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Top 5: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 5 in der NFL

SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt zurück auf Woche 5 in der NFL.
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3. Denver Broncos: Ist Russell Wilson aus der Zeit gefallen?

Eines der großen Themen dieses Spieltags nahm bereits am Donnerstagabend weitere Formen an - denn es ist ein Thema, das sich bereits durch die ganze Saison zieht. Nicht nur mit Blick auf die Broncos, sondern in gewisser Weise ist es ein Thema, das die ganze Saison schon begleitet.

Ich hatte letzte Woche bereits ausführlich darüber geschrieben, wie Defense-Trends die Liga aktuell prägen. Wie Passing-Offenses dadurch weniger schlagkräftig werden, und wie Teams bisher in dieser Saison mehr Erfolg im Run Game finden.

Und das hat auch Auswirkungen auf die Art und Weise, wie Quarterbacks spielen und gewinnen können. Quarterbacks, die im konstanten Kurzpassspiel bestehen können, sind wesentlich besser ausgestattet, um in der NFL aktuell zu bestehen, als Quarterbacks, deren Qualitäten eher im vertikalen Passspiel und im improvisierten Spiel liegen - Quarterbacks wie Russell Wilson, und so könnte man die Probleme der Broncos-Offense auf den ersten Blick plakativ so umschreiben:

Ist Russell Wilson aus der Zeit gefallen?

Zugegeben, diese Frage ist drastisch formuliert. Es ist auch eine Formulierung - oder eine Frage generell, egal, wie genau man sie stellt - mit der man sich nicht auseinandersetzen will, wenn man es mit den Broncos hält. Umso weniger, nachdem Wilson kurz vor Saisonstart einen neuen Fünfjahresvertrag über 245 Millionen Dollar unterschrieben hat.

Und hier soll es auch nicht darum gehen, ob Wilson vielleicht von der sprichwörtlichen (Leistungs-)Klippe gefallen ist. Ob er zu viel von seiner Athletik eingebüßt hat, sodass er als Quarterback nicht mehr auf höchstem Level agieren kann. Das sehe ich ehrlicherweise bisher nicht, oder jedenfalls nicht in einem Ausmaß, dass bei mir aus Broncos-Perspektive die Alarmsirenen angehen würden.

Broncos: Die Red Zone ist Baustelle Nummer 1

Die Situation ist generell komplexer, auch wenn die Stimmung rund um die Broncos nach der 9:12-Niederlage gegen die Colts auf einem All-Time-Tief dieser noch jungen Saison ist.

Doch selbst in diesem Spiel bleibt festzuhalten: Die Broncos haben den Ball bewegt. Sechs Drives über je mindestens 40 Yards, und auch wenn 18 First Downs und 5,3 Yards pro Play keine Ruhmesmarken sind - die (zu Recht) hochgelobten Kansas City Chiefs hatten gegen eben jene Colts-Defense zwei Wochen zuvor 20 First Downs bei 5,2 Yards pro Play fabriziert, wenn gleich KC weniger Drives dafür gebraucht hat.

Der maßgebliche Unterschied? Während Kansas City aus seinen beiden ersten Red-Zone-Trips zwei Touchdowns produzierte - die Red-Zone-Auftritte in der zweiten Halbzeit erinnerten dann eher an das, was am Donnerstag in Denver zu sehen war -, knüpften die Broncos an ihre in meinen Augen größte Problemzone an: Denvers Red-Zone-Offense ist katastrophal.

Nach fünf Spielen haben die Broncos ganze 21,4 Prozent ihrer Red-Zone-Drives mit Touchdowns abgeschlossen, das ist mit weitem Abstand der schwächste Wert. Kein anderes Team war in Woche 5 mit einem Wert unter 40 Prozent gegangen.

Die Themen dieser Broncos-Saison wiederholen sich

Gegen die Colts kickten sie ein Field Goal von der 15-Yard-Line, bekamen ein Field Goal von der 16 geblockt, und Wilson warf die Interception von der gegnerischen 13-, sowie die Incompletion von der 5-Yard-Line bei 4th Down in der Overtime. Dazu kam ein Field Goal von der 26- und die erste Interception von der 35-Yard-Line.

Hier wiederholten sich zwei Themen dieser bisherigen Broncos-Saison. Einmal die Red-Zone-Problematik generell, welche schwer erklärbar ist. Mit einem mobilen Quarterback und einem Head Coach in Nathaniel Hackett, der über die letzten Jahre in Green Bay miterleben konnte, wie Matt LaFleur einige der besten Red-Zone-Packages in der NFL aufs Feld gebracht hat, sollte nicht gefühlt jeder Red-Zone-Trip aus Low-Percentage-Würfen bestehen.

Fades, Seam-Pässe in extrem kleine Fenster - diese Dinge wiederholen sich zu häufig. Die Broncos sind das einzige Team, das in dieser Saison in einem Spiel 0-4 - oder schlechter - in der Red Zone war; und Denver hat das Kunststück gleich zweimal geschafft, gegen Seattle und gegen die Colts.

