Das Vorrunden-Aus der deutschen Nationalmannschaft bei der Heim-EM wirft viele Fragen auf. Wird Dennis Schröder zu kritisch beäugt? Ist Chris Fleming noch der richtige Bundestrainer? Regt sich der DBB zurecht über Bamberg auf? Sollte man nach dem letzten Olympia-Strohhalm greifen? Und: Wer wird eigentlich Europameister? Die SPOX-Redakteure diskutieren mit dem Basketball-Experten Matze Bielek von Sky Sport News HD.
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Haruka Gruber: Ein eindeutiges Ja! Ich habe noch nie einen deutschen Basketballer erlebt, der so sehr Journalisten und Fans polarisiert wie Schröder - was irgendwie verständlich ist. Diese sehr dominante, selbstbewusste Art des Basketballs in Kombination mit der Bling-Bling-Attitüde außerhalb des Courts ist nicht jedermanns Sache. Und zumindest in der Außendarstellung ist die Kritik insofern berechtigt, dass er lernen muss, dass in Deutschland Äußerungen oder Facebook-Posts anders wahrgenommen werden als in der NBA und daher Rückschlüsse auf ihn selbst gezogen werden, egal ob es gerechtfertigt ist oder nicht.
Sportlich hingegen kann ich die Kritik an ihm nicht teilen. Natürlich habe ich mich auch über die massig vielen Turnover geärgert, andererseits war es nicht so, als ob er sich über die Anweisungen von Bundestrainer Chris Fleming hinweg gesetzt hätte und sein eigenes Ding durchziehen wollte. Im Gegenteil: Flemings Plan fußte darauf, dass Schröder den Ball extrem oft in der Hand hält. Deswegen war er in den USA und hat die Plays von Atlanta für ihn studiert. Deswegen war mit Jeff Peterson auch der Scouting Director der Hawks Teil des DBB-Staffs, um so gut es geht Schröders NBA-Style auf den FIBA-Basketball zu übertragen.
Dass das aber mit sehr vielen Turnovern von Schröder einhergeht, musste Fleming einkalkuliert haben. Im Grunde wollte er, dass Schröder Hero-Ball spielt. Von daher müsste Fleming genauso kritisiert werden wie Schröder, wenn es um dessen Ballverluste geht. Gegen Spanien fand ich, dass Schröder trotz des letzten Freiwurfs herausragend war und genau den richtigen Mix hatte aus Pushen und Zurückhaltung - was erstaunlich ist für einen 21-Jährigen, der auf der schwierigsten Position überhaupt spielt. Gegen Italien überzog er hingegen am Ende, was wohl dazugehört bei einem so jungen Point Guard. Olli, du hast ihn nach der Italien-Niederlage zum Flop des Spiels gemacht und hast die SPOX-User gespalten. Was denkst du im Nachhinein darüber?
Marc-Oliver Robbers: Ich finde nach wie vor nicht, dass Schröder zu kritisch beäugt wird. Aber es hängt natürlich davon ab, welche Messlatte man bei ihm ansetzt. Ist er das 21 Jahre alte Talent, das noch am Beginn einer hoffentlich erfolgreichen Karriere steht? Oder ist er schon der Star des Teams mit der Führungsrolle, die er selbst auch für sich beansprucht? Schröder will selbst kein Talent mehr sein, also muss er auch mit dem höheren Anspruch an seiner Person leben. Dazu gehört dann auch, dass er bei uns mal nach einem größtenteils starken Spiel trotzdem zum Flop ernannt wird, weil er in der Crunchtime nicht überzeugen kann.
Ich weiß, dass das wieder viele Schröder-Fans auf die Barrikaden bringen wird und auch das Schröder-Lager war von meiner Wahl nicht begeistert. Aber wer ein Star sein will, muss auch damit leben können, kritischer bewertet zu werden als ein Rollenspieler. Dazu kommt natürlich, dass er - wie Haruka schon sagte - mit seiner sehr selbstbewussten Art polarisiert und gerne noch das eine oder andere Fettnäpfchen mitnimmt. Stichwort Fleming-Kritik. Ich denke jedem ist bewusst, welche unglaublich starke EM er gespielt hat. Ohne Schröder wäre Deutschland sang- und klanglos ausgeschieden. Er lernt aktuell auf dem Platz schneller als daneben. Es geht einfach für ihn darum, aus der Kritik die richtigen Schlüsse zu ziehen, dann wird ihn das auch weiterbringen.
