Eine Tragödie in Grün und Weiß

Von Adrian Franke
03. Februar 201609:15
Ryan Fitzpatrick und die New York Jets verpassten ihre große Chance auf die Playoffsgetty
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Tschüss Regular Season, hallo Playoffs! Während 20 Teams für die kommende Saison planen können, geht es für die besten Teams jetzt erst so richtig los. Davor aber meldet sich der letzte Regular-Season-Hangover für diese Spielzeit zu Wort. Mit dabei: Ein Maskottchen-Verrat, das ganze Browns-Chaos sowie jede Menge Rekorde. Peyton Manning erntet einen ganz besonderen Titel, Murray bekommt seine Revanche. Natürlich nicht fehlen dürfen aber die New York Jets...

Der Backup der Woche: Peyton Manning. Mile High stand, als der Sheriff den Platz wieder betrat. Denver war gerade drauf und dran, den Division-Titel noch zu verspielen und hatte fünf (!) Turnover gegen die Chargers auf dem Konto - nur zwei weniger, als in den ersten sechs Start-Einsätzen von Manning-Vertreter Brock Osweiler zusammengerechnet. Manning, inzwischen wieder genesen, stand bis dato als Backup an der Seitenlinie.

Zwar war Osweiler keineswegs der Alleinschuldige, vielmehr litt auch er unter Fumbles, Drops und schlechtem O-Line-Play. Aber die Broncos brauchten dringend einen neuen Impuls, und der kam in Person von Manning. Als "Bauchentscheidung" sollte Coach Gary Kubiak den Schritt später bezeichnen.

Und sein Bauch täuschte ihn nicht: Mit dem Routinier auf dem Platz funktionierte die Offense plötzlich wieder deutlich besser. Auch wenn Manning (5/9, 69 YDS) statistisch keinen großen Einfluss auf die Partie hatte, so vermittelte er doch, auch vor dem Snap, eine gewisse Sicherheit und scheint auf bestem Wege, im Divisional-Playoff-Spiel der Broncos wieder in der Startformation zu stehen.

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Beide honorable Mentions für diesen Award kommen derweil aus Indianapolis, dem diesjährigen Mekka für Backup-Quarterbacks. Nachdem Andrew Luck, Matt Hasselbeck und Charlie Whitehurst bereits passen mussten, durfte zunächst Josh Freeman ran - und warf seinen ersten NFL-Touchdown-Pass seit dem 15. September 2013.

Und selbst Ryan Lindley sollte noch zum Einsatz kommen! Jener Ryan Lindley, der als Backup vom Backup bereits in Arizonas Vorjahres-Wildcard-Spiel ran musste, und das vielleicht schlechteste Playoff-Spiel eines Quarterbacks überhaupt ablieferte. Im Team war er aber offenbar trotzdem beliebt, wie die Reaktion aus der Cardinals-Kabine zeigte. Denn selbst Lindley durfte gegen die Titans einen Touchdown-Pass bejubeln. Es war einer von vielen "Wer hätte damit gerechnet"-Momenten in der diesjährigen Colts-Saison.

Der Flop der Woche: Die New York Jets. Es hätte doch alles so schön sein können, liebe Jets. Playoff-Football im ersten Jahr unter Head Coach Todd Bowles und das erste Playoff-Spiel für sowohl Brandon Marshall als auch Ryan Fitzpatrick überhaupt. Das WR-QB-Duo hätte sich so für eine tolle Saison mit einer Premiere selbst belohnt. Alles was es dafür gebraucht hätte, war ein Sieg gegen Rex Ryan und die Buffalo Bills.

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Das Ergebnis ist allerdings bekannt. Gang Green verlor gegen ein Bills-Team, für das es um absolut nichts mehr ging, und das nicht einmal unverdient. Fitzpatrick spielte ungewöhnlich schlecht und eine völlig überflüssige Interception in der Endzone markierte den Anfang vom Ende. Die Defense hatte keine Antworten für die Runs von Bills-QB Tyrod Taylor, während Darrelle Revis im direkten Duell mit Sammy Watkins weit mehr als nur einmal das Nachsehen hatte.

