Gegen die Trends
Gerade weil sich die Spurs in Sachen "bestes Team der Liga" aktuell nur mit den Warriors messen müssen, ist folgendes interessant: Gregg Popovich pfeift (wieder einmal) auf die gängigen Trends und lässt sein Team eher wieder Old-School spielen. Die Liga wird immer kleiner, die Spurs sind größer geworden: Mit Tim Duncan und LaMarcus Aldridge spielen üblicherweise zwei Seven-Footer nebeneinander, von der Bank wird sporadisch noch der hünenhafte Boban Marjanovic eingesetzt. Und Kawhi Leonard ist zwar nicht der größte Spieler, mit seiner Spannweite von sechs bis acht Metern stellt aber auch er eine schwer überwindbare Hürde dar.
Darüber hinaus wird das Spiel in der NBA grundsätzlich eher schneller, die Spurs schlagen aber auch hier einen anderen Weg ein: Nur fünf Teams spielen aktuell mit einer langsameren Pace als San Antonio (95,99). Zum Vergleich: Die Dubs produzieren mit 101,66 den zweitschnellsten Spielstil der Liga. Wo andere Teams ihr Heil in Transition suchen, lassen sich die Spurs Zeit und laufen ihre Sets mit geduldiger Perfektion.
Auch die Würfe, die sie dabei herausspielen, sind nicht unbedingt so verteilt, wie man es in der Dreier-süchtigen NBA der heutigen Zeit vermuten würde. Kein Wunder, wenn man sich Popovichs "Abneigung" gegen den Dreier vor Augen führt: "Ich hasse den Dreier immer noch", sagte der Coach schließlich vor kurzem. "Das ist für mich kein Basketball und gehört in den Zirkus. Warum haben wir keinen Fünfpunktewurf oder Siebenpunktewurf?"
Bei allem Respekt: Natürlich nutzt auch das Team von "Grumpy Pop" den Dreier, allerdings weniger als in den letzten Jahren und deutlich weniger als der Rest der NBA. Nur vier Teams versuchen es pro Partie seltener von Downtown (18,6mal), das ist für San Antonio der niedrigste Wert seit 2009/2010. Und dabei legen die Spurs mit 37,6 Prozent die beste Dreierquote nach den Flammenspuckern aus der Bay Area hin.
Der Clou dabei: Fast jedem Dreier geht ein Assist voraus, um genau zu sein bei 93,2 Prozent aller Treffer. Generell läuft bei den Spurs fast alles über das unglaublich gute Ball-Movement, nur zwei Teams schließen eine geringere Prozentzahl ihrer Angriffe über Isolationen ab (4,9 Prozent). Und das, obwohl die Spurs Isos durchaus beherrschen, denn per Isolation-Play erzielen sie 0,94 Punkte (der drittbeste Wert der Liga). Es hilft eben, wenn man mit Kawhi, Aldridge und Manu Ginobili drei der effektivsten Iso-Player der Liga in seinen Reihen hat.
Dennoch sind Isos nur ein kleiner Teil der Spurs'schen Angriffs-Maschinerie. Fast der Hälfte der Spurs-Würfe geht kein einziges Dribbling voraus, mehr als 40 Prozent der Abschlüsse werden bei nba.com/stats als "offen" bis "weit offen" klassifiziert. Vor allem Lineups mit Ginobili und Boris Diaw bewegen den Ball so unfassbar schnell, dass die Verteidiger irgendwann nicht mehr mitkommen und offene Würfe, sei es von außen oder nahe am Korb (42,8 Prozent der Abschlüsse!), abgeben müssen.
Selbst wenn die Spurs also den Zahlen nach "langsam" spielen, gibt es kaum eine dynamischere Offense. Nur liegt das eben nicht an Athletik, sondern an Schläue, Ball-Movement und Cuts abseits des Balles. So entstehen die berühmt-berüchtigten "Spursgasms", die in den letzten Jahren zum Symbol für perfekten Team-Basketball geworden sind. Und diese Philosophie des "give up a good shot to get a great shot" haben auch die Neuen wie Aldridge und David West schnell verinnerlicht.