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Felix Götz: Von mir gibt es ein klares Nein zu dieser These. Keiner von Schröders Kritikern hat vergessen, seine unfassbaren Fähigkeiten in den höchsten Tönen zu loben. Und ich hoffe wie wir alle sehr, diese Skills auch in den kommenden Jahren regelmäßig im DBB-Trikot sehen zu dürfen. Neben vielen positiven Ansätzen zeigte die EM aber auch, dass der Junge noch wahnsinnig viel lernen muss - auf und neben der Platte. Zu viele billige Ballverluste, zu viele vogelwilde Aktionen, wenn Schröder zum Korb zog. Dazu die Fehler in den alles entscheidenden Situationen. Unter einem richtig starken Playmaker stelle ich mir etwas anderes vor. Schröder ist noch nicht der Leader, der er sein will und sein soll. Angesichts seines Alters ist das auch halb so wild.
Was mich aber wirklich maßlos geärgert hat, war seine Kritik an Fleming. Da spielt so ein junger Kerl sein erstes großes Turnier, macht selbst genügend Fehler und rüffelt dann noch - anstatt sich an die eigene Nase zu fassen - den Bundestrainer. Das ist respektlos und geht einfach gar nicht, da muss er sich zwingend anders geben. Mein Problem mit Schröder: Ich habe bei ihm nicht den Eindruck, dass er da von selbst drauf kommt. Deshalb hoffe ich auf den Einfluss von Ademola Okulaja.
Matze Bielek: Dennis ist ein begnadeter Basketballer. In den meisten Momenten des Spiels ist es die pure Freude, ihm zuzusehen. Er war es, der die deutsche Nationalmannschaft gegen europäische Topteams im Spiel gehalten hat. Die erste Halbzeit gegen die Türkei ausgenommen. Da wirkte er teilweise ratlos. Aber: Er ist eben noch jung. Er macht noch Fehler. Er verwirft noch mal einen Freiwurf. Wichtig ist, dass er aus diesen Situationen lernt. Davon gehe ich aus.
Seine sportliche Entwicklung in den letzten Jahren war enorm. Ich glaube, dass er manchmal kritischer beäugt wird, liegt nicht an seiner sportlichen Leistung, sondern eher an Dingen, die neben dem Parkett stattfinden. Klar kann er auch hier noch viel lernen. Er muss als Mensch reifen, wie jeder junge Mann in seinem Alter. Man darf ihn aber keinesfalls mit Nowitzki vergleichen, nur weil sie jetzt in der gleichen Liga spielen. Das sind zwei komplett unterschiedliche Charaktere. Dennis wird nie wie Dirk werden, aber er sollte ihn immer als Vorbild sehen, was die Persönlichkeitsentwicklung betrifft. Die Öffentlichkeit sollte ihn wenn dann als Basketballer und wegen seiner sportlichen Leistung kritisieren. Dann ist bei Dennis jegliche Kritik eine Kritik auf hohem Niveau.
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Marc-Oliver Robbers: So wie es jetzt gelaufen ist, ist es auf jeden Fall äußerst unglücklich! Das wirft kein gutes Bild auf Bamberg, kein gutes Bild auf Daniel Theis, aber auch kein gutes Bild auf den DBB. Dass so etwas über die Medien ausgetragen wird, ist natürlich schön für unsere Quote, aber schädlich für alle Beteiligten. Natürlich kennen wir nicht die genauen Hintergründe und können nur spekulieren, warum Theis nicht spielen konnte oder vielleicht durfte, aber warum haben die Beteiligten nicht einfach den Hörer in die Hand genommen und die Sache in einem Gespräch aus der Welt geschafft? Es wäre doch ein Leichtes gewesen, vor dem Theis-Comeback gegen Ulm sich abzusprechen.
