Bublitz: In Sachen Midcard haben mich die bisherigen Dreistünder hoffen lassen. Truth durfte zum Beispiel mal wieder ans Mikro, beziehungsweise er hat endlich wieder ein längeres Segment bekommen. Auch SmackDown war in den Wochen nach Money in the Bank überragend.
Kneisel: SmackDown hat teilweise echt Spaß gemacht und vor allem ein paar längere Matches geboten, wie man sie sonst nur bei Superstars zu sehen bekommt. Ein anhaltender Push für die Midcard wäre wirklich ein Traum. Immerhin bekommt Tyson Kidd seine mehr oder minder regelmäßigen Auftritte, damit ist er allerdings (noch) einer der wenigen. Sollte man, wie von dir beschrieben, die dritte Stunde zumindest teilweise für diese Leute nutzen, dann könnte man die B-Titel auch mal wieder dazu einsetzen, um Leute zu pushen, anstatt potentielle Main Eventer wie The Miz oder Christian damit zu vertrösten.
Bublitz: Richtig, könnte man. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass die Ratings sich dadurch verschlechtern würden.
Kneisel: Dito. Ich denke auch, viele Fans würden gerne mal ein paar andere Gesichter sehen, statt eben immer nur die der etablierten Namen. Insbesondere seit die Stars eh jede Woche bei beiden Main Shows am Start sind. Darunter leidet die Midcard am meisten.
Bublitz: Den Sinn habe ich eh bis heute nicht verstanden, aber gut, daher hat man ja den Draft auch aufgegeben. Der war am Ende einfach überflüssig, weil es den Rostersplit ja gar nicht mehr gab, beziehungsweise weil eh alle komplett hin und her gedraftet wurden.
Kneisel: Viele Leute mochten den Rostersplit nicht. Ich persönlich fand ihn immer klasse und habe ihn als Chance für die zweite Riege angesehen. Der Draft hatte gerade in den ersten Jahren auch immer enormes Unterhaltungspotential. Die aktuelle Variante ist nichts Halbes und nichts Ganzes - eine schwache Lösung. Man hätte den ganzen Split von Anfang an komplett anders aufziehen sollen: eben als RAW vs. SmackDown!, wie seinerzeit bei WCW vs. nWo, mit einer "echten" Rivalität zwischen den beiden Shows. Das wurde zwar mehrfach angedeutet, aber nie wirklich durchgezogen.
Bublitz: Ich fand den Split auch gut. Man hat es damals verstanden, die jungen Nachwuchswrestler oder Neuzugänge bei SmackDown! heranzuführen und zu entwickeln. Da man das aber nun auf Superstars, NXT und die Farmligen verlagert hat, ist der Split aus der Sicht überflüssig geworden. Die von dir angesprochenen RAW vs SmackDown!-Matches fand ich immer unsäglich - besonders bei den Survivor Series.
Kneisel: Ich bezog mich weniger auf diese Series- und Bragging-Rights-Alibi-Matches als auf die paar Male, bei denen man das Gefühl hatte, ein Superstar steht tatsächlich für ein Brand - Edge für SmackDown beispielsweise. Man sollte sich meiner Meinung nach mit einer der Shows identifizieren können. Selbst der übelste Mark ist doch nicht so blauäugig und schaut dann das andere Produkt nicht mehr. Aber so hätte man eine stärkere Bindung zu den Shows schaffen und nebenbei die Brand-Shirts deutlich besser verkaufen können. Dafür, dass Merchandise-Verkäufe der WWE so wichtig sind, wurden in dem Bereich aus meiner Sicht ohnehin einige sehr gute Gelegenheiten verschenkt.
Bublitz: Merchandise - damit habe ich ja nicht wirklich was am Hut. Aber wenn man Kinder und Jugendliche als primäre Zielgruppe nimmt, hast du sicherlich Recht. Apropos Gelegenheit verschenken: Bitte liebe WWE, weitet die Comedysegmente nicht noch weiter aus, nur weil ihr eine Stunde mehr habt. So, wie es in den letzten Sendungen nach Money in the Bank gelaufen ist, war das sehr gut. Es gibt immer etwas auszusetzen, wenn man gezielt danach sucht. Aber das Matchniveau in den Mainshows war spürbar höher als zuvor. Man muss die Comedy ja nicht streichen, ich mag ein paar Segmente auch gerne. Aber bitte nicht noch ausweiten; und ja, Kinder sind eine breite Fanbase, aber auch die leben nicht mehr, wie vor zwanzig Jahren, in Traumwelten, in denen Clowns und Feen durch die Welt spazieren.
Kneisel: Comedy gehört zur WWE einfach dazu, die gab es auch in der Attitude Era nicht zu knapp. Aber wie du schon sagst: zwischen Kinderprogramm auf Sesamstraßen-Niveau und brutalem ECW-Style gibt es auch noch einen Mittelweg, der für alle mehr oder minder passen würde. Klar, es werden immer Leute meckern, aber man kann's halt nicht allen Recht machen.
Bublitz: Dann lasst aber bitte, bitte, bitte Mae Young weg, um mal das Extrembeispiel zu liefern! Und lasst Truth wieder öfter ans Mikrofon!
Kneisel: Truth als Heel war ein Traum, auch als Face kann ich noch über ihn lachen. Aber er hat halt wesentlich mehr drauf als NUR Lil' Jimmy.
Bublitz: Truth als Heel! Ha, hab ich dich! Ich fand es großartig und werde nie vergessen, wie er als Südstaatensoldat die Rampe runter kam und Vince und Austin sich das Losbrüllen verkneifen mussten! Oder: "Really? Really!? Riley! Jimmy!?" Großartig! Ich brauche doch keinen Hacksaw Jim Duggan, der mittlerweile gefühlt mehr Auftritte in den Main Shows hat als die Wrestler von Superstars zusammen... und bezeichnenderweise auch mehr Siege!
Kneisel: Legendenauftritte sind super, wenn sie etwas Besonderes sind. Der olle Holzfäller kommt allerdings eindeutig zu oft vor und wird - wie alle Legenden - gut dargestellt. Da liegt eben das Problem, genauso wie bei den Auftritten von Promis wie Charlie Sheen: die echten Wrestler müssen dann darunter leiden.
Bublitz: Vorwiegend leiden die Heels drunter, da es sie unglaubwürdig dastehen lässt, wenn sie ein Tag-Match gegen Legenden verlieren oder sich von einem Promi demütigen lassen müssen. Womit wir wieder beim Ausgangspunkt wären: Heels kann man sicherlich mal dumm aus der Wäsche gucken lassen, das gehört ja auch dazu. Aber es ist leider eher die Regel als die Ausnahme, gerade bei den großen PPVs übertreibt man es da seitens der WWE.
Kneisel: Man will sich den Promis gegenüber erkenntlich zeigen und freut sich natürlich, wenn in den Medien am nächsten Tag der strahlende Hugh Jackman gezeigt wird, nachdem er Ziggler fast den Kiefer eingekloppt hätte. Ein im Yes-Lock zappelnder Sheen wäre da wohl weniger ideal. Bis zu einem gewissen Grad ist das auch absolut verständlich. Aber, wie du schon anmerkst, sollte auch das klar seine Grenzen haben, um die eigenen Superstars nicht zu schwächen. Uns bleibt wohl nichts anderes übrig, als die kommenden Wochen abzuwarten, aber zumindest lassen sich seit RAW 1000 ein paar positive Tendenzen erkennen, die mich optimistisch stimmen.