Das andere Thema ist das der selbst zugefügten Wunden. Die erste Interception von Wilson kam bei Dritter-und-Vier, mit etwas über zwei Minuten noch auf der Uhr. Ein Field Goal hier hätte Denvers Führung auf sechs Punkte ausgebaut, und es ist gut möglich, dass das zum Sieg gereicht hätte. Hier darf ein so erfahrener Quarterback wie Wilson nicht einen solchen Risiko-Ball werfen.

Die zweite Interception wurde bereits ausgiebig diskutiert. Wilson hat hier an sich einen klaren Read gegen die Man Coverage der Colts, mit dem Pick Play auf seiner rechten Seite - nur schaut er dort nie hin. Das wäre der Game-Winner gewesen. Wie schon in Woche 1 gegen Seattle hatte Denver hier mehr als genügend Gelegenheiten, um dieses Spiel zu gewinnen. Nicht, dass das über alle Probleme hinwegtäuschen würde - aber das Narrativ rund um dieses Team und rund um Wilson wäre komplett anders.

Broncos-Ausblick: Wird Wilson zum großen Missverständnis?

Was bleibt also? Die Situation in Denver wird nicht leichter, so viel ist klar. Die Verletzung von Javonte Williams nimmt Denver seinen klar besten Runner - und ich bleibe dabei, dass die Broncos im Run Game Antworten finden könnten, um der Offense den Floor zu geben, den sie mit Wilson im Passspiel nicht finden wird - und die Verletzung von Garett Bolles dezimiert die Line um ihren individuell besten Spieler.

Ich werde mich hier nicht hinstellen und sagen, dass eine Offense, deren Success Rate von knapp 39 Prozent sich in einer Gruppe mit den Texans, Panthers und Colts ganz weit unten in der NFL bewegt, kurz vor dem Durchbruch steht. Wilsons Offenses glänzten meist nicht mit Konstanz Down für Down, aber im Gegensatz zu vergangenen Jahren fällt das viel gravierender ins Gewicht, weil die Shot-Plays so viel schwieriger sind - nicht nur für Denver, sondern ligaweit. Wie es aussehen kann, wenn Wilson ein paar Big Plays anbringen kann, war gegen die Raiders in der Vorwoche eindrucksvoll zu sehen. Es war mit Abstand Wilsons bestes Saisonspiel bislang.

Ich denke schon, dass es ein paar "einfache" Knöpfe geben sollte, die das Gesamtbild deutlich positiver aussehen lassen würden. Dazu gehört die Red Zone, wo für mich vor allem Hackett gefragt ist. Dazu gehören die simplen selbstverschuldeten Fehler. Dazu gehört die ehrlich, konstruktiv diskutierte Frage, wie man den Floor der Offense anheben und stabilisieren kann. Diese Frage prägt alle Diskussionen um Wilson und die "Russell-Wilson-Offense" seit Jahren, und mit der Art und Weise, wie Defenses derzeit spielen, ist sie umso gravierender.

Russell Wilson muss ehrlich in den Spiegel schauen

Wilsons Vertrag bindet ihn realistisch betrachtet für mindestens zwei weitere Jahre an die Broncos, und selbst im Frühjahr 2025 würde eine Dead-Cap-Summe jenseits von 45 Millionen Dollar in den Büchern bleiben. Natürlich ist der Tenor gerade negativ, natürlich gibt es viele Talking Heads, die jetzt den Abgesang einleiten, auf Wilsons häufig eher unangenehm wirkende Art hinweisen und implizieren, dass sich der Locker Room in Mile High ganz schnell gegen ihn wenden könnte.

Vielleicht wird Hacketts Stuhl bis zum Ende der Saison stark wackeln; vielleicht beschließen die neuen Teambesitzer, dass sie selbst einen Coach auswählen wollen. Russell Wilson wird bis auf Weiteres Teil dieses Broncos-Pakets sein. Und es wird maßgeblich an Hackett - oder vielleicht dessen Nachfolger - liegen, eine funktionale Offense um ihn herum aufzubauen.

Selbst wenn diese funktionale Offense am Ende vermutlich näher an dem Gesamtkonstrukt dran sein wird, das Wilson in Seattle jahrelang unbedingt verlassen wollte. Denn bei allen gerechtfertigten Hinweisen auf die neue Situation, den Rookie-Head-Coach, ein neues Team sowie die Schulterverletzung, die Wilson plagt, ist es kaum möglich, dieser Realität zu entkommen: Wilson ist kein Quarterback, der in einer High-Volume-Dropback-Offense gut aussehen wird.

Die große Frage lautet, ob und wann er sich selbst das eingesteht - und inwieweit, falls nötig, Hackett, nachdem er die ganze Offseason über betont hat, dass man Wilson das Lenkrad in die Hand geben will, gewillt ist, seinen 245-Millionen-Dollar-Quarterback in die Schranken zu weisen.