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Es war doch klar, dass es hohe Wellen schlagen wird, wenn Theis wieder spielen wird. Schließlich hätte das DBB-Team jeden großen Mann gebrauchen können. Und warum postet Theis bei Facebook einen Dunk versehen mit dem Kommentar, dass die Schulter hält. Da kann ich den Unmut schon verstehen. Ob der DBB das dann während die Mannschaft um den Einzug in die nächste Runde kämpft so zum Thema machen muss, steht auf einem anderen Papier. Auch Nowitzki hätte sich da vielleicht besser auf die Zunge gebissen, die Aussage wurde schließlich von ihm forciert.
Matze Bielek: Ich kann verstehen, dass der DBB und auch die Spieler in Berlin in gewisser Weise enttäuscht sind, wenn sie die Videos auf der Facebookseite von Theis sehen und von seinen Einsatzzeiten lesen. Das zeigt auch, wie wichtig er für die Mannschaft gewesen wäre. Man müsste aber mehr Details kennen, um einer der beiden Seiten Recht geben zu können. Grundsätzlich müssen alle im Sinne des Basketballs in Deutschland alles tun, um Erfolg zu haben. Heim-EM, Hoffnung auf Olympia - viel mehr Motivation geht doch nicht.
War es eine Entscheidung im Stile so mancher NBA-Klubbesitzer nach dem Motto "ich möchte nicht, dass mein Spieler im Sommer dieses Turnier spielt", dann hätte ich dafür absolut kein Verständnis. Wenn Daniel hätte spielen wollen und spielen können und der Klub hätte es ihm "verboten", dann wäre das eine Katastrophe. Aber ihr merkt schon, da steckt viel Konjunktiv drin. In der Angelegenheit sollte jetzt schnellstmöglich geklärt werden, wer wann und warum entschieden hat, dass Daniel nicht bei der EM dabei ist. Unabhängig davon ist seine Operation Tatsache. Die Reha-Zeit war knapp. Ob er in nicht mal zwei Wochen Teamtraining EM-Form erreicht hätte, wage ich zu bezweifeln. Ich hoffe für den Basketball in Deutschland, dass die EM-Absage per SMS wirklich nur gesundheitliche Gründe hatte.
Felix Götz: Ich stimme euch da im Prinzip zu. Gerüchte, Theis habe auf die EM nicht ganz freiwillig verzichtet, gab es bereits vor Turnierstart. Und ganz ehrlich: Als er bereits Ende August auf dem Ulmer Münsterplatz an diesem Showmatch teilgenommen hat, fand ich das - vorsichtig ausgedrückt - unglücklich. Trotzdem muss man vorsichtig sein: Ob die Vorwürfe des DBB wirklich stimmen, weiß ich nicht. Wenn es aber wahr sein sollte, dass Theis von Bamberger Seite unter Druck gesetzt wurde, wäre das natürlich eine Frechheit. Es gibt eine Abstellungspflicht, der DBB steht über den Vereinsmannschaften - fertig! Mehr muss man dazu nicht sagen.
Haruka Gruber: Wer es positiv sehen will: Dank der Theis-Kontroverse bietet der deutsche Basketball auch nach dem EM-Ausscheiden genug Gesprächsstoff. Aber grundsätzlich ist das - wie Olli, Matze und Felix schon sagten - eine extrem unglückliche Geschichte für alle Beteiligten und es gibt nur Verlierer. Dass Bamberg auf sein eigenes Wohl bedacht ist und zumindest nichts dagegen hatte, dass sich Theis erst nach den BBL-Finals operieren ließ und ein früheres Comeback nicht forcierte, um den Heilungsverlauf nicht zu gefährden, verstehe ich komplett. Zumal Bamberg frühzeitig den DBB über die OP informiert hatte. Was sich die Brose Baskets allerdings vorwerfen lassen müssen: Sie haben völlig unnötig den DBB provoziert, in dem sie Theis in unbedeutenden Testspielen so lange einsetzten und dann noch diese Videos gepostet wurde.
