Totgesagte leben länger

Wladimir Klitschko wirkte gegen Tyson Fury ratlos
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Welche Schuld trifft das Team des ehemaligen Weltmeisters?

Die Probleme, die sich aus Sicht des Titelverteidigers am späten Samstagabend offenbarten, waren keineswegs überraschend. Bereits im Vorfeld wurde über den Größen- und Reichweitenvorteil Furys sowie über mögliche Auswirkungen auf die Herangehensweise Klitschkos spekuliert. Auch das Wechseln der Auslage war dem Lager bekannt. Dass der Ukrainer allerdings dennoch völlig überrascht von den eigenen Nachteilen wirkte, dürfte für viele Fans ein Schock gewesen sein.

Der promovierte Sportwissenschaftler aus Kiew agierte von Beginn an viel zu zurückhaltend und wirkte zudem von einem äußerst unorthodox, aber keineswegs überzeugend boxenden Herausforderer extrem verunsichert. Weder von seinem Jab, der zweifelsohne zu den besten im gesamten Boxsport zählt, noch von seiner krachenden Rechten oder seinem brandgefährlichen linken Haken war über die gesamte Dauer des Kampfes etwas zu sehen. Dafür gab es ratlose Blicke - auch in Richtung der eigenen Ecke.

Reaktionen zum Kampf: "Zwei Deppen, die Angst hatten"

Vor dem Hintergrund, dass mit Klitschko der wohl beste Boxer seiner Generation, der auf 67 Profikämpfe kam und die zweitlängste Regentschaft in der Geschichte des Boxsports aufbauen konnte, im Ring stand, wirkte das Gebotene surreal. Klitschko fand weder seinen Stil noch seinen Rhythmus. Bei all der Erfahrung hätte er aber Antworten finden müssen.

"Er hatte keine Technik, keine Kondition - nichts. Von seinem Riesenpotenzial hat er nichts gezeigt", urteilte selbst Wladimirs Bruder Vitali. Die dringend benötigte Hilfe bekam der angeschlagene Weltmeister, der wie ein Schatten seiner selbst wirkte, allerdings nicht.

Seine Ecke versagte vielmehr auf ganzer Linie. Coach Johnathon Banks, der die Nachfolge des im Jahr 2012 verstorbenen Steward übernommen hatte, wirkte mit der Situation nicht weniger überfordert als sein Schützling. Zwar versuchte der 33-Jährige zu Klitschko durchzudringen, wirklich erreichen konnte er ihn jedoch nie. Statt mit konkreten Anweisungen seinem Boxer aus der Bredouille zu helfen, blieb es bei flachen Ansagen zum Stand der Scorecards.

Ein Umstand, der unter Steward undenkbar gewesen wäre. "Verlassen Sie sich darauf: Steward hätte ihm gesagt, was zu tun ist", sprach Lewis im RTL-Interview das aus, was wohl viele nach zwölf erschreckenden Runden dachten. Statt zu handeln, stand Klitschko in der Mitteldistanz, auf der Suche nach Lösungen. Aktionen zum Körper gab es keine, einen Plan B auch nicht. Die Vorbereitung wurde so ad absurdum geführt.

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Seite 2: Welche Schuld trifft das Team des ehemaligen Weltmeisters

Seite 3: Was bedeutet Furys Triumph für das Schwergewicht

Seite 4: Wie wirkt sich die Niederlage auf Klitschkos Platz in der Geschichte aus?

Seite 5: Wie geht es für Klitschko weiter?

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