These: Fleming ist nicht der richtige Bundestrainer
Felix Götz: Mit Fleming als Bundestrainer war ich von Beginn an nicht zu 100 Prozent glücklich. Warum? Ganz einfach: Weil für mich der einzige ideale Kandidat für diesen Posten Svetislav Pesic ist. Aber Sveti war und ist nun mal nicht zu bekommen, deshalb ist Fleming ganz sicher keine schlechte Lösung. Für mich ist er also zumindest nicht der falsche Bundestrainer. Das Vorrunden-Aus an ihm festzumachen, verbietet sich ohnehin. Ich finde jedenfalls nicht, dass er sich vercoacht hätte.
Nicht Fleming war das Problem, sondern die letztlich minimal fehlende Qualität im Kader, sich in dieser Hammergruppe durchzusetzen. Es mangelt uns einfach an abgezockten Typen. Für mich steht fest: In jeder anderen Gruppe wäre Deutschland relativ problemlos ins Achtelfinale eingezogen. Die Frage, ob Fleming weiterhin Bundestrainer bleiben soll oder nicht, ist für mich eine Frage der Alternative. Und da fällt mir außer Henrik Rödl derzeit keine ein. Was kritisch beäugt werden muss: Wie viel Zeit hat Fleming als angehender Co-Trainer der Denver Nuggets eigentlich für den DBB?
Matze Bielek: Ich sehe Fleming nicht wie du, Felix. Er ist der richtige Bundestrainer. Er ist einer der besten Coaches, die je in Deutschland gearbeitet haben. Man kann über die ein oder andere Entscheidung bei der EM diskutieren. Aber kann man das im Sport nicht immer? Geht seine Taktik gut, ist er der Held. Geht sie schief, wird es hinterfragt. So ist das Geschäft. Man merkt ihm an, dass ihm die Aufgabe Spaß macht. Seine Kompetenz sollte keiner hinterfragen. Ein kleines Aber habe ich wie alle hier aber doch: Ich hoffe nicht, dass man sich zu weit entfernt, wenn seine tägliche Arbeit künftig in den USA in der NBA stattfinden wird. Die deutsche Nationalmannschaft hat Zukunft, auch irgendwann ohne Dirk Nowitzki. Fleming kann diese Mannschaft meiner Meinung nach formen, wenn alles passt.
Marc-Oliver Robbers: Ich finde es sehr bemerkenswert, mit welcher Konsequenz er junge Spieler wie Paul Zipser und Maodo Lo eingebaut hat und ihnen auch gegen Weltklasse-Teams wie Spanien in der Crunchtime das Vertrauen schenkt. Hari hat es bereits in seinem Kommentar angesprochen, das Nationalteam braucht Kontinuität und da sehe ich Fleming als den richtigen Mann. Er hat wirklich mit allem gecoacht, was er hatte. Er hat die Formationen immer den gegebenen Situationen angepasst, anstatt starr an seinem Konzept festzuhalten. Und war sich auch nicht zu eitel, eigene Fehler zu korrigieren. Am bemerkenswertesten finde ich allerdings, wie er mit der Schröder-Kritik umgegangen ist. Öffentlich fiel nie ein kritisches Wort über ihn, doch intern wird er dem Guard deutlich zu verstehen gegeben haben, wer hier das Sagen hat. Dass Fleming auch diese härtere Ansprache beherrscht, war bei der einen oder anderen Auswechslung Schröders und der danach folgenden kurzen Diskussion sichtbar. Die einzige Frage wird sein, das sehe ich wie Matze und Felix, wie sich sein Job als Assistant Coach der Nuggets mit der Tätigkeit als Bundestrainer vereinbaren lassen würde. Man sollte es trotzdem riskieren.
SPOX-Kommentar zum DBB-Aus: Mehr Haltung, bitte!
Haruka Gruber: Schwierige These, die man nicht mit ja oder nein beantworten kann. Ich finde, dass Fleming vom Typ her der Richtige ist: Nicht zu kumpelhaft und anbiedernd zu Spielern und Journalisten, aber gleichzeitig integer und verlässlich. Zwischen Flemings Auftreten nach dem diesjährigen Ausscheiden und dem von Frank Menz nach der EM 2013 liegen Welten. Doch zwei Gegenargumente wiegen für mich schwer. Erstens: Leider hat sich bei der EM genau das bestätigt, was viele Experten off the record befürchtet haben. Nämlich dass die von Fleming trainierten Mannschaften in knappen Spielen auf höchstem Niveau regelmäßig choken, also mental einbrechen oder taktisch die falschen Vorgaben erhalten. Diesen Vorwurf gab es hinter vorgehaltener Hand schon in Bamberg, als man in der Euroleague einige wichtige Partien in den letzten 60 Sekunden weggeworfen hatte. Und jetzt eben die EM, die das Muster irgendwie bestätigt. Und natürlich kennen auch die Nationalspieler diesen Ruf und sprechen darüber - was wiederum dem Selbstvertrauen nicht gut tun dürfte.
Zweitens: Ich weiß nicht, wie es funktionieren soll, wenn Fleming bis April oder sogar Mai bei den Denver Nuggets tätig ist und der DBB womöglich das Olympia-Quali-Turnier veranstaltet. Es dürfte klar sein, dass Flemings Priorität die NBA ist und er mittelfristig zumindest die Chance auf einen Headcoaching-Posten bekommen möchte. Daher tritt er in die zweite Reihe zurück und arbeitet weiter daran, sein bereits beeindruckendes Netzwerk in der NBA auszubauen. Aber wo kommt dann der DBB? Die Nationalspieler im Telekom-Stream zu schauen, reicht nicht. Man muss sie und die Vereine regelmäßig besuchen und Vertrauen schaffen. Der Bamberg-DBB-Kleinkrieg zeigt, wie wichtig diese Aufgabe ist. Aber Fleming wird dem nicht nachkommen können. Daher plädiere ich für einen klaren Cut und die Einstellung eines hauptamtlichen Bundestrainers, der ohnehin ab 2017 benötigt wird, wenn der FIBA-Kalender das gesamte Jahr umfasst.
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