Am Fakt an sich, dass Theis dem DBB-Team bei der EM wenn überhaupt nur eine sehr kleine Hilfe gewesen wäre, ändert es nichts. Aber von Bamberg war es nicht feinfühlig. Allerdings rechtfertigt das nicht das Gebaren des DBB. Wie Insider bestätigen, wurde Nowitzki aus Verbandskreisen eine gewisse Meinung souffliert, so dass er - obwohl das null zu ihm passt - Theis und indirekt Bamberg öffentlich attackierte. Der Verdacht liegt nahe, dass der Verband von eigenen Fehlern ablenken will - und was noch schwerer wiegt: Viele BBL-Klubs und viele Profis teilen den Eindruck. Grundsätzlich kann man streiten, ob nicht jeder deutsche Spieler alles daran setzen müsste, für die deutsche Nationalmannschaft aufzulaufen, statt eigene oder Klub-Interessen voranzustellen. Doch mittlerweile ist ein Muster erkennbar und bei vielen Spielern, deren Agenten und den Vereinen ist eine Verdrossenheit mit dem Verband zu vernehmen, was teilweise die hohe Anzahl an Absagen erklärt. Deswegen glaube ich, dass indirekt der DBB im Kleinkrieg mehr zu verlieren hat als Bamberg.
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Felix Götz: Mit Fleming als Bundestrainer war ich von Beginn an nicht zu 100 Prozent glücklich. Warum? Ganz einfach: Weil für mich der einzige ideale Kandidat für diesen Posten Svetislav Pesic ist. Aber Sveti war und ist nun mal nicht zu bekommen, deshalb ist Fleming ganz sicher keine schlechte Lösung. Für mich ist er also zumindest nicht der falsche Bundestrainer. Das Vorrunden-Aus an ihm festzumachen, verbietet sich ohnehin. Ich finde jedenfalls nicht, dass er sich vercoacht hätte.
Nicht Fleming war das Problem, sondern die letztlich minimal fehlende Qualität im Kader, sich in dieser Hammergruppe durchzusetzen. Es mangelt uns einfach an abgezockten Typen. Für mich steht fest: In jeder anderen Gruppe wäre Deutschland relativ problemlos ins Achtelfinale eingezogen. Die Frage, ob Fleming weiterhin Bundestrainer bleiben soll oder nicht, ist für mich eine Frage der Alternative. Und da fällt mir außer Henrik Rödl derzeit keine ein. Was kritisch beäugt werden muss: Wie viel Zeit hat Fleming als angehender Co-Trainer der Denver Nuggets eigentlich für den DBB?
Matze Bielek: Ich sehe Fleming nicht wie du, Felix. Er ist der richtige Bundestrainer. Er ist einer der besten Coaches, die je in Deutschland gearbeitet haben. Man kann über die ein oder andere Entscheidung bei der EM diskutieren. Aber kann man das im Sport nicht immer? Geht seine Taktik gut, ist er der Held. Geht sie schief, wird es hinterfragt. So ist das Geschäft. Man merkt ihm an, dass ihm die Aufgabe Spaß macht. Seine Kompetenz sollte keiner hinterfragen. Ein kleines Aber habe ich wie alle hier aber doch: Ich hoffe nicht, dass man sich zu weit entfernt, wenn seine tägliche Arbeit künftig in den USA in der NBA stattfinden wird. Die deutsche Nationalmannschaft hat Zukunft, auch irgendwann ohne Dirk Nowitzki. Fleming kann diese Mannschaft meiner Meinung nach formen, wenn alles passt.