Kurzum: Nur eine Woche nach dem gefeierten Sieg über die Patriots patzten die Jets und zerstörten so alle gerade erst geweckten Hoffnungen bei den eigenen Fans. Zusätzlich bitter: Die Jets haben damit beide Spiele gegen Buffalo und Ex-Coach Ryan in dieser Saison (zurecht) verloren. Hätten sie beide gewonnen, wären sie als Top-Seed in die Playoffs eingezogen. Autsch.

Die Revanche der Woche: DeMarco Murray. Wie viele Steine von DeMarco Murrays Herz gegen Ende der Vorwoche abgefallen sind, ist uns leider nicht übermittelt. Es dürfte aber der eine oder andere Felsbrocken gepurzelt sein, als Murray erfuhr, dass Head Coach Chip Kelly seinen Hut nehmen muss. Das Verhältnis zwischen den beiden war seit Wochen extrem angespannt, Murray wurde mit vielen Outside Runs nicht gemäß seiner Stärken eingesetzt und machte angeblich hinter Kellys Rücken Stimmung gegen ihn.

Dann kam der Sonntag und das Spiel gegen die New York Giants. Erster Drive, Murray bekommt den Ball mit dem Quarterback under Center. Endlich durfte er einfach geradeaus laufen - und 54 explosive Yards später stand er in der Endzone.

Ein Moment, den sich Murray (und Kelly-Kritiker) einrahmen können. Nicht verschweigen sollte man allerdings Murrays Endbilanz: Zwölf Laufversuche, 69 Yards. Und schon konnte sich Chip wenigstens wieder ein bisschen besser fühlen.

Das Fragezeichen der Woche: Die New England Patriots. Was genau Bill Belichick am Sonntag vor hatte, es wird wohl sein Geheimnis bleiben. Klar ist: Tom Brady sollte hinter einer angeschlagenen Offensive Line gegen Miamis Pass-Rush möglichst wenig Zeit mit dem Ball in der Hand verbringen. Die Folge waren lediglich 134 Passing-Yards, von denen 112 nach dem Catch zustande kamen.

Fast jeder Pass war ein kurzer Wurf zum Running Back, trotzdem brachte Brady nur zwölf von 21 Pässen an den Mitspieler - und steckte mehrere harte Hits ein. Dabei erlitt er gar eine, mutmaßlich nur leichte, Knöchelverletzung.

New England hatte letztlich mehr Rushing- (27) als Passing-Versuche (25) und verlor das Spiel sowie den Top-Seed in der AFC. Bradys fünf Pass-Versuche in der ersten Halbzeit bedeuteten einen neuen persönlichen Tiefstwert als NFL-Starter. Angesichts dieses Game Plans muss man sich schon fragen, ob es nicht geschickter gewesen wäre, Brady von Beginn an einfach draußen zu lassen.

Der Hit der Woche: Dan Carpenter. Der Extra-Punkt nach dem Touchdown ist seit dieser Saison kein Selbstläufer mehr. So manch ein Kicker hat das in dieser Saison schon am eigenen Leib erfahren, das gilt insbesondere für Buffalos Dan Carpenter.

Der verfehlte gegen die Jets am Sonntag schon seinen sechsten (!) Extra-Punkt in dieser Spielzeit - und war anschließend alles andere als erfreut. Immerhin ließ er seinen Frust aber an sich selbst aus, wenngleich er dabei eine wichtige Regel vergaß: Niemals mit dem eigenen Helm anlegen!

Der Star der Woche: J.J. Watt. Jeder Stimmberechtigte, der sich vor Week 17 noch nicht endgültig entschieden hatte, an wen seine Stimme für den Defense-Spieler des Jahres geht: Spätestens jetzt sollte alles klar sein. J.J. Watt zerstörte die O-Line der Jaguars fast im Alleingang. Drei Sacks, ein Forced Fumble und eine Fumble-Recovery standen unter anderem am Ende auf seinem Arbeitsnachweis. Die insgesamt acht Sacks der Texans am Sonntag waren ein Franchise-Rekord.

