Der THW und das krasse Momentum

Der entscheidende Mann beim THW Kiel: Filip Jicha
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Der THW Kiel, der FC Barcelona, MKB-MVM Veszprem und die SG Flensburg-Handewitt - es ist wohl das bestbesetzte Final Four aller Zeiten. Barca ist der ganz klare Favorit, aber der THW kommt auf einer Monster-Welle angeritten. Flensburg will das Maccabi des Handballs werden. Der Check zum Final Four in Köln.

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MKB-MVM Veszprem vs. THW Kiel (Sa., 15.15 Uhr im LIVE-TICKER)

Ausgangslage: Veszprem ist wieder ungarischer Meister geworden. Wie immer halt. Der THW ist wieder deutscher Meister geworden. Wie (fast) immer halt. Obwohl beide Vorzeigeklubs ihrer jeweiligen Länder wie gewohnt den nationalen Titel einfuhren, ist die Lage doch sehr verschieden.

Veszprem kommt ausgeruht zum Final Four. Die heimische Meisterschaft stellt keine besonders große Herausforderung dar, selbst die Finalspiele gegen den einzigen wirklichen Konkurrenten Pick Szeged (30:21, 28:24) waren relativ locker zu bewältigen. Veszprem hatte Zeit, sich bestens vorzubereiten und will endlich auch europäisch den ganz großen Coup schaffen. Zwar gewannen die Ungarn in ihrer Geschichte schon zweimal den Europapokal der Pokalsieger, aber in der Champions League setzte es bei der einzigen Finalteilnahme 2002 eine Niederlage gegen den SC Magdeburg. Der SCM wurde damals gecoacht von wem? Richtig, Alfred Gislason.

Veszprem hat eine Mannschaft zusammen, die ohne Zweifel den Titel holen kann. Der Weg ins Final Four, 8-1-1 in der Gruppenphase, dann souveräne Siege gegen Wisla Plock und PSG, hat gezeigt, was das Team drauf hat.

Bestens ausgeruht ist der THW auf der anderen Seite nicht. Was hat Kiel da nur für eine Saison gespielt? Wir rekapitulieren: Zunächst gab es nach den Abgängen vieler Hochkaräter (Omeyer, Narcisse, Ahlm) Fragezeichen. Das Motto: Dieses Jahr ist der THW zu packen! Aber dann zog Kiel erstmal auf beeindruckende Art und Weise seine Kreise, manche Leute (wie der SPOX-Kolumnist) wollten die Meisterschaft schon abhaken, bis der THW aus dem Nichts unerwartet Punkte liegen ließ.

Es kam zu einer Art Endspiel in Mannheim, das Kiel nach einer total THW-untypischen, ja erschreckenden Leistung (die Torhüter waren an diesem Tag komplett daheim geblieben) bei den Rhein-Neckar Löwen verlor. Damit schien die Meisterschaft verspielt. Doch was dann kommen sollte, haben alle Handball-Fans ja miterlebt: Das unfassbarste HBL-Saisonfinish aller Zeiten mit dem unfassbaren Höhepunkt am vergangenen Samstag.

Kiel schlug die Füchse gefühlt mit 40 und zog in letzter Sekunde an den bemitleidenswerten Löwen vorbei. 2 Tore machten am Ende den Unterschied. Kiel feierte. Mal wieder. Was der Titel und die Art und Weise des Triumphs für das Team von Gislason bedeutet, das wie Veszprem auf dem Weg nach Köln (8-1-1 in der Gruppenphase, Zaporozhye und Metalurg Skopje ausgeschaltet) keinerlei Probleme hatte, ist völlig klar: Momentum. Krasses Momentum. Müdigkeit? Alles Quatsch. Der THW wird völlig aufgepumpt in der Lanxess Arena erscheinen.

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Players to watch: Momir Ilic vs. Filip Jicha. Veszprems Superstar heißt Laszlo Nagy. Der mittlerweile 33-jährige Linkshänder, der nach zwölf Jahren Barcelona 2012 in die Heimat zurückkehrte, ist der Schlüsselspieler, fast alles läuft im Angriff über ihn. Nagy ist aber nicht Veszprems einzige Waffe. Mit Spielmacher Chema Rodriguez und Ilic bildet Nagy einen Hammer-Rückraum, dazu kommt mit Renato Sulic die perfekte Ergänzung am Kreis. Unsicherheiten gibt es nur auf den Außen (beginnt Ugalde auf Linksaußen oder G. Ivancsik? T. Ivancsik oder Gulyas auf Rechtsaußen?). Aber zurück zu Nagy: Er ist der Weltstar, aber zum entscheidenden Mann könnte gegen Kiel ein Ex-Kieler werden: Ilic.

Der Serbe holte in seinen vier Jahren beim THW zweimal die Champions League, ehe er vor der Saison nach Ungarn wechselte, auch aufgrund der Nähe zur Heimat. Die Luftveränderung hat dem Halblinken auf jeden Fall gut getan. Ilic hat eine überragende CL-Saison gespielt. Keiner der verbliebenen Akteure hat mehr Tore als Ilic (91) geworfen.

Im Halbfinale könnte es nun zu einem interessanten Duell mit seinem ehemaligen Zimmerkollegen kommen. Denn auch wenn der THW als Mannschaft die Meisterschaft gewonnen hat, muss ein Mann hervorgehoben werden: Jicha. Wie der Tscheche den THW teilweise mit purem Willen und gegen alle Widerstände, auch des eigenen Körpers, in den vergangenen Wochen angeführt hat, war Wahnsinn. Im Eins-gegen-Eins ist der Welthandballer von 2010 nicht zu verteidigen. Wenn Kiel erneut CL-Sieger wird, dann kann es nur über Jicha gehen.

Prognose: Es spricht eigentlich nicht wenig für Veszprem. Die Truppe von Carlos Ortega hat das Potenzial, eine knallharte Abwehr hinzustellen (keines der Final-Four-Teams kassierte weniger Tore), dahinter ein starker Mirko Alilovic im Kasten - das könnte für Kiel extrem problematisch werden. Kiel-Keeper Johan Sjöstrand muss einen guten Tag erwischen, eine gute Torhüterleistung ist aber im Handball auf diesem Niveau ohnehin Grundvoraussetzung für jeden Sieg. Es wird eine enge Kiste, aber der THW macht's, weil er nach dem irren Meisterschaftsfinish kaum mehr zu stoppen ist.

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