Marc-Oliver Robbers: Ich finde es sehr bemerkenswert, mit welcher Konsequenz er junge Spieler wie Paul Zipser und Maodo Lo eingebaut hat und ihnen auch gegen Weltklasse-Teams wie Spanien in der Crunchtime das Vertrauen schenkt. Hari hat es bereits in seinem Kommentar angesprochen, das Nationalteam braucht Kontinuität und da sehe ich Fleming als den richtigen Mann. Er hat wirklich mit allem gecoacht, was er hatte. Er hat die Formationen immer den gegebenen Situationen angepasst, anstatt starr an seinem Konzept festzuhalten. Und war sich auch nicht zu eitel, eigene Fehler zu korrigieren. Am bemerkenswertesten finde ich allerdings, wie er mit der Schröder-Kritik umgegangen ist. Öffentlich fiel nie ein kritisches Wort über ihn, doch intern wird er dem Guard deutlich zu verstehen gegeben haben, wer hier das Sagen hat. Dass Fleming auch diese härtere Ansprache beherrscht, war bei der einen oder anderen Auswechslung Schröders und der danach folgenden kurzen Diskussion sichtbar. Die einzige Frage wird sein, das sehe ich wie Matze und Felix, wie sich sein Job als Assistant Coach der Nuggets mit der Tätigkeit als Bundestrainer vereinbaren lassen würde. Man sollte es trotzdem riskieren.
SPOX-Kommentar zum DBB-Aus: Mehr Haltung, bitte!
Haruka Gruber: Schwierige These, die man nicht mit ja oder nein beantworten kann. Ich finde, dass Fleming vom Typ her der Richtige ist: Nicht zu kumpelhaft und anbiedernd zu Spielern und Journalisten, aber gleichzeitig integer und verlässlich. Zwischen Flemings Auftreten nach dem diesjährigen Ausscheiden und dem von Frank Menz nach der EM 2013 liegen Welten. Doch zwei Gegenargumente wiegen für mich schwer. Erstens: Leider hat sich bei der EM genau das bestätigt, was viele Experten off the record befürchtet haben. Nämlich dass die von Fleming trainierten Mannschaften in knappen Spielen auf höchstem Niveau regelmäßig choken, also mental einbrechen oder taktisch die falschen Vorgaben erhalten. Diesen Vorwurf gab es hinter vorgehaltener Hand schon in Bamberg, als man in der Euroleague einige wichtige Partien in den letzten 60 Sekunden weggeworfen hatte. Und jetzt eben die EM, die das Muster irgendwie bestätigt. Und natürlich kennen auch die Nationalspieler diesen Ruf und sprechen darüber - was wiederum dem Selbstvertrauen nicht gut tun dürfte.
Zweitens: Ich weiß nicht, wie es funktionieren soll, wenn Fleming bis April oder sogar Mai bei den Denver Nuggets tätig ist und der DBB womöglich das Olympia-Quali-Turnier veranstaltet. Es dürfte klar sein, dass Flemings Priorität die NBA ist und er mittelfristig zumindest die Chance auf einen Headcoaching-Posten bekommen möchte. Daher tritt er in die zweite Reihe zurück und arbeitet weiter daran, sein bereits beeindruckendes Netzwerk in der NBA auszubauen. Aber wo kommt dann der DBB? Die Nationalspieler im Telekom-Stream zu schauen, reicht nicht. Man muss sie und die Vereine regelmäßig besuchen und Vertrauen schaffen. Der Bamberg-DBB-Kleinkrieg zeigt, wie wichtig diese Aufgabe ist. Aber Fleming wird dem nicht nachkommen können. Daher plädiere ich für einen klaren Cut und die Einstellung eines hauptamtlichen Bundestrainers, der ohnehin ab 2017 benötigt wird, wenn der FIBA-Kalender das gesamte Jahr umfasst.
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Haruka Gruber: Nein. Laut DBB-Generalsekretär Wolfgang Brenscheidt wäre die Organisation eines Olympia-Quali-Turniers in Berlin finanziell kein Risiko - trotz der happigen siebenstelligen Gebühr, die an die FIBA gezahlt werden müsste. Dennoch bin ich dagegen, dass sich das DBB-Team erneut über Umwege eine Chance erkauft, nachdem es sportlich mal wieder nicht geklappt hat. Deutschland bekam für die WM 2010 nach Zahlung eines Obulus an den Weltverband eine Wild Card - und war damit auch automatisch für die EM 2011 qualifiziert, obwohl man bei der Weltmeisterschaft blamabel in der Vorrunde ausgeschieden war. Damals lautete die Argumentation pro Wild Card, dass man ja ein extrem junges Team habe und man sie dem Stress von Großturnieren aussetzen müsse, damit sie zu Topspielern reifen.