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Watt sicherte sich mit seiner Gala den Sack-Titel und mutmaßlich auch den Titel zum Defensivspieler des Jahres. Nur er und der große Reggie White haben jetzt in ihren ersten fünf Jahren in der NFL drei Spielzeiten mit mindestens 15 Sacks auf dem Konto.

"Es war wundervoll", grinste Watt, erstmals seit seinem Handbruch wieder ohne Schiene auf dem Platz, anschließend: "Ich glaube, das heute war auch ein bisschen eine Erinnerung daran, wie es ist, wenn ich beide Hände benutzen kann. Es hat sich toll angefühlt."

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Das Desaster der Woche: Die Cleveland Browns. Wenn einem Jets-Fans für ihre Herzensbrecher-Momente leid tun, was soll man dann erst über die leidgeprüften Fans in Cleveland sagen?! Nach einer weiteren enttäuschenden Saison, unter der am Ende drei Siege, 13 Pleiten und der zweite Pick im kommenden Draft stehen, ist in jedem Fall der Neuanfang angesagt - mal wieder.

Geschäftsführer Ray Farmer sowie Coach Mike Pettine müssen gehen, das steht bereits fest. Somit werden die Browns ihren sechsten Geschäftsführer innerhalb von acht Jahren haben. Jimmy Haslam besitzt das Team seit nunmehr 39 Monaten, bislang heuerte er bereits 61 Coaches an. Wenn er die 40-Monate-Grenze überschreitet, steht Haslam mutmaßlich bei rund 80 (!) eingestellten Coaches.

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Doch es ist nicht nur die Tatsache, dass Haslam schon wieder zum Rundumschlag ausholt. Es ist auch die Art und Weise, wie all das (Berichten zufolge) passiert ist. Offenbar fragte Pettine Haslam schon am Freitag, ob er bleibt. Haslam gab sich noch unentschlossen, hatte die Suche nach einem Nachfolger aber bereits gestartet. Informiert wurden die Assistenzcoaches schließlich per E-Mail.

All das passierte, während Quarterback Johnny Manziel seine Gehirnerschütterung laut mehreren Zeitungen am Tag vor dem Spiel in einem Casino in Las Vegas (angeblich mit falschem Schnurrbart und unter falschem Namen) auskurierte und auf Anrufe vom Team nicht reagierte. Sollte das der Wahrheit entsprechen, dürfte spätestens jetzt klar sein, dass Johnny Football seine Zukunft nicht in Cleveland sieht. Wie gesagt: Browns-Fans haben es wahrlich nicht einfach.

Das Kostüm der Woche: Matt Barkley. Weil es so schön ist, will ich euch auch in dieser Woche den Verlierer des wöchentlichen, internen Quarterback-Wettbewerbs der Arizona Cardinals nicht vorenthalten. Nachdem Carson Palmer zuletzt in einem improvisierten Hawaii-Kostüm zum Aufwärmen raus musste, erwischte es vor der Partie gegen die Seahawks wieder einmal Nummer-3-Quarterback Matt Barkley.

Der überließ am Sonntag dann doch recht wenig der Vorstellungskraft. Lediglich in Stiefeln, einer (viel zu) engen Boxershorts, einem bauchfreien Shirt sowie mit einem Helm auf dem Kopf joggte Barkley auf den Platz. Wie heißt es doch so schön: Wer den Schaden hat...

Die Verletzungen der Woche: Brown, DeAngelo und Mo. Der Reihe nach: Die schwerwiegendste Verletzung ist mutmaßlich die von Texans-Left-Tackle Duane Brown. Der zog sich einen Bänderriss im Oberschenkel zu und kann in den Playoffs nicht mitwirken. Brown selbst versteckte seine Emotionen anschließend mitnichten, Houston muss jetzt ohne seinen besten O-Liner gegen die Chiefs ran. Ein harter Schlag für den AFC-South-Champion.

