These: Die Trail Blazers sind "for real".
Haruka Gruber: Kommt darauf an, was wir als "for real" definieren. Gehören sie zu den besten 10 Teams der NBA? Absolut ja. Aber gehören sie zu den Titelkandidaten? Absolut nein. So homogen die Mannschaft ohne einen echten Superstar zusammenspielt und sich als Team begreift: Haben wir nicht schon so häufig in den letzten Jahren gesehen, dass das nicht reicht? Die einzige Ausnahme waren die Pistons 2004 - und die spielten knüppelharte Defense. Davon ist Portland ein deutliches Stück weg. Die Blazers werden mit Heimrecht in die Playoffs einziehen, doch dort reicht es maximal für die Conference Semifinals, weil spätestens da voraussichtlich Oklahoma City oder San Antonio wartet. Die Thunder kommen fast unbemerkt von der Öffentlichkeit langsam aber sicher ins Rollen, ersetzen Kevin Martin einfach mit Reggie Jackson und wirken nicht viel schwächer. Und so langweilig es ist: Die Spurs sind wieder bockstark und können es sich leisten, anders als Portland die Stützen jetzt schon zu schonen - und einfach weiter zu gewinnen. Die fahren zu Golden State und siegen mit einer Starting Five aus Aron Baynes, Boris Diaw, Kawhi Leonard, Danny Green und Patty Mills! Dass bei den Blazers hingegen 4 der 5 Starter im Schnitt 34 Minuten oder mehr spielen müssen, wird sich spätestens in den Playoffs bemerkbar machen.
Philipp Dornhegge: Aber dabei lässt Du unerwähnt, dass diese vier Jungs weniger spielen als im Vorjahr, als das Problem mit der Bank wirklich eklatant war. Speziell Lillard und Batum, die beiden zentralen Playmaker, bekommen dank Mo Williams viel mehr Entlastung, ich sehe deshalb nicht, warum das mit der Spielzeit noch mal ein Problem werden sollte. Ich bin ein bisschen enttäuscht, dass Terry Stotts nicht eine noch tiefere Rotation spielen lässt. Will Barton ist wieder völlig außen vor, von Meyers Leonard habe ich mir mehr erhofft. Und Victor Claver hat sich so gut entwickelt und war auch bei der EM so stark, dass ich mich wundere, warum er völlig von der Bildfläche verschwunden ist. Ich bin gespannt, ob C.J. McCollum, dessen NBA-Debüt nicht mehr weit weg sein dürfte, Stotts auf Anhieb überzeugen kann. So oder so ist Portland ungleich tiefer, wirkt gereift und nervenstark. Alles gute Voraussetzungen. Dass OKC und die Spurs vielleicht noch eine Nummer zu groß sind, mag sein. Aber dass die Blazers inzwischen ein klares Playoff-Team sind und alle Experten so tun, als wäre das von Anfang an klar gewesen, obwohl die meisten im Sommer noch was anderes geschrieben haben, zeigt mir, dass Portland zumindest genaus "real" ist wie Houston oder Golden State.
John Schuhmann: Ich bin hin- und hergerissen. Portlands Offense sieht fantastisch aus, allerdins verlässt sich das Team aus meiner Sicht zu sehr auf Jump Shots. Die Defense ist nicht besonders gut. In vielerlei Hinsicht erinnert mich das alles an sehr an die New York Knicks der Vorsaison. Sie sind definitiv ein Playoff-Team, die Leistungen speziell auswärts sind absolut beeindruckend. Aber ob wir diese Mannschaft in der zweiten Playoff-Runde sehen werden? Ich weiß nicht.
Dornhegge: Der entscheidende Unterschied zu New York ist aus meiner Sicht allerdings, dass die Chemie offensichtlich eine ganz andere ist. Aldridges Abwanderungsgedanken sind, glaube ich, komplett passé, man hat richtig das Gefühl, dass jeder seine Rolle kennt und alle gern miteinander spielen. Bei den Knicks hat man in den Playoffs gesehen, wie fragil das Gebilde ist. Von der aktuellen Spielzeit ganz zu schweigen. Wie siehst Du das, Flo?
Regelmann: Stefan Koch und ich hatten, als wir die Blazers in dieser Saison bei SPOX übertragen haben und sie zu dem Zeitpunkt schon einen guten Saisonstart hingelegt hatten, die Diskussion, ob die Blazers wirklich ein Top-Team sind. Stefan hat das damals klar verneint. Inzwischen gehe ich aber so weit, dass ich sage, dass Portland für mich durchaus Championship-Potenzial hat. Wenn ich es im Westen einer Mannschaft gerade zutraue, San Antonio und OKC in einer Best-of-Seven-Serie gefährlich werden zu können, dann sind es die Blazers. Was mir besonders gefällt: Es gibt null Egoismus in dieser Truppe, es wird immer der Extra-Pass für den freien Mitspieler gesucht. Die Blazers-Offense ist unglaublich flexibel und deshalb auch so schwer zu verteidigen. In den beiden Statement-Siegen gegen San Antonio und Indiana hat Portland gegen die zwei vielleicht besten Defenses der NBA im Schnitt 110,5 Punkte gemacht. Das hat Aussagekraft. Die Inside-Out-Combo mit Damian Lillard und LaMarcus Aldridge ist formidabel, aber dazu kommt eben noch ein Nicolas Batum oder ein Wesley Matthews, der für mich der X-Faktor und einer der am meisten unterschätzten Spieler der Liga ist. Der schießt aktuell 50 Prozent aus dem Feld und 44 Prozent von der Dreierlinie. Nur mal so. Dreier sind natürlich auch noch ein Hauptgrund für den Erfolg, aber nicht nur weil Portland in der Offense so viele Dreier trifft, auch weil man den Dreier in der Defense so gut wie kaum ein anderes Team verteidigt. Die Bank passt jetzt auch und wenn erst Rookie C.J. McCollum noch dazu kommt, werden die Blazers potenziell noch besser.
These 1: Die Celtics müssen Rajon Rondo traden
These 2: Die Trail Blazers sind "for real"
These 3: Andre Drummond ist auf dem Weg zum Superstar