Damals nachvollziehbar - aber nach der EM 2015 und dem fünften enttäuschend verlaufenen Turnier in Folge seit 2008 muss man konstatieren, dass die erkauften Teilnahmen nicht dabei geholfen haben, erfolgreicher zu sein. Im Grunde stagniert die Nationalmannschaft, obwohl die Spieler älter und erfahrener wurden: Das Team ist weiterhin talentiert, doch in entscheidenden Situation zeigen sie sich nervenschwach - was mit der Trainersituation zusammenhängt. Aber auch mit dem Signal, dass der DBB an die Spieler sendet: "Macht euch keine Gedanken, ist eh egal, ob wir bei der EM unter den besten sieben Teams landen oder nicht mal das Achtelfinale der besten 16 erreichen. Am Ende kaufen wir uns das Quali-Turnier und wir bekommen die nächste Chance."
Matze Bielek: Defintiv JA! Man kann grundsätzlich darüber diskutieren, ob Wildcards im Sport überhaut Sinn machen. Solange es aber diese Möglichkeit gibt, sollte man versuchen, sie zu nutzen. Es geht dabei um die Weiterentwicklung des Basketballs in Deutschland. Die Mannschaft mit Perspektive dazu ist da. Jetzt braucht sie die Plattform, sich mit den besten Teams zu messen. Wer die Atmosphäre in Berlin miterlebt hat, hatte glaube ich nicht nur einmal Gänsehaut. Nach diesem knappen Ausscheiden in dieser Hammergruppe hat die Mannschaft es verdient zu zeigen, was in ihr steckt. Ich würde mich freuen, dieses Turnier nächsten Sommer in Deutschland zu sehen.
Felix Götz: Generell finde ich es auch nicht gut, wenn man permanent durch irgendeine Hintertür zu Großereignissen gelangt. Ich als SPOX-Handball-Mensch weiß, wovon ich spreche. Aber Haruka: Hier geht es um Olympische Spiele. Und in einer Sportart wie Basketball gibt es für ein Nationalteam nichts wichtigeres, als bei Spielen dabei zu sein. Wenn es also einen Strohhalm gibt, der die deutsche Mannschaft nach Rio bringen könnte, muss man sich an dem festklammern. Also ja, bewerben - und zwar zwingend! Ich bin da ganz auf Matzes Seite. Auch wenn ich die Bedenken, so ein Turnier wäre recht teuer und würde je nach Gegner kaum Zuschauer in die Halle locken, nachvollziehen kann. Zudem qualifiziert sich nur der Turniersieger, was die Sache bei sechs Teilnehmern nicht einfacher macht.
Marc-Oliver Robbers: Ich stimme Felix zu. Wenn die Möglichkeit besteht, dies zu tun, muss der DBB das machen. Deutschland sollte immer versuchen, bei großen Turnieren dabei zu sein und wenn die FIBA diese Schlupflöcher abseits der sportlichen Qualifikation bietet, spricht doch nichts dagegen, das auszunutzen. Wie sehr die Spieler dabei sein wollen, lässt sich doch schon an der Reaktion von Nowitzki ablesen, der sich für den Fall der Fälle noch ein Hintertürchen offen ließ, im nächsten Sommer noch mal ein Comeback zu starten. Auch Schröder wird alles daran setzen, dann wieder an den Start zu gehen. Da bin ich mir sehr sicher. Die These spielt sicher ein bisschen auf die Kosten für so ein Turnier ab. Schließlich kommen die Gegner dann aus der ganzen Welt und bringen wahrscheinlich nicht die Masse an Fans mit, wie es durchweg alle Gruppengegner bei der EM gemacht haben. Das Risiko muss der DBB natürlich eingehen. Das Sportliche sollte an erster Stelle stehen.