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Deutlich mehr Hoffnung gibt es bei den Pittsburgh Steelers. Die haben zwar, wie schon im Vorjahr, pünktlich zur Postseason ihren Leading-Rusher vorerst verloren - nach Le'Veon Bell in der vergangenen (und in dieser) Saison erwischte es jetzt auch DeAngelo Williams. Aber Daumen dürfen noch gedrückt werden: Williams' Knöchelverletzung ist nicht schwerwiegend, das ergaben die ersten Untersuchungen. Es ist also nichts gebrochen und nichts gerissen. Trotzdem steht hinter seinem Einsatz im Wildcard-Spiel gegen die Bengals noch ein großes Fragezeichen.

Der Dritte im Bunde ist Mo Wilkerson. Der Defensive Tackle der New York Jets brach sich im so bitteren Regular-Season-Finale gegen die Bills das Bein, dazu kommt wohl eine Beschädigung der Bänder im Knöchel. Bis in die heiße Phase der Saisonvorbereitung sollte er trotzdem wieder fit sein. Die spannende Frage ist allerdings, bei welchem Team Wilkerson diese dann bestreiten wird: Sein Vertrag läuft aus, die Jets müssen, Verletzung hin oder her, bald eine Entscheidung treffen.

Der Trade/Verrat der Woche: Das ehemalige Vikings-Maskottchen. "Ragnar", das langjährige Maskottchen der Minnesota Vikings, hatte zu Beginn der Saison nach 21 Jahren medienwirksam seinen Hut nehmen müssen. Joe Juranitch, der über zwei Jahrzehnte lang bei den Heimspielen als Wikinger verkleidet auf einem Motorrad auf den Platz gekommen und dort Stimmung gemacht hatte, wollte eine enorme Gehaltserhöhung. Die Vikes lehnten dankend ab.

Bei Fox vollzog "Ragnar" am Sonntag dann, im Vorfeld des Division-Endspiels zwischen den Vikings und dem Erzrivalen Green Bay, den undenkbaren Wechsel: Er tauschte den Helm gegen einen Packers-Käse-Hut, stimmte kurz den Packers-Fangesang an und verabschiedete sich schließlich wieder in die verschneiten Wälder Minnesotas. Vikings-Receiver Randy-Moss, seines Zeichens inzwischen TV-Experte bei Fox, war nicht wirklich erfreut.

Ehre wem Ehre gebührt...Week 17 ist auch immer Rekord-Zeit in der NFL. Bestmarken werden eingestellt, alte Franchise-Rekorde egalisiert - und die 2015er Saison machte da keine Ausnahme. Los geht's in der Hauptstadt: Washingtons Quarterback Kirk Cousins reichte gegen Dallas ein Kurzeinsatz, um zwölf Pässe für 176 Yards und drei Touchdowns an den Mann zu bringen. Seine insgesamt 34 Touchdowns in dieser Saison (29 Passing, fünf Rushing) sind genauso ein neuer Redskins-Rekord wie seine 4.166 Passing-Yards.

Panthers-Quarterback, und der mutmaßliche MVP, Cam Newton stellte ebenfalls eine alte Bestmarke ein: Superman steht jetzt bei 43 Career-Rushing-Touchdowns und hat damit Steve Young eingeholt. Es dürfte noch der eine oder andere dazu kommen.

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Auch für Seattles Russell Wilson endete eine starke zweite Saisonhälfte mit mehreren Rekorden. Sowohl seine 4.024 Passing-Yards, als auch seine 34 Passing-Touchdowns sind ein Single-Season-Franchise-Rekord für die Seahawks. Dabei überholte er unter anderem Matt Hasselbeck.

Last but not least, die Running Backs: Frank Gore wurde am Sonntag der 15. Spieler, der 12.000 Career-Rushing-Yards vorzuweisen hat. Minnesotas Adrian Peterson auf der anderen Seite sicherte sich nicht nur den Rushing-Titel, er zeigte auch, dass er noch immer voll belastbar ist. Kein anderer Running Back verzeichnete in der gerade beendeten Regular Season mehr als 288 Rushing-Versuche, Peterson stand am Ende bei derer 327.

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