film".

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In den Playoffs aber dauerte es bis 1986, ehe er erstmals die Chance auf den ganz großen Wurf erhielt: Im AFC Championship Game gegen Cleveland lag Denver 13:20 zurück, als Elway zu einem sensationellen Drive, bis heute schlicht als "The Drive" bekannt, ansetzte.

Fünf Minuten und zwei Sekunden brauchte er, um die Broncos in 15 Plays 98 Yards zum Ausgleich das Feld runter zu führen. Vor fassungslosen Browns-Fans legte er zum Ausgleich auf, Denver gewann in der Overtime und Elway war dem ersten Titel so nah wie noch nie.

Allein, gegen New York war nichts zu holen: Ein klar besseres Giants-Team schlug die Broncos mit 39:20. Der Anfang einer dramatischen Super-Bowl-Serie war gemacht.

"In der Fötus-Haltung zusammengerollt"

Es war das beständigste Thema in Elways Karriere: Er hatte nie die ganz großen Mitspieler. Nur der Gunslinger aller Gunslinger Brett Favre hat mehr Sacks eingesteckt (525) als Elway (516) und oft hatte Elway gar keine andere Wahl, als das Spiel an sich zu reißen und dabei allerhand Risiko einzugehen.

Elways Frau Janet fasste das Jahre später in der Sports Illustrated so treffend zusammen: "Meine Erinnerung an Johns Karriere beinhaltet auch immer dieses Bild: Ich, vor dem Fernseher in der Fötus-Haltung zusammengerollt auf dem Boden mit den Händen vor den Augen, während meine Freundinnen mir erzählen, was auf dem Platz passiert."

Das Super-Bowl-Trauma

Und so bastelte Elway an seiner Hall-of-Fame-Karriere. Sonntag für Sonntag ließ er Pass-Rusher ins Leere laufen und donnerte den Ball mit selten erlebter Kraft und Präzision das Feld runter.

Elway, der einst verriet, dass er Defensive Ends nicht nur hört, sondern auch auf deren Schatten achtet, um ihnen auszuweichen, gelang es im Alleingang, Denver von einem der seit Jahren schwächsten Teams der Liga zu einem konstanten Titelanwärter zu formen.

Trotzdem wurde er für die Kritiker zunehmend angreifbar, denn Elways Talent alleine reichte nicht, um Denver den Titel zu bringen. Die Broncos verloren auch 1987 im Super Bowl, dieses Mal gab es nach eigener 10:0-Führung eine 10:42-Ohrfeige gegen Washington. Weitere zwei Jahre später wurde es gegen San Francisco noch deutlicher, Joe Montana und Co. fertigten Denver mit 55:10 ab.

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Dieser Stachel saß tief. Als Elway das Feld mit seiner Frau verließ, fauchte er, wie ESPN berichtete, in Richtung der Fotografen-Schar: "Könnt ihr einen Mann nicht in Frieden schmollen lassen?" Für die Medien war er jetzt ein gefundenes Fressen, das sich nur allzu einfach in eine Schublade stecken ließ: Der spektakuläre Quarterback, der den ganz großen Wurf - im übertragenen Sinn - einfach nicht schafft.

Neuanfang mit Shanahan

In den drei Jahren nach dem Debakel gegen San Francisco erlebten Elways Broncos ihr größtes Tief. Siege waren plötzlich keine Garantie mehr und die Beziehung zwischen dem Star-Quarterback und Coach Dan Reeves bröckelte. Nach der abermals enorm enttäuschenden 1992er Saison musste Reeves gehen.

Über den neuen Coach Wade Phillips erhielt zunächst eine Offense mit vermehrt kurzen, schnellen Pässen Einzug und es wurde noch besser, als Elways langjähriger Freund, Mentor Mike Shanahan, 1995 für Phillips übernahm. Elway, inzwischen 35 Jahre alt, stellte vor jener Saison klar: "Es herrscht so ein Stigma rund um die Spieler, die den Titel nie gewonnen haben. Es ist nicht fair, aber ich weiß, dass es so ist. Es würde mich freuen, noch eine Chance zu bekommen."

Sein Wunsch sollte ihm erfüllt werden: Zwei Jahre nach Shanahans Amtsantritt war Denver zurück im Super Bowl, gegen Green Bay wollte Elway endlich sein Trauma überwinden. Die Zeit spielte längst gegen ihn, niemand wusste, ob er nochmals eine Chance bekommen würde. Elway kämpfte, er forderte seine Mitspieler, er ging mit großem Beispiel voran - inklusive des berühmten Helikopter-Sprungs.

Die Broncos gewannen mit 31:24. John Elway hatte endlich seine Lombardi-Trophäe und Broncos-Eigentümer Pat Bowlen, der Elway im Spätherbst seiner Karriere endlich eine gute Defense hatte zur Seite stellen können, wollte sich nicht mehr beherrschen. Bei der Zeremonie auf dem Feld schnappte er sich das Mikrofon und brüllte: "Ich will nur eines sagen, nur vier Wörter: Das ist für John!"

"Wie eine große Erlösung"

Elway sollte ihn ein Jahr später nochmals in Ekstase versetzen. Dieses Mal dominierte er Gegner Atlanta, wurde zum Super-Bowl-MVP ausgezeichnet und verriet anschließend der Sports Illustrated: "Ich hätte nie gedacht, dass es noch besser kommen könnte als letztes Jahr. Man hätte es nicht perfekter planen können. Kein Wind und warmes Wetter während dem Spiel und jetzt regnet es - wie eine große Erlösung."

Drei Jahre vorher, als Denvers 1996er Saison wieder einmal dramatisch geendet hatte und für viele Elways letzte Chance dahin war, hatte seine Zwillingsschwester Jana angerufen. Den ganzen Abend über hatte Elway seine Gefühle kontrolliert, doch als er die Stimme seiner Schwester hörte, brach es aus ihm heraus. Zum ersten Mal weinte er vor seinen vier Kindern, denn, wie er dem Fortune verriet: "Ich wusste, dass mir die Zeit davonläuft."

All das war jetzt vergessen. Doch mit dem Football war er längst noch nicht fertig.

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