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Matze Bielek: Die Gruppe B war eigentlich wirklich eine eigene kleine EM für sich. Dennoch glaube ich, dass der Europameister Frankreich heißen wird. Ich konnte nicht jedes Spiel von Tony Parker und Co. komplett sehen. Bei dem was ich aber gesehen habe, waren sie nicht überzeugend, dafür aber kaltschnäuzig. Teilweise nicht gut gespielt, aber dennoch gewonnen. Wenn sie jetzt noch ihren Rhythmus finden, wird es ganz schwer, sie zu bezwingen. Zudem haben die Teams aus Gruppe B in dieser intensiven Vorrunde mehr Kraft gelassen als die Konkurrenz. Ich denke aber, dass der Finalist neben Frankreich aus der deutschen Gruppe kommen wird.
Kleiner Nebensatz am Rande. Dafür kommt der Europameister der Herzen aus der deutschen Gruppe: Island! Fans und Mannschaft waren so herzerfrischend. Die wünsche ich mir ab sofort bei jedem Turnier.
Marc-Oliver Robbers: Ich bleibe dabei, es geht kein Weg an Frankreich vorbei. Also Nein. Aus der deutschen Gruppe traue ich allenfalls Serbien zu, die Franzosen in die Bredouille zu bringen. Die Serben haben sich nach dem schwachen Spiel gegen Deutschland gefangen und danach Basketball vom Allerfeinsten geboten. Es war schon eine Augenweide, Milos Teodosic zuzuschauen. Die Italiener haben zwar eine äußerst potente Offensive, sind in der Defensive aber zu anfällig und kommen zu häufig in Foulprobleme. Das wird sich gegen starke Teams rächen. Und Spanien? Never ever! Ein Gasol alleine reicht nicht. Der Rest präsentiert sich zu unbeständig. Die Türken haben zwar positiv überrascht, aber jetzt wartet eben Frankreich. Auch wenn ich jetzt Cedi-Osman-Fanboy bin, die Türkei wird gegen den Europameister keine Chance haben.
Haruka Gruber: Noch eine schwierige These: Frankreich bleibt weiter der größte Favorit und Griechenland scheint wieder zu einer Macht zu werden, wenn man die komplizierte Gruppe mit Kroatien und Slowenien ohne Niederlage beendet. Andererseits: Wie sich Spanien durchmogelt und in der deutschen Gruppe doch noch Zweiter wird, obwohl so vieles nicht funktioniert und Rudy Fernandez quasi nicht existiert - wer weiß? Spanien hat das meiste Upside, wenn Mirotic etwas mehr in den Bulls-Modus kommt und Llull und Rodriguez nicht überdrehen wie in der zweiten Hälfte gegen Deutschland, sondern wie in der ersten Halbzeit weiter fleißig Pau Gasol füttern, den kein Big Man bei der EM stoppen kann.
Und die Serben waren die vielleicht beeindruckendste Mannschaft der Vorrunde - nicht weil sie alles in Grund und Boden spielen, sondern weil sie genau auf den Punkt wissen, wann sie liefern müssen. Milos Teodosic wirkt beim Nationalteam viel weniger grübelnd als bei ZSKA und hat eine andere Präsenz, wohl auch dank seiner engen Beziehung zu Nationalcoach und Mentor Sascha Djordjevic. Er erinnert wieder mehr an den nervenstarken Teodosic von der WM 2014 als an den nervenschwachen Teodosic bei den Final-Four-Auftritten mit ZSKA. Wenn ich mich festlegen muss: Serbien wird Europameister - wegen des Teodosic-Faktors.
Felix Götz: Das ist für mich nach wie vor ziemlich offen. Die Serben präsentierten sich bislang erwartet stark und haben mit Teodosic & Co. natürlich das Zeug dazu, Europameister zu werden. Und irgendwie würde ich wie Haruka die Spanier trotz der holprigen Gruppenphase nicht ganz abschreiben. Gasol, Fernandez, Rodriguez, Llull und Mirotic muss man einfach eine deutliche Leistungssteigerung zutrauen. Frankreich hat seine Favoritenrolle in der Vorrunde untermauert, trotzdem reicht ja ab jetzt eine einzige Pleite, um nicht den Titel zu holen. Also erstmal abwarten. Und dann hab ich nach wie vor Griechenland auf dem Zettel...
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